Traditionelles FDP-Grünkohlessen
Notker Blechner
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die FDP ist wieder da - spätestens seit dem überraschenden Ergebnis bei der Hamburg-Wahl. In Frankfurt wurde das traditionelle Grünkohlessen wiederbelebt - mit markigen Sprüchen und neuer Zuversicht, aber mit der alten Unverbindlichkeit. Nur bei einem Thema beziehen die FDP-Spitzen klar Stellung.
Die Augen von Wolfgang Kubicki, Vizechef der Bundes-FDP, verfinstern sich. Nein, mit der AfD gebe es keinerlei Übereinstimmungen, betont er im Gespräch mit der Presse. Im Gegenteil: "Wir sind das Gegenstück zur AfD." Während die FDP optimistisch zukunftsbejahend und pro-europäisch sei, habe die AfD ein rückwärtsgewandtes pessimistisches Weltbild. Auch bei der potenziellen Wählerklientel würden sich beide Parteien keine Konkurrenz machen.
Die Abgrenzung vom "Euro-Rebell" Frank Schäffler verteidigt Generalsekretärin Nicola Beer erneut. Die pro-europäische Mitgliederentscheidung vor zwei Jahren sei richtig gewese
Kein zusätzliches Geld für Griechenland
Dementsprechend sanft fällt die Kritik an Griechenland aus. "Wir wollen die Griechen bei uns behalten", betont Kubicki. "Aber wir wollen kein zusätzliches Geld für die Griechen zahlen." Die neue Regierung müsse nun bald offenlegen, wo sie neues Geld herholen will, wenn zahlreiche Beamte wiedereingestellt werden. Ein "Grexit" - einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone - lehnt Kubicki ab. Das wollten auch die FDP-Wähler nicht, glaubt er.
Der FDP-Vize ist nach Frankfurt gekommen, um den 180 gekommenen hessischen Mitgliedern ein Stück der Hamburger Aufbruch-Stimmung zu vermitteln. Und um ihnen ein Stück norddeutscher Lebenskultur näherzubringen: das Grünkohlessen. In der Sachsenhäuser Warte am Frankfurter Berg tragen Kellner Teller mit Grünkohl, Kasseler, Pinkel und Bratkartoffeln auf. Es herrscht ein Hauch von Aschermittwoch-Reden-Atmosphäre - und das am Samstagabend.
"Partei war am Ende"
"Die Partei war wirklich am Ende", gesteht Kubicki. "Wir haben ein Jahr gebraucht, um uns zu sammeln." Nun aber sei der Optimismus zurück. Der Wahlkampf mache wieder Spaß.
Neuen Schwung hat die Hamburg-Wahl gebracht. Mit 7,4 Prozent haben die Liberalen das beste Ergebnis seit 40 Jahren in Hansestadt eingefahren, tönt Kubicki - und strahlt. Die FDP habe mit Bildung, Verkehr und Haushalt die richtigen Themen gesetzt. Hinzu komme die Kompetenz und das gute Aussehen der Spitzenkandidatin Katja Suding. Das sei ja kein Vergehen. Wenn nur noch hässliche Politiker etwas sagen dürften, dann würde er aufhören - aus Solidaritätsgründen, scherzt der FDP-Vize - und erntet prompt vereinzelte Buhrufe.
Plädoyer für eine Kultur des Scheiterns
Doch Kubicki lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. Der 62-Jährige wirbt vor den Mitgliedern für ein liberales Lebensgefühl. Gegen Verbote und Bevormundung durch Parteien. Wo leben wir denn, fragt Kubicki, wenn Politiker meinen, sie hätten das Leben anderer Erwachsener mitzubestimmen. Dafür erntet er schallenden Applaus.
Der gebürtige Braunschweiger, FDP-Fraktionsvorsitzender im schleswig-holsteinischen Landtag, plädiert für eine Kultur, die Scheitern als Chance sieht. Wenn ein Kind hinfalle und wieder aufstehe, klatschen die Erwachsenen. Diese Einstellung gehe später leider verloren und "macht die Leistungsbereitschaft kaputt".
Hessisch-pfälzischer Faux-Pas
Wie schnell man hinfallen kann, erfährt auch Kubicki. Als er ironisch erklärt, es gebe nichts an hessischen Gerichten, was sich in den hohen Norden exportieren ließe - vor allem nicht den Saumagen, den er neulich in Mainz gegessen habe, da hat er einen Teil seiner gerade gewonnen Sympathien wieder verspielt.
Doch beim nächsten Kohl-Lied ist der Ärger über den hessisch-pfälzischen Fauxpas wieder verflogen. Einige Hessen zeigen ungewohnte Plattdeutsch-Kenntnisse.
"Unser Hafen ist der Flughafen"
Unklar am Ende des 28. Grünkohlessens bleibt nur die Frage, wofür die neue FDP nun eigentlich steht? Für TTIP, für mehr Bildung, für die Modernisierung der Infrastruktur, für den Ausbau des Hamburger Hafens und… für den Bau des Flughafens Terminals 3. "Unser Hafen", meint Nicola Beer, "ist der Flughafen". Ob sie damit bei den Kommunalwahlen 2016 punkten kann?
INFO:
FDP Frankfurt
http://www.fdp-frankfurt.de/