Grafik DinerZur Bedeutung einer historischen Qualifizierung. Dan Diner im Gespräch mit Miloš Vec, heute in Frankfurt

Redaktion

Frankfurt am Main (WEltexpresso Am 3. Juli 2024 um 19.00 Uhr sprechen Dan Diner (Professor Emeritus für Moderne Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem) und Miloš Vec (Professor für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien) über die Frage „Was heißt „kolonial“? Zur Bedeutung einer historischen Qualifizierung“ im Arkadensaal des Freien Deutschen Hochstift.

Das Wort vom „Kolonialen“ erlebt eine durchaus widersprüchliche Konjunktur. In jüngster Vergangenheit sind Deutschlands kolonialistisches Erbe und die lange Zeit marginalisierte Stellung des Kolonialismus in der deutschen Erinnerungskultur vermehrt zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen geworden. Parallel zu der gestiegenen Aufmerksamkeit für den Kolonialismus als historische Phase und für die weiterhin drängende Frage der Aufarbeitung lässt sich jedoch auch ein regelrecht inflationärer Gebrauch des Wortes beobachten. Unterschiedslos wird es auf Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse verschiedenster Art angewendet. Damit droht das Attribut „kolonial“ seine ursprüngliche analytische Bedeutung zu verlieren und zu einem allseits einsetzbaren Schlagwort in oft hitzig geführten politischen Debatten zu verkommen.

Dan Diner ist Professor Emeritus an der Hebräischen Universität zu Jerusalem und ehemaliger Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig. Gegenwärtig leitet er das Jacob Robinson Institute for the History of Individual and Collective Rights in Jerusalem. In seiner Forschung konzeptualisiert er eine moderne jüdische Geschichte und eine von der kolonialen Peripherie her erzählte Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, zur jüdischen Geschichte, zur Geschichte des Mittleren Ostens und zur deutschen Geschichte, insbesondere zu Holocaust und Nationalsozialismus.

Miloš Vec ist Professor für Europäische Rechts- und Verfassungsgeschichte an der Universität Wien und assoziiertes Mitglied des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“. Er habilitierte sich an der Goethe-Universität in Neuerer Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Zivilrecht. In seiner Forschung beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit der Geschichte des Völkerrechts, des öffentlichen Rechts sowie der Kriminologie und Kriminalistik. Zudem arbeitet er als freier Journalist, unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Foto:
Plakat

Info:
Freies Deutsches Hochstift
Arkadensaal
Großer Hirschgraben 23-25
60311 Frankfurt am Main

Eintritt: 3 Euro (Abendkasse, ohne Anmeldung)

Veranstalter:
Dezernat Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt am Main und Forschungszentrum „Normative Ordnungen" der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, dem Institut für Sozialforschung, dem Freien Deutschen Hochstift und hr2-Kultur

Die Reihe Frankfurter Schule:
Gesellschaftliche Normen, in Institutionen und Ordnungen manifestiert, bilden das Fundament unseres sozialen und politischen Zusammenlebens. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte sich die sogenannte Frankfurter Schule vorgenommen, diese Normen und ihre Widersprüche im Sinne einer umfassenden „Kritischen Theorie“ ganzheitlich und (ideologie-)kritisch in den Blick zu nehmen – eine Herangehensweise, deren Bedeutung und internationale Wirkmacht bis heute ungebrochen sind. Doch was sagt die Frankfurter Schule, die Gesellschaftsanalysen stets mit Ideologiekritik verbunden hat, zur derzeitigen Lage der Gesellschaft? Welche Antworten gibt die sogenannte „dritte und vierte Generation“ auf weltweite Krisen und Konflikte?

Die Reihe Frankfurter Schule wird quartalsweise in unterschiedlichen Kultureinrichtungen in Frankfurt fortgesetzt. Zu Gast sind Persönlichkeiten, die – geschult am „Frankfurter Denken“ – zu aktuellen Problemlagen Position beziehen.