Die Siam-Reise (2): Abschied von Bangkok
Hannah Wölfel und Hanswerner Kruse
Bangkok (Weltexpresso) - Die einzige Stelle im Grand Palace ohne fotografierende Touristen ist der Elektro-Kubus am Ausgang im Foto rechts. Natürlich sind wir auch Touristen in Bangkok - und wie! Aber mit Tausenden von Chinesen und vielen Europäern im wunderschönen „Grand Palace“ Selfies zu machen, ist nun wirklich nicht unser Ding. Fast alle Besucher inszenieren sich endlos lange vor steinernen Wildschweinen, blechernen Wächtervögeln oder hohen Mosaiktürmen.
Doch - Buddha sei Dank - haben wir alle „wichtigen“ Tempel und „bedeutsamen“ Sehenswürdigkeiten bereits während der letzten Reisen abgeklappert. Jetzt können wir uns kreisförmig um bzw. quer durch die touristischen Trampelpfade bewegen. Und die lohnenswerte Kunstentdeckung in Bangkok ist nach wie vor ein Geheimtipp.
Trotzdem heute, am letzten Tag, noch eine sündhaft teure Touri-Bootsfahrt durch einen Seitenkanal mit einem gemieteten Boot. Der Höhepunkt war echtes Fischefüttern mit altem Brot und das Gruseln vor dem Riesengecko am Uferrand. Wir hatten den Verdacht, dass eine Thai-Schauspielerin darin steckte...
Die Stadt hat sich in den letzten zwei Jahren etwas verändert: Die unendlich vielen Straßenhändler konnten der neue König und die Militärs nicht vertreiben. Es ist weiterhin einfach wunderbar durch die engen Gassen zu schlendern, zu schauen, zu riechen, Überraschendes zu entdecken - und berührend zu erleben, wie emsig die Thais ihre Geschäfte machen, um das Überleben sichern. Doch die Herrscher haben mittlerweile, mehr als je zuvor, zahllose Männer und Frauen in Uniformen gesteckt. Überall wo Gedränge und Geschiebe ist - etwa an den Bootsanlegestellen und vor den Tempeln - schreien diese neu uniformierten Ordnungshüter aggressiv herum und entfalten ihren „autoritären Charakter“: Statt Ordnung zu schaffen organisieren sie meist immer noch größeres Chaos.
Außer sich vor Hass kreischt mich ein Uniformierter an, ich solle die Schiffstreppe heruntergehen, obwohl sich mir zahlreiche Leute entgegendrängeln, die rauswollen. „Fuck you!“, versteht er und droht mir meine Verhaftung an, zum Glück fährt das Boot gerade ab, obwohl noch nicht alle Reisenden ausgestiegen sind. Der Umgangston in Bangkok ist rauer geworden, die asiatische Höflichkeit mancherorts außer Kraft gesetzt.
Eine Woche sind wir jetzt in Bangkok, morgen Mittag fahren wir mit dem Bummelzug nach Chiang Mai im Norden. Wir werden 14 Stunden unterwegs sein, doch abends können wir im Zug schlafen. Alle Nachtzüge im November waren bereits ausgebucht, doch um 4 Uhr in der Nacht können wir im Hotel in Chiang Mai weiterschlafen.
Es war eine tolle Zeit in der Stadt, auch wenn wir große Schwierigkeiten hatten, in den neuen Schlafrhythmus zu kommen (wir sind der MEZ ja sechs Stunden voraus).
Fotos:
Im Text erwähnte Eindrücke aus Bangkok
© Hanswerner Kruse