Serie: Von der Pressekonferenz bis zur 15. Preisverleihung des 1822-Universitätspreises für die besten Lehrenden an der Goethe-Universität Frankfurt 2016, Teil 2
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Immer wieder war ‚von der Persönlichkeit‘ die Rede, die Lehrende einsetzen, um mit Überzeugung und Glaubwürdigkeit Studierende für sich und das jeweilige Gebiet der Wissenschaft einzunehmen.
Der Begriff des Faszinosums, der bei den drei Ausgezeichneten Person angenommen hat, flimmerte während der Verleihungszeremonie in den Raum, als in gefilmten Lehrausschnitten, die eine Leistung wie auf der Bühne der Kunst darstellen, die ungewöhnliche Wirkhaftigkeit der Lehre von Dr. Karsten Tolle, dem Ersten Preisträger, mit einem Preisgeld von 15 000 Euro, anschaulich wird. Das Anschaulichwerden kommt auch in den Selbstbekundungen der Preisträgerin und der beiden Preisträger während der Dankesreden zum Zug.
Ein Aspekt gab zu denken: die vielbeschworene Exzellenzinitiative an deutschen Universitäten steht wohl eher schräg – wenn nicht quer - zur Lehre, sie erscheint, wie auch vermutet, eher wie ein selbstzentriertes Thronen über Qualitäten und Kompetenzen, auf die es im Lehr- und nicht zuletzt Forschungsprozess ankommt. Diese Initiative tendiert dazu, sich von ihrem Substrat zu entfremden. Frau Karin Donhauser, Vorsitzende des Auswahlgremiums für den ‚Qualitätspakt Lehre‘ - für den bundespolitisch 2 Mrd. Euro eingestellt wurden - sprach gar von einem ‚Rausziehen aus der Lehre‘ durch eine seltsam überambitionierte Exzellenzinitiative.
Prof. Dr. Bernd Grünewald, zweiter Preis mit dem Preisgeld von 10 000 Euro, hatte schon am Vormittag auf dem Podium seine eigene Motivation dargelegt und so sinnig von den Bienen, die auch nur Menschen sind, gesprochen, was im ersten Teil dargelegt ist.
Der erste Preis
Vom ersten Preisträger, Dr. Karsten Tolle, Informatiker, steht im Titel der Beschreibung seiner Lehre geschrieben: „Wie ein ‚roter Faden der Motivation‘ in meinem Studium“ (nach Aussage einer Studentin), was besagt: er hat die beharrende Fähigkeit, ‘mit feinem Humor, Geduld und Kompetenz‘ auf dem Podest im Hörsaal zu erscheinen, die Studierenden einzubeziehen, sie zum Mitmachen (auch an der Tafel) zu animieren und aus dem Augenblick heraus etwas gemeinsam zu erarbeiten. Lehrausschnitte zeigen seine Auftrittsqualitäten, die über das rein Belehrmäßige hinausweisen und mit einem anspruchsvollen Lehrdeputat unklassisch befreiend wechselwirken. Wechselseitiger Respekt begleitet ihn beim Eingehen auf die Lehrsituation und In-Dialog-Treten mit Studierenden.
Verschiedentlich wurde darauf angespielt, dass das Ansehen der Lehre zwar wohl zugenommen hat, aber doch eine „Diskrepanz zwischen dem Ansehen von Lehre und Forschung“ bestehen bleibt. Reputation, wie auch Einwerbung von Drittmitteln – ein mittlerweile ziemlich abgegriffener Begriff - wird weithin mehr durch Forschung als durch Lehre erlangt und erreicht.
Der dritte Preis
Die dritte Preisträgerin mit dem Preisgeld von 5 000 Euro ist die „absolute Expertin“ für den Rechtschreibe- und Grammatikunterricht in Deutsch: Dr. Irene Corvacho del Toro. Sie tut etwas gegen die ‚Rechtschreibkatastrofe‘ in deutschen Klassenzimmern. „1973 in Kolumbien geboren lernte sie als erste Fremdsprache Deutsch, besuchte die Deutsche Schule in Barranquilla. Später ging sie zum Studium der Sprachlehrforschung und Anglistik nach Hamburg“.
„Sie hat ein Format entwickelt, bei dem die Aneignung von Fachwissen mit der didaktischen Praxis parallelisiert wird“. Sie bringt die Schule in die Universität, verwendet echte Schülertexte. Studentin und Student suchen sich selbst eine Schülerin oder einen Schüler mit Schwierigkeiten, die sie ein ganzes Semester begleiten. Die ‚Regelhaftigkeit von Phonologie, Morphematik und Grammatik zu durchdringen‘ ist die stringent gedachte Begründung ihrer Arbeit. Einer ihrer Schüler bekundet: „Sie wusste genau, wo sie uns abholen musste […]“. Fortsetzung folgt
Foto: von links nach rechts: Brühl, Tolle, Corvacho del Toro, Grünewald, Wolff, , Restani (c) Universität
Info:
Die Antwort für den Tag auf die Frage der Einleitung ‚Was braucht gute Lehre‘ lautete: ‚Das braucht gute Lehre: Engagierte Lehrende und innovative Lehrformate‘.- ‚Zum 15 Mal wird der 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre verliehen – Die Preisträger: der Informatiker Dr. Karsten Tolle, der Neurobiologe Prof. Dr. Bernd Grünewald, die Linguistin Dr. Irene Corvacho del Toro.
Mediengespräch am 4. Juli 2016 und am Abend öffentliche Verleihung des 1822-Universitätspreises für exzellente Lehre mit Laudationes der Studierenden-Vertreter und einem Vortrag von Prof. Dr. Doris Donhauser, Humboldt-Universität, 4. Juli 2016 18 Uhr
Gesprächspartner/innen morgens waren: Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität; Prof. Dr. Tanja Brühl, Vizepräsidentin der Goethe-Universität, verantwortlich für Lehre, 1822-Preisträgerin 2008; Prof. Dr. Karin Donhauser, Humboldt-Uni Berlin, Vorsitzende des Auswahlgremiums für den „Qualitätspakt Lehre“ (2010 und 2015); Prof. Dr. Daniela Elsner, Institut für Didaktik am Institut für England- und Amerikastudien, Goethe-Universität, 1822-Preisträgerin 2014, Ars legendi-Preisträgerin 2014; Prof. Dr. Bernd Grünewald, Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft, Institut für Bienenkunde, Goethe-Universität, Preisträger 2016; Dr. Irene Corvacho del Toro, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psycholinguistik, Preisträgerin 2016; Julia Droege, Stiftung der Frankfurter Sparkasse; Studierenden-Vertreter Max Rudel, Asta-Vorstand.
Der Begleitband zur diesjährigen Verleihung: ‚Was braucht gute Lehre? – Personen, Projekte, Positionen‘, 15 Jahre 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre, Frankfurt am Main 2016 liegt vor.