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Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Welchen Einfluss haben digitale Technologien auf das menschliche Wahrnehmen, Denken und Handeln? Werden Jugendliche durch Computerspiele wirklich aggressiver? Und gibt es so etwas wie eine „digitale Demenz“? Mit derlei Fragen befassen sich in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ zwei Psychologinnen und ein Psychologe der Goethe-Universität. Schwerpunktthema des Heftes, das dieser Tage erschienen ist, sind Chancen und Risiken der Digitalisierung – für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft.
Auch in Deutschland verbringen Jugendliche mit durchschnittlich rund drei Stunden täglich sehr viel Zeit online. 22,4 Prozent der jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schätzten ihre eigene Mediennutzung als problematisch ein. Die Psychologen Prof. Dr. Yee Lee Shing, Prof. Dr. Christian Fiebach und Isabelle Ehrlich gehen anhand aktueller Schlüsselbefunde aus den Bereichen der Kognitionspsychologie, der kognitiven Neurowissenschaft und der Entwicklungspsychologie Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse nach.
So stand insbesondere das exzessive Computerspielen bereits im Fokus zahlreicher Studien – spätestens seit dem Massaker an der Columbine High School im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado vor 20 Jahren. Die Ergebnisse seien jedoch widersprüchlich, und ein kausaler Zusammenhang zwischen der Beschäftigung mit gewalthaltigen Computerspielen und aggressivem Verhalten ist keineswegs eindeutig nachzuweisen. Außer Frage stehe indes, dass das Spielen von Computerspielen unser Gehirn prägt. So konnte gezeigt werden, dass regelmäßiges Spielen von „Super Mario 64“ zu einer Volumenvergrößerung von Gehirnregionen führt, die mit räumlicher Koordination assoziiert sind. Das regelmäßige Spielen von Action-Spielen bringe zudem u.U. kleine, aber robuste Verbesserungen von Aufmerksamkeitsleistungen mit sich. Die morphologischen Veränderungen im Belohnungssystem wiederum ähneln Veränderungen, die auch bei Drogensucht beobachtbar sind. Inwiefern Computerspiele eingesetzt werden können, um positive Lerneffekte zu erzielen, ist hingegen noch nicht abschließend erforscht.
Welche Rolle spielt jedoch die Nutzungsdauer von digitalen Medien durch Jugendliche? Diese Frage dürfte viele Eltern brennend interessieren. Und auch hier sind die Zusammenhänge komplex, und eine einfache Proportionalität zwischen Dauer und negativen Folgen existiert nicht. Wesentlich wichtiger ist offenbar, welche Vorerfahrungen die Nutzer haben und in welchen Umständen sie aufwachsen. Durchaus besorgniserregend ist eine Art digitale Kluft: Die Risiken sind gerade bei denjenigen Jugendlichen höher, die auch im analogen Leben verletzlicher sind.
Shing, Fiebach und Ehrlich klären zudem die Frage, welche Auswirkungen der Gebrauch von Suchmaschinen als „ausgelagertes Gedächtnis“ habe und wie sich der exzessive Gebrauch von Medien auf die Aufmerksamkeitsspanne auswirkt. Und sie nehmen auch die künstliche Intelligenz in den Blick: Viele Prozesse menschlicher Entscheidungsfindung – von alltäglichen Konsumentscheidungen bis hin zu Investitionsentscheidungen am Finanzmarkt und medizinischen Diagnosen – werden mehr und mehr durch maschinelles Lernen und prädiktive Algorithmen unterstützt. Aber auch hier seien nicht automatisch negative Auswirkungen zu erwarten; Art und Umfang der Nutzung, vermittelt über die Mechanismen von Wahrnehmung, Kognition und neuronaler Plastizität, wirken sich in allen Bereichen differenziert auf das menschliche Denken, Entscheiden und Handeln aus – wobei ein wichtiger Faktor die individuelle Kompetenz im Umgang mit KI-Algorithmen sei. Bei richtigem Einsatz und unter Einbeziehung differenzierter psychologischer Kenntnisse könnten gerade sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen besonders von der neuen Technologie profitieren, meint das Autorenteam.
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Quelle: Goetheuniversität
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