Serie: Die Burg Altena im Sauerland mit neuem Erlebnisaufzug, Teil 1
Claudia Schulmerich
Siegen (Weltexpresso) - Daß man mit dem Aufzug sekundenschnell in den 72. Stock eines Hochhauses fährt, das ist heute schon Alltag. Daß man aber für einen Aufzug erst einmal Tunnelbau betreiben muß und mit Sprengarbeiten einen Stollen über 90 Meter in den Fels hineintreibt und sich dann ca. 85 Meter durch denselben Felsen nach oben durchbohren und sprengen muß, damit man dann mit Aufzug in 35 Sekunden Expreßfahrt direkt auf der Burg ankommt, das gibt es seit dem 26. April nur in Altena.
Altena? Das ist eine alte Stadt am Lennefluß im Märkischen Kreis, der nicht in Brandenburg liegt, mit dem seine preußische Geschichte allerdings verbunden ist, sondern in NRW. Die Kreisspitze liegt östlich von Dortmund und im Süden ist man schon fast in Gummersbach, also Südwestfalen, landschaftlich als Sauerland bezeichnet. Die Burg Altena ist es, weshalb man nach Altena kommt – ja, denken Sie ruhig an Altona, beides bedeutet, am Wasser liegend - , was pro Jahr bisher über 100 000 Touristen tun. Aus gutem Grund, denn die mittelalterliche Burg ist „mit Hilfe“ des 19. und 20. Jahrhunderts besonders gut erhalten.
Achtung. Das, was so alt und historisch aussieht, ist gerade Mal 19./20. Jahrhundert. Man nennt das Ergebnis dann historische Überformung. Aber, und das ist das Nette, diese, im heutigen Sinne nicht originale, also nicht mittelalterliche Bauweise, hat nun selbst schon wieder Patina angesetzt und ist uns heute unter Denkmalgesichtspunkten eben ein Ausweis dessen, wie man dazumal Denkmalpflege verstand: nämlich den eigenen Zeitgeschmack vom Mittelalter in historisierenden Gemäuern auszudrücken. Aber wie einst thront die Burg Altena auch heute auf ihrem Fels aus dem harten Stein Grauwacke mit herrlichem Rundblick. Denn Burgen vergehen, Felsen bestehen.
Aber immerhin sind auch noch oben auf der Burg die mittelalterlichen Reste zu ahnen, ja sogar zu sehen. Das aber muß man mit eigenen Augen tun. Die Einwohner von Altena und die Bevölkerung des Märkischen Kreises haben das am Eröffnungswochenende MIT DEM ERLEBNISAUFZUG INS MITTELALTER ausführlich getan. 15 Monate hat man für den Tunnelbau, die Sprengarbeiten und den anschließenden Berg- und Aufzugsbau gebraucht. „Ein in Europa einzigartiges Bauwerk“ verbindet „das 21. Jahrhundert mit dem lebendigen Mittelalter, die Gegenwart mit der Zeitgeschichte und schafft ein multimediales Kulturerleben“, sagt dazu die Stadt Altena. Einzigartig? Das wissen wir zu wenig, wollen es auch gar nicht bestreiten, denn es gibt zwar Aufzüge durch Felsen – spontan fällt uns Salzburg mit dem Mönchsbergaufzug ein, wo der Aufzugsschacht von der Stadt aus in den Felsen gehauen ist und einen direkt zur Bergstation in das Museum der Moderne bringt - , aber wir kennen keinen Aufzug, den man erst einmal über 90 Meter durch einen Tunnel im Felsen erreichen muß.
Und genau hierin liegt das Besondere, was sich die Planer und Erbauer in Altena ausgedacht haben. Der Eingang zum Aufzug: DAS NEUE TOR ZUR BURG liegt mitten auf der Hauptstraße, die nach dem Fluß Lennestraße heißt. Uns gefällt der massive Eingang aus viereckigen Stahlplatten nicht besonders, der den Zugang in den Felsen überdimensioniert. Aber wir verstehen schon, daß eine kleinere Lösung, gar eine dörflich romantische Verwinkelungsstrategie a la Mittelalter der Bedeutung des Erlebnisaufzugs nicht gerecht werden könnte. Und als wir dann neben dem Eingang sogar den freien Blick zur Burg erhaschten und erfuhren, daß die zwei Vorgängerbauten, die für den Tunnelbau abgerissen wurden, einen solchen unmöglich gemacht hatten, da waren wir fast versöhnt. Der steile Felsen nötigt nämlich der Stadt Altena an dieser Stelle eine Bebauung auf, die wie ein Straßendorf verläuft, wo dann die Häuser den Blick nach oben auf die Burg regelrecht ''verbauen'.
Da wir zuvor niemals in Altena waren, wissen wir auch nicht, wie die Lennestraße zuvor gewirkt hat. Die Stadt Altena hat besonders unter demographischen Verwerfungen, wie man vornehm ausdrückt, wenn eine Entvölkerung eintritt, zu leiden, weil die traditionelle Industrie und das Handwerk – fast alles dreht sich dort um Draht - lahmt, attraktive Arbeitsplätze verloren gegangen sind und sich neue Beschäftigungsmöglichkeiten erst einmal nicht boten.
Diejenigen, die sich um die rund 7,2 Millionen Euro, die der Aufzug durch den Felsen kostete, innerhalb der Stadt stark machten, haben folgende Absicht: „Wir wollen die Burgbesucher in die Stadt holen. Von jährlich 100.000 Besuchern der Burg gehen nur 5000 in die Stadt. Von der Mehrheit sehen und haben wir nichts. Das soll sich ändern.“ Das sagt der Bürgermeister Andreas Hollstein. Und das wird sich ändern, denn der Eingang zum Aufzug: DAS NEUE TOR ZUR BURG liegt mitten auf der Hauptstraße. Ja, es hat sich schon geändert, sehen wir mit eigenen Augen. Da gibt es frisch renovierte Fassaden und es wird dem Touristenstrom sicher ein großes Angebot an Gaststätten und Cafés folgen. Und dann kommen die Nippesläden, die Kleider...denn die Voraussetzung, eine Fußgängerzone zu sein, ist gegeben. Fortsetzung folgt.