Prof. Theo Dingermann erläuterte im Perspektivengespräch Hintergründe und Konsequenzen einer aktuellen Epidemie
Hubertus von Bramnitz
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das Zika-Virus ist seit fast 70 Jahren bekannt und wurde bislang als harmlos eingestuft. Eine Infektion geht meist spurlos an den Betroffenen vorüber und verursacht nur bei rund einem Fünftel von ihnen grippeähnliche Symptome, die nach wenigen Tagen abklingen. Die Massenerkrankungen in Brasilien werden nun auf dieses Virus zurückgeführt.
Wer eine Infektion überstanden hat, ist anschließend lebenslang gegen das Virus immunisiert. Warum ruft die Weltgesundheitsorganisation dann seinetwegen jetzt den globalen Gesundheitsnotstand aus? Und warum geht uns das alle an, wenngleich wir weit vom Ort der aktuellen Epidemie entfernt wohnen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Perspektivengesprächs des House of Pharma & Healthcare mit Prof. Theo Dingermann, Seniorprofessor am Institut für Pharmazeutische Biologie der Goethe-Universität.
Das Zika-Virus wird von der ägyptischen Tigermücke übertragen. Lange blieb seine Ausbreitung auf Afrika und in geringem Maße auf Asien beschränkt, ohne dass gravierende Folgen beobachtet worden wären. Nun steht das Virus aber plötzlich im Verdacht, in Brasilien schwerste Schädel- und Gehirnfehlbildungen (Mikrozephalien) bei Tausenden von Neugeborenen hervorgerufen zu haben, deren Mütter sich während der Schwangerschaft infiziert hatten. Auch von ersten Todesfällen wird berichtet, die im Zusammenhang mit dem Auftreten neurologischer Schäden wie dem Guillain-Barré-Syndrom zu stehen scheinen.
Dass das Zika-Virus in Südamerika eine so explosionsartige Infektionswelle ausgelöst hat, liegt vor allem daran, dass die übertragende Stechmücke dort ganzjährig vorkommt und auf eine noch nicht immunisierte Bevölkerung trifft. Dieselbe Mücke überträgt beispielsweise auch das Gelb- und das Denguefieber. Der Klimawandel bringt die Gefahr mit sich, dass diese Mückenart in immer weiteren Teilen der Welt auch jenseits der Tropen und Subtropen heimisch wird. „Im Interesse der Weltgesundheit“, plädiert Prof. Dingermann, „sollten wir daher alles dafür tun, das Übel an der Wurzel zu packen und Maßnahmen in Brasilien und anderswo zu unterstützen, die die Verbreitung dieser Mücken effektiv zu stoppen versprechen.“
Das House of Pharma & Healthcare (http://www.houseofpharma.de) verfolgt das Ziel, den Pharma-Kompetenzcluster Hessen weiterzuentwickeln und die Innovationslücke in der Arzneimittelentwicklung zu schließen. Zu diesem Zweck fördert es die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren der Gesundheits- und Pharmabranche in Deutschland und bietet ihnen eine neutrale Diskussionsplattform. Es wird geleitet von Professor Manfred Schubert-Zsilavecz (Goethe-Universität) und Professor Jochen Maas (Sanofi).
Info:
House of Pharma & Healthcare: Perspektivengespräch
Die Veranstaltung war am 17. Februar 2016, 19:00 Uhr
Wo? House of Finance, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main