Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Sofort kommt einem das schlechte Gewissen. Auch wir haben länger nicht über Liu Xiaobo geschrieben, dabei wußten wir doch um die Isolationshaft des Friedensnobelpreisträgers und vor den Machthabern nicht einknickenden chinesischen Schriftstellers.
Peking hat ihn aus dem Gefängnis ins Krankenhaus verlegt. Das Freikommen bezieht sich auf die Luft, nicht auf die materiellen Möglichkeiten des seit so vielen Jahren Inhaftierten. Die letzte größere Aktion war die Petition des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Sie alle hatten seit Beginn seiner Verhaftung seine Freilassung gefordert, weil im Fall von Liu Xiaobo es wirklich immer nur darum ging, daß er mit Poesie dem chinesischen System den Garaus machte und für die Meinungsffreiheit eintrat. Ein militärischer Kampf gegen Wörter, bei dem sich - das lehrt die Geschichte - immer das freie Wort durchsetzt. Oft aber auf Kosten der Personen, die die Worte äußerten.
Es heißt nun, er sei unheilbar an Leberkrebs erkrankt. Und es heißt auch, er werde die ihm verbleibende Lebenszeit nun im Krankenhaus verbringen. Liu war seit 2009 fest und andauernd inhaftiert. In diesen Jahren war durch den Gastlandauftritt von China auf der Frankfurter Buchmesse sowieso die Aufmerksamkeit auf China gelenkt. Liu Xiaobo ist es ja nicht allein, der wegen seiner Worte verscshärfte Einzelhaft erhalten hatte. Aber er ist durch die humanistische Ausprägung seiner Aussagen seit jeher aufgefallen, wie auch seine Gedichte von Wahrheiten sprechen. Ein unbeugsamer Mensch.
Als er nach einem Jahr Haft den Friedensnobelpreis erhielt, war dies auch ein Zeichen, das in die Vergangenheit zeigte. Damals hatte Deutschland sein Terrorsystem errichtet und Carl von Ossietzky mit vielen Weggefährten ein- und weggesperrt. Darum war das eine bewegende Erinnerung, daß 70 Jahre nach Ossietzky nun als zweiter Gefangener Liu Xiaobo den Friedensnobelpreis erhielt. Und die jeweiligen Reaktionen waren dann auch die gleichen. Damals 1936 reagierte das Dritte Reich mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Norwegen und es war den Chinesen nicht einmal peinlich, daß sie auf diesselbe Art wie das Hitlerregime auf die Auszeichnung für ihren Dichter reagierten und den diplomatischen Kontakt zu Norwegen abbrachen, zuvor aber noch äußerten, daß die Auszeichnung sich negativ auf die Haft und die Haftbedingungen von Liu auswirken werde, was es tat.
Liu Xiaobo wurde politisiert wie viele seiner Generation - er ist 61 Jahre - durch die Demokratie-Demonstrationen von 1989 am Tor des Himmlischen Friedens in Peking, die so blutig zerschlagen wurden. Er selbst kam damals mit einer kürzeren Gefängnisstrafe davon, war aber ab da bei allen Protesten dabei und das Wechselspiel von Protest und Inhaftierung begann. Gleichzeitig konnte er sich, wenn er frei war, auch frei bewegen und fand sogar Arbeit an der Pädagogischen Universität Peking.
Zu Zeiten der Olympiade in China, 2008, war er der 'Rädelsführer' der Charta 08, die von ihm konzipiert und unterschrieben war und die eine wirklich öffentliche Debatte in China auslöste, die für Liu Xiaobo schlecht ausging. Er habe die Autorität des Staates untergraben und müsse darum elf Jahre ins Gefängnis. Über die damalige Bestrafung hatte Weltexpress und Weltexpresso ausführlich berichtet. Wir nahmen dann verschiedene Anläße auf, um an Liu Xiaobo zu erinnern, der im übrigen, das ist dann eine weitere Tragik, uns im Westen bekannter ist als in China.
Besonders berührend sind seine Briefe an seine Frau, die ihm Kraft gab.
Was wir schrieben:
Wenn es den PEN nicht gäbe, müßte er erfunden werden
Zu Zeiten der Olympiade in China, 2008, war er der 'Rädelsführer' der Charta 08, die von ihm konzipiert und unterschrieben war und die eine wirklich öffentliche Debatte in China auslöste, die für Liu Xiaobo schlecht ausging. Er habe die Autorität des Staates untergraben und müsse darum elf Jahre ins Gefängnis. Über die damalige Bestrafung hatte Weltexpress und Weltexpresso ausführlich berichtet. Wir nahmen dann verschiedene Anläße auf, um an Liu Xiaobo zu erinnern, der im übrigen, das ist dann eine weitere Tragik, uns im Westen bekannter ist als in China.
Besonders berührend sind seine Briefe an seine Frau, die ihm Kraft gab.
Was wir schrieben:
Wenn es den PEN nicht gäbe, müßte er erfunden werden
Dabei fällt uns jetzt völlig zu recht, Liu Xiaobo (im Bild) ein, für den wir anläßlich des Gastlandes China auf der Frankfurter Buchmesse 2009 stritten, was in den nächsten Jahren anhielt. Zuerst ging es darum, daß der 1955 geborene Dichter und Vorstandsmitglied des chinesischen PEN am 8. Dezember 2008 ins Gefängnis kam und ohne Verfahren blieb und dann am 1. Weihnachtsfeiertag 2009, während die westliche Welt Weihnachten feierte, zu elf Jahren Haft verurteilt wurde. Nur über seine Frau Liu Xia erhielt man Nachrichten, die selber Hausarrest bekam und nicht einmal seinen Nobelpreis, den er 2010 für Literatur erhielt, entgegennehmen konnte.
Das war im Artikel, zu dem unten der Link angegeben ist.
Foto: © kurier.at
Info:
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/5980-wenn-es-den-pen-nicht-gaebe-muesste-er-erfunden-werden
Das war im Artikel, zu dem unten der Link angegeben ist.
Foto: © kurier.at
Info:
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/5980-wenn-es-den-pen-nicht-gaebe-muesste-er-erfunden-werden