Serie: Eine faszinierende Fernwanderung auf der Blumeninsel; Teil 1/3
Thomas Adamczak
Otzberg/Odenwald (Weltexpresso) - »Die Kultur des Schritts lindert die Marter des Kurzlebigen. Wenn ich 30 km zu Fuß zurücklege, berechne ich meine Zeit nach Jahren; sind es 3000 km mit dem Flugzeug, berechne ich mein Leben stundenweise. « Diese Worte des französischen Philosophen und Journalisten Régis Debray erinnern daran, dass Wandernde Zeit haben (und sich nehmen sollten), mal wieder ruhig zu blicken, um auf dem Weg das, was sich links und rechts davon befindet, bewusst wahrzunehmen.
Madeira, soviel vorneweg, bietet unermesslich viel, was die Aufmerksamkeit des Wanderers verdient.
Bei einer Reise, zumal einer auf eine Insel wie Madeira, sollte vorab bedacht werden, dass jede Reise CO2 erzeugt. Allein der Flugverkehr trägt mit 10 % zur globalen Erderwärmung bei. Deswegen unterstützt beispielsweise der DuMont Reiseverlag die gemeinnützige Klimaschutzorganisation »atmosfair«. Jeder Flugpassagier, das ist die Idee von »atmosfair«, spendet einen kilometerabhängigen Betrag für die verursachten Emissionen und finanziert damit Projekte, die den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen reduzieren.
Ein Emissionsrechner, der auf www.atmosfair.de zu finden ist, berechnet, wie viel CO2 der spezielle Flug produziert und was die Reduzierung einer vergleichbaren Menge von CO2 kostet.
Atmosfair garantiert die entsprechende Verwendung des Betrags. Und: „Klar - auch der DuMont Reiseverlag fliegt mit »atmosfair«.“ Ein Flug von Berlin nach London und zurück kostet zum Beispiel dreizehn Euro.
Die in diesem Bericht dargestellte Fernwanderung „Rund um Madeira“ wird von dem österreichischen Spezialisten für europäische Wanderreisen »Eurohike« organisiert. In den Unterlagen zu den Wanderungen, die man rechtzeitig vor Antritt der Reise erhält, finden sich eine knappe Beschreibung des Ablaufs der Wanderwoche, Informationen zu den Unterkünften, den Einkehrmöglichkeiten unterwegs und zu den Wegmarkierungen. Zudem enthält die Broschüre Angaben zu satelitengestützten Tracks als zusätzlicher Orientierungshilfe und Hinweise zu dem Verhalten im Notfall. Für sämtliche Anliegen während der Wanderung gibt es eine »Madeira Hotline« des Veranstalters.
Hilfreich für den Wanderer sind weiterhin das abgebildete Höhenprofil der jeweiligen Tour, mögliche Alternativwanderungen bei schlechtem Wetter oder eingeschränkter Fitness und Anmerkungen dazu, was im Laufe der Tagestour besonders sehenswert ist.
Ein Kartenauszug des Tagesabschnitts mit markierter Route und präziser Beschreibung der jeweiligen Strecke helfen bei eventuellen Unsicherheiten während der Wanderung und ermöglichen, unterstützt durch Kilometerangaben, jederzeitig die Orientierung, wo man sich gerade befindet. Zudem ist die voraussichtliche Dauer der Tagestour angegeben.
Am ersten Tag sind 550 und am zweiten Tag 650 Höhenmeter zu bewältigen, an den übrigen Tagen deutlich weniger. Anstrengend ist vor allem der dritte Wandertag, an dem es vom Hochplateau Paul da Serra zum Küstenort Porto Moniz immerhin knapp 1300 Meter abwärts geht.
Das permanente Absteigen bei derartiger Höhendifferenz, längere Passagen davon über in die Natur eingepasste Treppen, strapaziert, das weiß der kundige Bergwanderer, die Beine und die Kniegelenke deutlich mehr als das Aufsteigen. Erfahrene Bergwanderer raten dazu, möglichst langsam vom Berg abzusteigen.
Die ausgewählten Tagesabschnitte erfordern es, dass die Wanderer mit einem von Eurohike bereitgestellten Transfer zum jeweiligen Wanderstart gebracht und/oder auch nachmittags vom Endpunkt der Wanderung zum jeweiligen Tagesquartier gebracht werden.
Der einheimische Fahrer unserer Vierergruppe, von der noch die Rede sein wird, empfahl uns vor der Wanderung vom Hochplateau Paul da Serra nach Porto Moniz, etwa 4 km unterhalb des vorgesehenen Startpunktes mit der Wanderung zu beginnen, denn die meisten Wanderer, mit denen er nach dieser Tour gesprochen hätte, fanden die ungekürzte Strecke zu anstrengend. Wir folgten seiner Empfehlung, versäumten dadurch allerdings, den besonderen Charakter dieser flachen Hochebene intensiv auf uns wirken zu lassen. Paul da Serra erinnert eher an ein schottisches Hochmoor als an die üblichen Landschaften auf Madeira und bietet insofern einen außergewöhnlichen Kontrast zu den gewohnten Landschaftsbildern auf Madeira.
Deshalb Diese Tagestour sollte statt anfangs eher am Ende verkürzt werden, damit der spezifische Charakter der Hochebene gewürdigt werden kann.
Für den folgenden Tag schlug der Fahrer wieder eine Verkürzung der 22 km langen Strecke vor, die vom kleinen Örtchen Raposina auf knapp 700 Höhenmetern zum Küstenort Calheta gehen sollte.
Ein Wanderer aus der Vierergruppe folgte diesem Vorschlag nicht, was der Fahrer knapp mit dem Ausruf »no good idea« kommentierte. Die längere Strecke erwies sich als nicht so bedenklich, wie der Ausruf des Fahrers vermuten ließ, und ermöglichte dem »Einzelgänger«, über den Unterschied zwischen Alleingehen und Wandern in der Gruppe nachzudenken. Dazu später mehr!
Die um etwa 5 km verkürzte Tagestour begann für die Dreiergruppe in Prazeres, einem der schönsten Orte Madeiras, besonders berühmt wegen der Quinta (Landgut) Pedagogica, in der traditionelle Pflanzen und Tiere zu besichtigen sind.
Des Weiteren ist in Prazeres die Kirche Igreha de Nassa Senhora de Nerves sehenswert. Von Prazeres aus geht es entlang der »Levada Nova«, eine der für Madeira typischen Levadas, die durch einen ausgedehnten Eukalyptuswald führt, in dem die Wanderer den Duft des ätherischen Öls des Eukalyptus erleben und bei entsprechender Vorliebe genießen können.
Es lassen sich grob fünf Wanderregionen auf Madeira unterscheiden: Süd-und Nordosten, Süd-und Nordwesten und das Zentrum. Das Zentrum der Insel wird bei der Rundwanderung mit der Hochebene Paul da Serra immerhin gestreicht.
Die vier anderen Regionen werden in dem Tourenplan angemessen berücksichtigt. Südosten und Südwesten sind bis zu einer Höhe von 600 m relativ dicht besiedelt. Der Südosten ist im Vergleich zum Südwesten niederschlagsärmer und deutlich windanfälliger.
Der Norden ist recht steil und weniger dicht besiedelt. Er wirkt ursprünglicher und rauer als der Süden. Den Nordosten kennzeichnen schwarzgrüne, schroff abfallende Täler mit eindrucksvollen Wasserfällen. Größere Teile des Nordwestens sind kaum zugänglich.
Bei der Rundwanderung wird das zerklüftete Zentralgebirge, das immerhin über 1800 m reicht, mit seinen schroffen Kratern und bizarren Felszacken lediglich aus der Ferne sichtbar.
ür diese Region, das Zentrum der Insel, lohnte sich die Konzeption einer weiteren Rundwanderung. Dabei böten sich faszinierende Blicke über die gesamte Insel.
Madeira ist eine Insel, die im Vergleich zu Mallorca fünfmal kleiner ist. Bei den Wanderungen entlang der Küste gibt es an mehreren Stellen großartige Ausblicke, auch wenn von dort aus lediglich Teile der Insel überblickt werden können.
Als Wandersaison eignen sich alle Jahreszeiten. Im Herbst, Winter und Frühling sind die Temperaturen für längere Wandertouren geradezu ideal. Im Sommer gilt es abzuwägen, ob evtl. wegen der Temperaturen einige der angebotenen kürzeren Alternativrouten gewählt werden sollten.
Kenner der Insel schwärmen insbesondere von der Verschiedenartigkeit und der Vielfalt der Eindrücke. Wegen der idealen Temperaturen grünt und blüht es das ganze Jahr. An der Farbenpracht der weißen Schmucklilie bis zum rosa blühenden Oleander und roten Bougainvilleas kann frau/man sich nicht satt sehen.
Fotos:
Nordküste © Ingrid.Westergaard
Eukalyptuswald © Bergith.Heydekamp
Paul da Serra © Bergith.Heydekamp
Info:
https://www.eurohike.at/de/reiseziele/wanderreisen-portugal/rund-um-madeira-8-tage
Irene Börjes; Madeira, Michael Müller Verlag, 2018