Serie: Von der Pressekonferenz bis zur 15. Preisverleihung des 1822-Universitätspreises für die besten Lehrenden an der Goethe-Universität Frankfurt 2016, Teil 3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie schön und wie akademisch ordentlich dazu, ist es, daß die bisherigen Preisträger nicht vergessen sind, sondern in einem kleinen Sammelband - WAS BRAUCHT GUTE LEHRE auf dem Titel und DAS BRAUCHT GUTE LEHRE auf der Rückseite - vorgestellt werden.
Universitätspräsidentin Birgitta Wolff, die einst in Magdeburg selber einen Preis für gute Lehre erhalten hatte, schreibt in ihrem Grußwort davon, daß die Broschüre „herausragende Lehrpersönlichkeiten, deren Projekte und Konzepte ein Schlaglicht auf die Bedeutung und Vielgestaltigkeit der Frankfurter Hochschullehre werfe“, versammele. Das, was durch den 1822-Universitätspreis in Gang gesetzt wurde, ist zwischenzeitlich an vielen Stellen zusätzlich untermauert worden. Es geht letzten Endes um den Zusammenhang von Forschung und Lehre, eine innovative Lehrkultur setzt forschendes Lehren voraus.
„Mag die Reputationsasymmetrie von Forschung und Lehre damit auch längst nicht beseitigt sein: der 1822 Universitätspreis hat der Hochschullehre zu mehr Sichtbarkeit verholfen und durch seine frühe Impulssetzung wesentlich dazu beigetragen, dass engagierte Lehrende im universitäten Gefüge heute mehr Anerkennung.genießen.“
Wir leben schließlich auch in einem Zeitalter, wo Emotionen im öffentlichen Raum einen höheren Stellenwert erhalten als früher – selbst und gerade im universitären Feld. Beliebt zu sein bei seinen Studenten, heißt ja, daß die Voraussetzung im pädagogischen Prozeß klappt, daß nämlich der Studierende gerade von diesem Professor und Hochschuldozenten, von dieser Professorin und Hochschuldozentin etwas lernen will, weil er den Eindruck hat: hier lernt er wirklich etwas.
Deshalb ist uns, die wir seit der ersten Preisverleihung sehr oft dabei sein konnten, das Grußwort des heutigen Vorstandsvorsitzenden der 1822-Frankfurter Sparkasse, Robert Restani, besonders nahe: „Denn was den 1822-Universitätspreis aus meiner Sicht in besonderer Weise auszeichnet, sind das große Engagement, die Herzlichkeit und die Begeisterung, mit der die Studierenden sich Jahr für Jahr für ihre Lehrenden einsetzen. In den Nominierungen der DozentInnen steckt viel Arbeit; bei den studentischen Laudationes handelt es dich häufig nicht einfach um Reden, sondern um kreative Wunderwerke. Begeisterung und Leidenschaft prägen auch die Preisverleihungen. Sie sind letztlich ein Spiegel des großen Engagement, das die PreisträgerInnen Tag für Tag bei Ihrem Lehreinsatz (vor) leben.“
Und der Vorstandvorsitzende weist auf etwas genuin Frankfurterisches hin, was man bei der erst 1912 gegründeten Stiftungsuniversität immer wieder betonen sollte: „Wie die Goethe-Universität verdankt auch die Frankfurter Sparkasse ihre Entstehung einer Initiative bürgerschaftlichen Engagements. Mit der alljährlichen Ausschreibung des 1822-Universitätspreises setzen wir diese Tradition des Einsatzes für Frankfurt und die Region fort.“ Wirft man unter diesem Gesichtspunkt ein Blick auf die Stadt Frankfurt, erkennt man, daß ihre über die Stadtgrenzen hinausgehenden Institutionen alle aus Initiative wohlhabender Bürger entstanden sind, einschließlich Palmengarten und Zoo.
Die Broschüre selbst führt dann – mit Bild – 36 Preisträger auf. Eigentlich hatten wir in 15 Jahren 45 erwartet? Sie folgen in alphabetischer Reihe und etwas, was uns ausgesprochen gut gefällt, ist, daß alle als Preisträger und Preisträgerin für das entsprechende Jahr vorgestellt werden, ohne über die Plätze 1-3 ein Wort zu verlieren. Die Frage ist ja auch, wie man als ASTA damit umgeht, daß studentenreiche Fachbereiche naturgemäß mehr Stimmen für 'ihre' Professoren und Lehrenden im Hochschuldienst abgeben können, als kleine Fächer, von denen der ASTA-Vertreter gleich als Orchideenfächer sprach. Er berichtete, daß man die Vorschläge der Studierenden daraufhin genau anschaue. Uns scheint dennoch, daß die naturwissenschaftliche Seite an den Preisverleihungen ein Übergewicht hätte.
Was liegt darum näher, anstatt die Namen und Belobigungen der Preisträger zu nennen, ihre Professionen vorzustellen. Denn da wird interessant, welche Uni-Bereiche fehlen oder welche mehrfach gewählt wurden:
Da gibt es Wirtschaftsgeographie, Mathematik (4mal), Pharmazie (3mal), Biochemie, Humanmedizin, Neurobiologie, Geophysik, Biologie, Chemie, Wirtschaftswissenschaften, Physik, Informatik, Anatomie und Geographie.
Auf der anderen Seite: Politikwissenschaft, Linguistik, Psychologie, Didaktik der Sozialwissenschaften, Amerikanistik, Evangelische Theologie, Katholische Theologie – mit der alles 2002 anfing - (2mal), Soziologie, Judaistik, Kunstpädagogik, Musikwissenschaft, Rechtswissenschaften(2mal), Skandinavistik und Japanologie.
Die Breite ist beeindruckend und dennoch fragen wir, wo sind die Archäologen, die gerade in Frankfurt eine intensive Arbeit mit und für Studenten machen. Wir fragen auch nach Geschichte, nach Kunstgeschichte, nach Germanistik und den Philologien alter Sprache. Sonderbar, daß diese klassischen Kulturfächer, einst Kern eines Studium Generale, nicht dabei sind.
Richtig wäre, daß keine formale Fächergleichmacherei herrschen sollte, sondern wirklich die guten Lehrenden – ob Professoren oder andere im Hochschuldienst - ausgezeichnet werden. Ist es so zu verstehen, daß das Angstfach – für viele – in der Schule, die Mathematik, auch an der Uni von denen, die es studieren, noch gefürchtet wird, so daß gute Lehre, also gute Didaktik und Methodik, dort mehr auffällt als anderenorts? Denn das ausgerechnet Mathematik mit vier Nennungen Spitzenreiter ist, finden wir schon komisch, genauso wie die Pharmazie mit drei Nennungen hervorsticht.
Warten wir aufs nächste Jahr, wer und aus welchen Gebieten dann die Preise erhält. Wir werden unserer Fragestellung nach den obigen geisteswissenschaftlichen Fächern im Auge behalten und wollen herausbekommen, ob man in den bisher nicht prämierten Studiengängen in Frankfurt entweder nicht so herausragende Lehre findet – oder ob im Umkehrschluß man es von diesen – ebenso von den Erziehungswissenschaften – so sehr erwartet, daß deren gute Lehre nicht so auffällt. Im nächsten Jahr also mehr zu diesem spannenden Thema.
Info:
Die Antwort für den Tag auf die Frage der Einleitung ‚Was braucht gute Lehre‘ lautete: ‚Das braucht gute Lehre: Engagierte Lehrende und innovative Lehrformate‘.- ‚Zum 15 Mal wird der 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre verliehen – Die Preisträger: der Informatiker Dr. Karsten Tolle, der Neurobiologe Prof. Dr. Bernd Grünewald, die Linguistin Dr. Irene Corvacho del Toro.
Mediengespräch am 4. Juli 2016 und am Abend öffentliche Verleihung des 1822-Universitätspreises für exzellente Lehre mit Laudationes der Studierenden-Vertreter und einem Vortrag von Prof. Dr. Doris Donhauser, Humboldt-Universität, 4. Juli 2016 18 Uhr
Gesprächspartner/innen morgens waren: Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität; Prof. Dr. Tanja Brühl, Vizepräsidentin der Goethe-Universität, verantwortlich für Lehre, 1822-Preisträgerin 2008; Prof. Dr. Karin Donhauser, Humboldt-Uni Berlin, Vorsitzende des Auswahlgremiums für den „Qualitätspakt Lehre“ (2010 und 2015); Prof. Dr. Daniela Elsner, Institut für Didaktik am Institut für England- und Amerikastudien, Goethe-Universität, 1822-Preisträgerin 2014, Ars legendi-Preisträgerin 2014; Prof. Dr. Bernd Grünewald, Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft, Institut für Bienenkunde, Goethe-Universität, Preisträger 2016; Dr. Irene Corvacho del Toro, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psycholinguistik, Preisträgerin 2016; Julia Droege, Stiftung der Frankfurter Sparkasse; Studierenden-Vertreter Max Rudel, Asta-Vorstand.
Der Begleitband zur diesjährigen Verleihung: ‚Was braucht gute Lehre? – Personen, Projekte, Positionen‘, 15 Jahre 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre, Frankfurt am Main 2016 liegt vor.