Serie: DIE ELBPHILHARMONIE IN HAMBURG, Teil 1
Helmut Marrat
Weltexpresso (Hamburg) Der Eindruck ist stark! Unvergessbar. Seit über zehn Jahren wird an der Hamburger Elbphilharmonie gebaut, mit einigen Unterbrechnungen. Die ursprüngliche Eröffnung sollte 2010 stattfinden.
Die ursprünglich veranschlagten Kosten für den Bau wurden um ein Vielfaches übertroffen: Sie verzehnfachten sich. Aber man hat doch etwas dafür bekommen. Es wurde doch ein Raum, ein Körper geschaffen, ein höchst kunstvoller noch dazu! Das bleibt und wiegt und wird auf lange Sicht Geld in die Freie und Hansestadt Hamburg zurückfließen lassen.
So weit der kaufmännische Aspekt, der auch so auf dem Ruder lief und so schwierig zu handhaben war, weil, - das jedenfalls das Argument der Architekten -, dem Bau während seiner Entstehung immer mehr Lasten und Anforderungen aufgebürdet wurden. Der Erfolg, so heißt es, habe viele Väter; der Mißerfolg wird indes wie ein Schwarzer Peter weitergeschoben. Aber nun: Es entstand etwas dafür! Ganz anders sieht ja die Bilanz der HSH-Nordbank aus, die die Generationen noch für viele Jahrzehnte belasten wird, während die hochbezahlten Manager usw.
Am 11. und 12.1.2017 wurde die Elbphilharmonie unter internationalem Interesse schließlich eröffnet. Wer nicht dabei sein konnte, konnte die Eröffnungszeremonie über das Fernsehen verfolgen: Die Ankunft der Staatsgäste; der Prominenz aus Funk, Film, Fernsehen, Theater, Musik und Kunst; der Stars und Sternchen allenthalben. - Am Mittag des selben Tages, des 11.1.2017, fand zuvor eine Pressekonferenz in der kleine Elbphilharmonie, einem rechteckig geschwungene Saale, statt, in der der Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz (*1958), der Intendant des Hauses, Lieben-Seutter (*1964), und einige andere mit der Funktion des Hauses verbundener Personen, wie beispielsweise die drei Architekten, Herzog de Meuron (*1950), Mergenthaler (*1969) und Schulz, kurze Plädoyers im Sinne der Elbphilharmonie hielten. In angrenzenden Presse-Räumen hatte man zuvor Kontakt zu einigen Kollegen und Kolleginnen bekommen können, die meisten von weit hergereist.
Das Eröffnungskonzert hörten wir erst am zweiten Abend. Den ersten Abend verfolgten wir am Fernsehschirm. Das musikalische Programm war zwar identisch, doch schien mir der Vortrag am zweiten Abend gekonnter, ausgeglichener, hörenswerter noch.
Im "Wandsbecker Boten", der von Matthias Claudius (1740 – 1815) in Hamburg geschrieben wurde und zwischen dem 1.1.1771 und dem 28.10.1775 in kleiner Auflage von jeweils ca. 400 Stück erschien, ist in einem fingierten 'Brief an den Vater' unter dem Datum: "Hamburg, den 9. Nov." zu lesen: "Aber das heiß ich eine Stadt, das Hamburg, da gibts was zu sehen, Rathäuser und Baumhäuser und Weinhäuser und Kaffeehäuser und Musikhäuser; mein Vetter geht allenthalben mit mir hin. Gestern abend, den Abend vergess ich nicht, solange ich lebe, gestern abend, etwas nach fünf Uhr, führte er mich in ein Musikhaus. Wir kamen durch einen wunderlichen krummen Gang in einen großen prächtigen Saal. Hier saßen wohl bei tausend Menschen teils auf Bänken, die auf der Erde hintereinander, und teils in Bücherrepositoriis und kleine Schränkchen, die rundherum an dern Wänden übereinander befestigt waren. Wir hatten eine herrliche Musik zu hören (...) denn im Saal waren viele vornehme und reiche Mann- und Frauenzimmer (...)"
Der "wunderliche krumme Gang" erinnert natürlich sofort an die gekrümmte Rolltreppe, über die man auf die Plaza, eine Art Sammel- und Verteilerraum für die Elbphilharmonie, gelangt. Diese Plaza befindet sich sozusagen auf dem Dach des ehemaligen 'Kaiserspeichers A', einem kargen, wenig ansehnlichen Klotz in der Form eines Tortenstückes, dem Schnitt des Grundstücks entsprechend, den der Architekt Werner Kallmorgen (1902 - 1979) von 1963-65 für diesen Ort entwarf.
Zuvor hatte dort, seit 1875, der berühmte 'Kaiserkaispeicher' gestanden, entworfen von Johannes Dalmann (1823 – 1875), der das Wahrzeichen des Hamburger Hafens gewesen war, mit seinem hohen, viereckigen, gestaffelten Turm und dem Zeitball, der in der Literatur überall gerühmt wird. Ein Zeitball ist eine Kugel, die zu einem bestimmten Zeitpunkt hochgezogen und dann genau um eine festgelegte Uhrzeit fallen gelassen wird. Es handelt sich also um ein optisches Signal, das allen in Sichtweite befindlichen Schiffen eine exakte Einstellung ihrer eigenen Chronometer ermöglichen sollte. Fortsetzung folgt
Foto: (c) Thies Raetzke