Regisseur Gordian Maugg („Fritz Lang“) im Schlüchterner KUKI
Hannah Wölfel & Hanswerner Kruse
Berlin / Schlüchtern (Weltexpresso) - In den Schulkinowochen vom 25. März bis 5. April präsentiert Regisseur Gordian Maugg im Schlüchterner KUKI seinen Film "Fritz Lang". Der Thriller ist ein Mix aus Legende und Tatsachen über die Regie-Ikone im Taumel der untergehenden Weimarer Republik. Maugg zeigt, wie sich der deutsche Meisterregisseur („Metropolis“) für seinen ersten Tonfilm von einer Mordserie anregen ließ: Der entstandene Streifen, „M - Eine Stadt sucht einen Mörder“, gehört zu den Meilensteinen der Filmgeschichte. Am 2. April wird Maugg sein Werk im KUKI-Kino vorstellen und mit den Jugendlichen über die Hintergründe des Films und dessen cineastische Mittel diskutieren. In Berlin trafen wir den Regisseur zum Interview:
Filmemacher Gordian Maugg windet sich in unserem Gespräch bei der Frage nach pädagogischen Aspekten seines Streifens „Fritz Lang“ (2016): Kein Regisseur mache doch einen Film aus solchen Gründen, meint er. Natürlich hat er Recht, sein Film über diesen bekanntesten deutsch-österreichischen Regisseur, ist vor allem ein spannender und großartig gemachter Thriller. Jedoch der ursprünglich geplante Untertitel, „Der Andere in uns“, verweist auch auf seine psychologische und pädagogische Seite:
Ist das Böse in uns oder kommt es durch soziale Erfahrungen in uns hinein? Da Mauggs Spielfilm, mit gründlich von ihm recherchiertem biografischen Material über den Regisseur, in der Zeit des Übergangs von Stumm- zum Tonfilm spielt, kann man auch viel über Cineastik lernen. Die Entwicklung von Langs einflussreichstem Werk, „M - Eine Stadt sucht einen Mörder“ (1931) steht im Mittelpunkt der Handlung. Derzeit läuft ein Remake dieses Werks als Miniserie im RTL-Fernsehen, das macht die aktuelle Bedeutung des Themas deutlich.
Doch jetzt erst einmal zu Mauggs Thriller, der 2016 den Hessischen Filmpreis erhielt: Lang (Heino Ferch), der mit seinem monumentalen Stummfilm „Metropolis“ große Erfolge feierte, ist in der Krise. Der bürgerliche Regisseur lässt sich in der Berliner Unterwelt treiben, zieht mit Prostituierten herum und sucht nach Ideen für seinen ersten Tonfilm. Die spektakuläre Suche nach einem Massenmörder zieht Lang magisch an, wie besessen mischt er sich in die Fahndung nach dem „Monster“ ein, besucht Tatorte und befragt den festgenommenen Täter Peter Kürten (Samuel Finzi) intensiv nach dessen Motiven.
Der Mörder ist keineswegs das Ungeheuer, als das ihn Fahnder und Presse hinstellen, sondern ein biederer Spießer. Ohne Emotionen berichtet Kürten von seiner grausigen Kindheit und Jugend, listet buchhalterisch seine Taten auf und verkündet reuelos: „Ich wollte Sühne, für alles was mir angetan wurde.“ Parallel zu seinen Recherchen erarbeitet Lang das Drehbuch für „M“.
Auch Maugg arbeitete „ebenso besessen“ über ein Jahrzehnt lang an seinem Film, der formal außerordentlich interessant ist. Er drehte ihn in schwarz-weiß im Format 4:3, im Stil der späten 1920er-Jahre, um Ausschnitte aus Langs Filmen bruchlos einzufügen. „Für das mitproduzierende Fernsehen eigentlich ein Quotenkiller“, erzählt er und lacht, „aber ich konnte mich durchsetzen.“ So entstand ein collageartiges Werk, ein früher Film Noir, der (auch) mit surrealen und traumartigen Bildern arbeitet: Mit den Augen Langs sehen wir Zuschauer beispielsweise an Tatorten, wie der Mörder seine Opfer anlockt. Zweimal fügte er auch Schauspieler Ferch in alte Filmbilder ein. „Viele von Lang erfundene Stilmittel seines ersten Tonfilms spielen noch heute eine große Rolle im Kino“, sagt Maugg dazu.
Im Gespräch mit ihm wird deutlich, dass man viel Cineastisches durch seinen Film lernen kann: Wie entsteht ein Drehbuch, muss ein Spielfilm authentisch sein, wie wird im Kino Spannung mit Licht, Ton, Kameraführung usw. erreicht? Neben historischen Themen, wie dem aufkommenden NS-Staat, werden auch ethische Fragen ohne sozialpädagogisches Gebaren aufgeworfen: Was geht in einen Mörder vor, darf man versuchen, seine Taten zu verstehen, rechtfertigt eigenes Leid Verbrechen? Und nicht zuletzt, inwieweit steckt „das Böse“ mit seinen Abgründen in jedem Menschen? Mauggs Streifen zeigt, dass bereits Lang die Aufhetzung der verängstigten Bevölkerung durch Politiker und einige Medien anprangerte. Er erkannte Phänomene, die auch heute bei der Hetze auf Flüchtlinge oder andere Minderheiten auftreten - und in der neuen RTL-Serie „M“ in die österreichische Gegenwart verlegt werden.
Foto:
Regisseur Gordian Maugg / Zeitungsschlagzeile von 1931 / Fritz Lang (Heino Ferch) fantasiert den Kindsmord
© Verleih Belle EpoqueFilms
Info:
Bislang haben über 1500 Schüler aller Schulformen aus dem Altkreis Schlüchtern Filme der Schulkino-Wochen 2019 gebucht. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Anmeldungen sind noch bis zum 22. März möglich. Das große Interesse zeigt, dass die Bedeutung des Schulstandorts Schlüchtern und dass diese, vom Hessischen Kultusministerium geförderte Veranstaltungsreihe der Medienbildung, durch das KUKI-Kino angeboten wird.
Buchungen am Service-Telefon 06661-608410 (tgl. 14-18 Uhr) oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.