Die Süd-Ost-Asienreise, Teil 1
Hanswerner Kruse
Bangkok (Weltexpresso) - Rechts ein weißes Wolkenmeer, links vor blauem Himmel strahlt die ganze Welt abgestuft in sonnengelb, golden und glutrot. Das frühe Aufstehen gegen drei Uhr, um den Flieger nach Ranong zu bekommen, wird durch einen fantastischen Sonnenaufgang belohnt. Wir werden bald landen und mit dem Speed Boat auf „unsere“ Insel Koh Payam fahren, auf der wir auch im letzten Jahr sehr ruhige, entspannte Weihnachtstage verbrachten.
In den letzten, knapp vier Wochen haben wir in Bangkok und Vietnam so viel erlebt, dass wir mit dem Aufschreiben darüber kaum nachgekommen sind:
In Bangkok war der tote König überall präsent, in Hanoi wurde das allabendlich singende Müllauto unser Liebling, in Saigon wohnten wir über einem rustikalen Markt der Einheimischen und im Mekong-Delta verbrachten wir fast zwei Tage nur auf dem Wasser...
Thailands riesige Hauptstadt Bangkok war uns beim Ankommen schon sehr vertraut. Nur sind die allgegenwärtigen Königsporträts dunkel eingefärbt, alle öffentlichen und religiösen Gebäude mit schwarz-weißen Stoffgirlanden geschmückt. Selbst die ATMs, die Geldautomaten, zeigen zu Beginn ihrer Arbeit traurige Bilder des Verstorbenen, auch zwischen der Werbung für Mercedes oder Samsung geistert der tote Monarch herum. Viele Thais tragen schwarze Klamotten - und selbst die einheimischen Künstler scheinen sich ganz offensichtlich nur noch dem toten König zu widmen.
Gegenüber vom Königspalast in Bangkok liegt die Silpakorn-Akademie für zeitgenössische Kunst. Mit ihrem Skulpturengarten und dem Pavillon für wechselnde moderne Ausstellungen ist sie gewöhnlich eine ruhige Oase inmitten des Touristengetümmels. Doch derzeit ist die ganze Gegend um den alten Palast von Polizei und Militär abgesperrt, in einigen Tagen wird der neue König gekrönt. Die Gardesoldaten und Musikkapellen proben die Feierlichkeiten. Auch die Kunst-Hochschule ist von Militärs besetzt, die Soldaten frühstücken in den Gärten und Höfen und weisen uns überaus freundlich den Weg. Im Freien porträtieren viele Studenten und ihre Lehrer mit riesigen Bildern ausschließlich den toten König. Jedoch mutig - und anscheinend unzensiert - gestalten sie nicht nur realistisch den Saxophon spielenden oder aus Blumen tretenden Monarchen, sondern nutzen auch aufgelöste oder wildere Ausdrucksformen gegenwärtiger Kunst.
Am zentralen Siam Square, zwischen brutalen Betonpfeilern und gläsernen Konsumtempeln, ist das Bangkok Art And Cultur Centrum (BACC) ein überraschendes Refugium aktueller Kunst. Das innen offene Gebäude mit der aufsteigenden, sich windenden Rampe, ist dem New Yorker Guggenheim-Museum nachempfunden. Doch derzeit entstehen auch hier auf den großen Ausstellungswänden ausschließlich Königporträts in diversen Kunststilen. Auf drei Etagen sind die Wände mit Zehntausenden winziger Instagram-Bilder und Botschaften bedeckt, in denen kreativ die Verbundenheit mit dem Monarchen ausgedrückt wird.
Nur in der oberen 9. Etage tanzt der österreichische Künstler Erwin Wurm mit einer soeben eröffneten Werkschau dem Gestorbenen quasi auf der Nase herum. Begeistert werden viele Thais kurzzeitig zu lebenden Skulpturen, die der Bildhauer präzise vorschreibt. Wurm kreiert die Form der menschlichen Kunstwerke, die deutlich von seinen letzten Vorgaben in Frankfurt oder Berlin (2016) abweichen.
Ansonsten fahren wir wieder viel mit dem Boot umher, denn der Fluss umfließt die Stadt gleichsam in einem Halbkreis und trotz der Hitze kann man - durch den Fahrtwind und das spritzende Wasser - mit Schiffen sehr angenehm viele Orte erreichen. Gleich den ersten Tag, Ende November, verbringen wir auf dem etwas entfernten Thai-Markt in Nonthamburi, einem Vorort von Bangkok. Hier spricht niemand Englisch, die Einheimischen lachen über unsere Zeichensprache.
Doch das vertraute Bangkok hat bald ein Ende, bereits nach vier Tagen fliegen wir nach Vietnam weiter.
Fortsetzung folgt.