Serie: Die Burg Altena im Sauerland mit neuem Erlebnisaufzug, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Siegen (Weltexpresso) – Wir kommen nach gut 30 Sekunden mit dem Aufzug durch den Felsen wirklich direkt auf der Burg an. Wie gut, daß das Ankommen nicht mit aufwendiger Architektur gepflastert ist, sondern sich in den Burghof einfügt, dessen Bergfried von 1125 stammt und mindestens drei Gründungslegenden hat.

 

 

Der alte viereckige Bergfried erschien schon denen, die Ende des 18. Jahrhunderts den im 12. Jahrhundert durch die Grafen von Berg errichteten Wehrbau- der übrigens niemals erobert wurde, was der steile Felsen verhinderte – aber auch, daß es außer der Burg dort nichts zu erobern gab –, 'verwerten' wollten als zu klein und so wurde später ein typisch runder Bau mächtig aufeinandergeschichtet und thront nun über der Burg, wobei ein Restaurant in seinem Fuß den Aufenthalt sehr angenehm macht.

 

Heute. Denn zwischendurch war die 1455 durch Blitzeinschlag abgebrannte und dann neuerrichtete Burg in der Zeit, als sie brandenburgisch-preußisch war, auch als Garnison genutzt , ging aber Ende 1771 in den Besitz der Stadt über, die sie als Armenhaus nutzte, wobei die Grafschaft Mark, woher heute der Märkische Kreis rührt, bis Anfang des 19. Jahrhunderts die Burg als Kriminalgericht und als Gefängnis betrieb. Selbst als Krankenhaus dienten die verfallenden Gemäuer. Dann wurde sie zum 300 Jahre-Jubiläum der Zugehörigkeit der Grafschaft Mark zu Preußen bis 1909 wiederaufgebaut, worüber wir schon berichteten.

 

Höchste Zeit, den Märkischen Kreis und Landrat Thomas Gemke zu erwähnen. Denn seit 2007 hat man für 3,6 Millionen die Burg, die vor hundert Jahren als 'mittelalterlich' wiederaufgebaut wurde, saniert und zum zentralen Kulturort der Region gemacht. Zuvor hatte man seit dem neuen Jahrtausend die Dauerausstellungen – das Museum der Grafschaft Mark, das Weltjugendherbergsmuseum, das Märkische Schmiedemuseum und das Deutsche Wandermuseum - eingerichtet, deren Museumsleiter Stephan Sensen der beste Ansprechpartner für alle Fragen ist.

 

Ob der Kreis und die Stadt wissen, welch guten Mann sie dafür gewonnen haben? Wahrscheinlich schon, denn er machte beim Rundgang und den Erzählungen im Detail einen so engagierten Eindruck, daß er sicher nicht leicht abzuwerben ist. Dabei sind Museumsleute, die dreierlei zuwegebringen, nämlich selbst inhaltlich am Ball zu bleiben, ja zu forschen, ihre Mitarbeiter zu motivieren und dann auch noch dies geeignet nach draußen, in die Presse und ans Publikum zu bringen, gar nicht so häufig. Von der vierten Kompetenz, sich dann auch noch im Gestrüpp der Politik und Verwaltungsvorschriften zurechtzufinden, ja diese zu nutzen, ganz zu schweigen.

 

Und in der Tat kommen so viele Leute hierher, weil es sich bei den erwähnten Museen um eine Anzahl höchst ungewöhnlicher und sehenswerter Ausstellungen in den Burgmauern handelt. Wo vor 100 Jahren die erste Jugendherberge der Welt entstand, befindet sich heute das Weltjugendherbergsmuseum, das sicher insofern das bedeutendste ist, weil es das besitzt, was Neudeutsch ALLEINSTELLUNGSMERKMAL heißt. Schließlich kann die erste Jugendherberge der Welt nur einmal entstehen. Es war der Lehrer Richard Schirrmann aus Altena, der 1914 hier die erste ständige Unterkunft für Jugendliche einrichtete, weil er genug davon hatte, unterwegs auf Wanderungen mit seinen Schülern in den Schulen zu kampieren. Diese originalen Räume von 1914 sind heute Museum. Sie zeigen, wie solide und mit schönem dunklen Holz man damals die Jugend in Stockbetten unterbrachte, aber auch wie spartanisch es bei Funzellicht zuging. Zum 100 Jahre Jubiläum im Sommer wollen wir unbedingt auf die Burg und davon dann mehr erzählen.

 

Es gibt außerhalb der Burg noch das Drahtmuseum – ja, vom Draht und dem Drahtziehen lebt die ganze Gegend – und natürlich die Ausstellungen, die zeigen, wie einst die Rittersleute hausten, mit den Harnischen und gefährlichen Waffen, wie die bäuerliche Bevölkerung lebte, aber auch die Städter am Fuße der Burg. Ganz besonders gefällt uns in den finsteren Mauern die Ausstellung „Herkunft und Bedeutung sprichwörtlicher Redensarten“, wo sie in lichten Glasstelen erfahren, was es mit dem „Verhaspeln“ auf sich hat oder wann einer „sein Licht unter den Scheffel stellt“ oder gar „hinter Schloß und Riegel“ muß, nachdem er „ins Visier genommen“ wurde, weil er „etwas auf dem Kerbholz“ hatte.

 

Es gibt also gute Gründe hierherzukommen, wozu bisher ein steiler Aufstieg von etwa gut einer Viertelstunde nötig war. Aber – und das kalkulierten die Altener ganz kühl – dazu muß man gut zu Fuß sein, was automatisch bedeutet, daß Ältere oder gar körperlich Behinderte drunten bleiben mußten, also gar nicht erst hierherfuhren. Der sehr umtriebige Bürgermeister Andreas Hollstein meint deshalb: „Wir wollen den Bustourismus gewinnen. Mit dem Aufzug ist der Zugang zur Burg barrierefrei möglich.“ Es sind also eigentlich drei Zielgruppen, die man mit diesem Aufzug zum Kommen motiviert. Ältere Menschen, die den Aufstieg scheuen, Busse auf Kulturfahrt, die nicht gerne lange warten, und Rollstuhlfahrer u.a., die man nun barrierefrei auf den Burgberg hochbekommt.

 

Wir haben aber selbst erfahren, daß jeder potentielle Besucher zur Zielgruppe gehört, denn der Zugang zum Erlebnisaufsatz ist schon so unterhaltsam und lehrreich zugleich, daß man beim Hochfahren die ehemaligen und virtuellen Burgbewohner, die es wieder nicht geschafft hatten, sich einzuschmuggeln, schon bedauert.

 

www.erlebnisaufzug.de