Über 7000 Jahre Zeitgeschichte“. Das magische Dreieck der Himmelswege Nebra – Goseck – Langeneichstädt

 

Günther Winckel

 

Halle (Weltexpresso) - Es gibt das magische Dreieck im Fußball, es existiert in der Finanzpolitik, es fasziniert uns im Atlantik zwischen Florida und den Bermuda Inseln, ein ganz besonderes aber liegt mitten in der deutschen Kulturlandschaft.

 

Unter 51° 17? 12? N, 11° 34? 41? E findet man das magische Dreieck der Himmelswege. Genau dort bilden die Orte Langeneichstädt, Nebra und Goseck im südlichen Sachsen-Anhalt das mystische Triangulum, das man hier nie vermutet hätte. Die Faszination, die das englische Stonehenge für Millionen von Besuchern pro Jahr ausübt, ist hier in reinster Form zu erleben.

 

In kaum einer europäischen Kulturregion liegen so viele bedeutende Schauplätze der Kultur- und Zeitgeschichte auf engsten Raum nebeneinander, wie im heutigen Sachsen-Anhalt. Diese Kulturregion glänzt nicht nur durch bedeutende UNESCO-Welterbestätten, hier existierte schon vor mehr als 5000 Jahren eine wichtige kulturhistorische Region, eine Drehscheibe und Schnittstelle unterschiedlichster Völker. Der modernen Archäologie ist es zu verdanken, dass unbekannte Orte wie Nebra, Goseck (Titelfoto) und Langeneichstädt (hier) in den letzten 20 Jahren weltweite Bedeutung erlangten.

 

Die Himmelsscheibe von Nebra ist der spektakulärste Fund aus der Frühen Bronzezeit in Europa. Sie stammt aus einer Epoche kaum bekannter Hochkulturen, die auch einzigartige Kunstobjekte wie die Goldhütte aus Schifferstadt, Avanton und Ezelsdorf-Buch erschuf. Unweit von Nebra liegt bei der Ortschaft Goseck das 1991 bei Luftbildaufnahmen entdeckte Sonnenobservatorium –der zweite Punkt des magischen Dreiecks. Als Artefaktort hat es eine ganz besondere Aura und Anziehungskraft. Hier wurde die beste Zeit zur Ernte berechnet, den Göttern geopfert, die Sterne und die Sonne eingehend beobachtet, hier entstanden Legenden, hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Schreitet man durch den von mehr als 1675 Eichenstämmen gebildeten Palisadenrundgang, erahnt man im Morgengrauen und der Abenddämmerung die epochale Bedeutung dieses weltweit einzigartigen Ortes.

 

Seit 2005 können die Besucher die rekonstruierte, 7000 Jahre alte Kreisgrabenanlage erleben. Goseck gilt als die älteste bekannte Kultanlage zur Beobachtung der Sonne in Europa. Zu jeder Jahreszeit, in jeder Stunde zwischen Sonnenaufgang und -untergang bilden die imposanten Pfahlreihen eine magische Kulisse, die den Besucher fasziniert und zurück in die Geschichte blicken lässt. Nicht einmal 15 Kilometer entfernt liegt ein weiterer archaischer Ort der Kulturgeschichte. Im Jahr 1987 erlangte der kleine Ort Langeneichstädt große archäologische Bedeutung durch einen spektakulären Fund.

 

Bei Feldarbeiten stieß man auf eine Grabanlage aus der Bronzezeit, die zwischen 3600 und 2700 v. Chr. angelegt wurde. Eine in Deutschland einzigartige Menhirstatute wurde geborgen, als man die Sandstein und Muschelkalkplatten der Grabanlage entfernte. Auf diesem 1,76 Meter großen Ritualstein fand man Ritzzeichnungen, die sonst nur aus Westfrankreich bekannt waren und die weibliche Gottheit darstellen, die man als die Dolmengöttin bezeichnet.

 

Die Menschen der Bronzezeit erhofften sich von der Berührung dieser Statute Fruchtbarkeit und reiche Ernte. Selbst Schmuck, Tierzähne und Bernstein wurden hier als Grabbeigaben gefunden. Der Menhir selbst wurde wegen seiner herausragenden kulturhistorischen Bedeutung in das Landesmuseum für Vorgeschichte nach Halle gebracht und fasziniert hier die Besucher ebenso wie das Original der Himmelsscheibe von Nebra.

 

Eine Fahrt in diese Kulturlandschaft, die von der Unstrut durchflossen wird, ist wie eine Reise zurück in die Vergangenheit. Keine 20 Kilometer liegen hier zwischen diesen drei herausragenden archäologischen Fundorten, die zu jeder Jahreszeit ihre besondere Faszination ausüben. Das Artefakt wird hier zum Kulturerlebnis, mehr als 7000 Jahre Kulturgeschichte laden zum Besuch dieser beeindruckenden Landschaft nach Sachsen-Anhalt ein.

 

Fotos: © 2014 IMG - Investitions– und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt GmbH, Fotograf Tim Hufnagl