a kurtmptzeWeltexpressoautor Kurt Nelhiebel wird heute 90 Jahre!, Teil 6

Kurt Nelhiebel

Bremen /Weltexpresso) - Als "Noch zu haltende Dankesrede zu meinem 90. Geburtstag", hatte uns Kurt diesen Text geschickt, der - nun gehalten -  Geschichte geworden ist. Wir sind so stolz, ja glücklich, daß Kurt an unserer Seite steht. Die Redaktion

Alt werden ist kein Verdienst. Bäume werden auch alt, ohne sonderlich geehrt zu werden. Dabei tut mancher Baum mehr Gutes für die Menschen als umgekehrt. Ohne Bäume könnten wir nicht leben. Sie ohne uns schon. Auch meine Schreibarbeit ist nichts Besonderes. Ich habe immer nur meinen Beruf ausgeübt. Umsorgt von meiner Frau, inspiriert von zwei herrlichen Kindern, konnte ich mich im Alter gründlich mit Themen befassen, die ich bis dahin immer nur gestreift hatte. So entstanden unter anderem zahlreiche Bücher. Außerdem hatte ich mehr Zeit für die Modellfliegerei, der ich seit der Kindheit anhänge.

Mit der Zeit wurde es stiller um mich herum. Nur noch mit wenigen Menschen kann ich Erinnerungen austauschen - an die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, an die Naziherrschaft, den Zweiten Weltkrieg, den Verlust der Heimat, den Hunger, die Nachkriegszeit und an den Kalten Krieg. Das muss ich beim Schreiben berücksichtigen. Die „Einsamkeit des Schreibens“, von der Claus Peymann kürzlich an seinem 80.Geburtstag gesprochen hat und die ihn vom Journalismus weg hin zum Theater flüchten ließ, diese Einsamkeit bedrückt mich nicht. Sie hilft mir beim Nachdenken.

Das „allmähliche Verfertigen der Gedanken beim Reden“, wie Heinrich von Kleist sich ausdrückte, ist mir selten gelungen. Deshalb stehe ich wieder mit einem Zettel in der Hand da, von dem ich ablese. Und damit bin auch schon am Ende. Bedanken möchte ich vorher aber noch bei allen, die mich in diesen Tagen ihre Zuneigung spüren ließen. Eine kurze Anmerkung über den Wandel der Zeiten sei mir noch gestattet; entnommen einem Zyklus heiterer Klagelieder:


Ach, wie war es ehedem
mit der Liebe unbequem.

Wollte man mal ganz allein
mit der Allerliebsten sein,
musste man, war’s nicht zu kalt,
in den nächst gelegnen Wald.

Heute läuft das anders ab.

Heute heißt es kurz und knapp:
Wie sieht’s aus? Gehn wir zu dir,
oder kommst du mit zu mir?

Trotzdem war’s auch früher schön,
wenn auch manchmal unbequem.