In einem Berliner Salon: das Klenke Quartett
Elvira Grözinger
Berlin (Weltexpresso) - Vom ersten Takt an zieht das Klenke Quartett die Zuhörer in seinen Bann. Vier junge Frauen, seit erstaunlichen 25 Jahren zusammen spielend, spielen Phillipp Jarachs (1892-1982) „Musik zu, Gedächtnis der Einsamen (1952)“ für Streichquartett überragend. Präzise und klangschön erklingen die beiden Violinen, Viola und ein Violoncello und geben die gelegentlich sperrige, nicht gefällige, doch stimmungsvolle Komposition wider.
Die alte Tradition der jüdischen Salons in Berlin wiederbelebend, hat sich der Berliner Salon der Eheleute Sarah und Jascha Nemtsov in Charlottenburg - ein „Raum für Kunst und Diskurs“-, innerhalb der knappen Anderthalbjahre seit seiner Eröffnung zu einem regen Zentrum für kulturellen Austausch entwickelt. Dort finden stets hochkarätige und gutbesuchte Veranstaltungen, vor allem Konzerte, stattf. Kein Wunder, denn die beiden treibenden Kräfte dahinter sind ein musikalisches Ehepaar: Sarah Nemtsov ist eine junge, sehr begabte und bekannte Komponistin der Neuen Musik. Sie hat u.a. 2012 den Deutschen Musikautorenpreis und 2013 den Busoni-Kompositionspreis der Akademie der Künste Berlin erhalten.
Ihr Mann, Mitte der 1990er Jahre aus Russland nach Deutschland gekommen, ist ein renommierter Pianist, Musikwissenschaftler und der erste Professor für Jüdische Musik im Lande, der an der Hochschule für Musik in Weimar und am Abraham Geiger Kolleg unterrichtet. Die dritte im Bunde ist Sarah Nemtsovs Mutter, die Malerin Elisabeth Reuter, deren faszinierende Gemälde den Raum füllen.
In diesem Raum nun ertönten die kräftigen Striche des Damen-Quartetts zum zweiten Mal mit Dimitri Schostakowitsch Klavierquintett in g-moll, op. 57 mit Jascha Nemtsov am Flügel. Schostakowistch (1906-1975) berühmtes Werk entstand 1940. Der Komponist gehört neben Igor Strawinski, Sergej Prokofjew, Sergej Rachmaninow und Alexander Skrjabin zu den bedeutendsten Komponisten Russlands. Wiewohl dem Kommunismus nahe stehend, dann von Gustav Mahler beeinflusst, entzieht sich sein Werk den engen ideologischen Zwängen, was dem Diktator Stalin nicht entgangen war, dem Schostakowitsch‘ Musik nicht gefiel. Kongenial gaben die fünf Musiker die innewohnende Spannung der Komposition zwischen Modernität und Tradition wieder. Auf dem Programm stand ferner Gideon Kleins „Sonate für Klavier“, komponiert 1943 in Theresienstadt, wo er zusammen mit Viktor Ullmann, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde, interniert war. Der tschechisch-jüdische Komponist, 1915 geboren, kam 1945 im KZ Fürstengrube, einem Aussenlager von Auschwitz, um. Sein Werk ist von Leoš Janá?ek und Arnold Schönberg inspiriert.
Das Publikum war zu recht begeistert und langer Beifall begleitete die Interpreten, die am nächsten Tag schon gen Cambridge aufbrachen, um dort die Universitätsstadt zu erobern, zusätzlich mit Bach im Gepäck. Man darf sich auf die kommenden ästhetischen Genüsse in der Witzlebenstrasse 38 freuen.
Fotos: Der Titel zeigt die linke Seite des Quartetts zusammen mit dem Pianisten Jascha Nemtsov, die andere Aufnahme die rechte Seite, wobei eindrucksvoll der Schachbrettmann im Hintergrund, wie beschrieben gemalt von Elisabeth Reuter, die Überschneidung ergibt (c) Sarah Nemtsov
Info:
Ensemble:
Annegret Klenke – Violine
Beate Hartmann – Violine
Yvonne Uhlemann – Viola
Ruth Kaltenhäuser– Violoncell