kpm Elke TwestenDer politische Verrat und seine unbeabsichtigten Folgen in Niedersachsen

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Frau hat sich gerächt, weil sie von ihrer bisherigen Partei um eine ihr vermeintlich zustehende aussichtsreiche Kandidatur gebracht wurde. Und weil sie den normalen demokratischen Prozess mit dem gar nicht existierenden politischen Erbrecht verwechselt hat.

Eigentlich braucht man sich den Namen dieser Dame nicht zu merken, denn sie wird ohnehin bald vergessen sein. Die CDU, die ihr Asyl und Parteimitgliedschaft anbietet, wird sich selbst nach einer gewonnenen niedersächsischen Landtagswahl nur ungern an die Renegatin erinnern lassen. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, sobald er anderen den Weg geebnet und den eigenen verloren hat. Im politischen Ränkespiel sind gute Plätze bekanntlich äußerst knapp. Mit Verrätern teilt man nur dann, wenn sie die gegnerische Kriegskasse mitbringen und obendrein eine Kassette mit Geheimpapieren. Beides ist von der Frau aus Scheeßel nicht zu erwarten.

Ob man die niedersächsischen Grünen wird bedauern müssen oder beglückwünschen dürfen, steht noch dahin. Sollte die Partei nach der vorgezogenen Landtagswahl nicht mehr an der Regierung beteiligt sein, wäre das ein schmerzlicher Verlust, sowohl für das Land als auch für den Bund. Immerhin zählt die Partei dort, wo man sturmfest und erdverwachsen ist, zum eher selten gewordenen links-grünen Spektrum. Andererseits könnte eine derartige Zäsur auch für klare Verhältnisse sorgen und vor schwarz-grünen Illusionen schützen.

Zur Abschreckung genügt ein Blick nach Hessen und speziell nach Frankfurt. Dort agieren die Grünen wie die Zauberlehrlinge des Großkapitals, allzeit dazu bereit, ihre Herren und Meister durch besondere Fragwürdigkeiten noch zu überbieten. Die niedersächsische Öko-Partei könnte solche Höllenzustände noch abwehren.

Offen bleibt die Reaktion der SPD. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat noch unlängst auf dem Diesel-Gipfel mit dazu beigetragen, dass die versammelten Betrüger nicht dem Staatsanwalt überantwortet wurden. Jetzt muss er, um der Schmach des konstruktiven Misstrauensvotums zu entgehen, vorzeitige Neuwahlen einleiten.
Eine solche Situation fordert dazu heraus, das ewige Durchlavieren und das Aufweichen fast aller Positionen für beendet zu erklären und endlich Politik zu machen. Politik für jene, deren Interessen zu vertreten man ständig vorgibt, die man aber genau so regelmäßig im sprichwörtlichen Regen stehen lässt. Ein Wahlkampf, der nach fast 100 Jahren die Dolchstoßlegende endlich zu dem erklärt, was sie 1918 war und 2017 ist: Nämlich der Versuch, demokratische Verhältnisse einschließlich sozialer Gerechtigkeit in allen ihren Formen zu verhindern.

Das könnte auch für den SPD-Kanzlerkandidaten Anlass sein, seine Ziele offensiv zu vertreten und nicht wie bisher mit trauriger Mimik und entschuldigender Gestik.

Ja, da ist noch die Frau, über deren Beweggründe, ihr bisheriges politische Lager zu verlassen, spekuliert wird. Auf der CDU-Pressekonferenz vermochte sie nicht zu überzeugen. Sie erinnerte an eine verlassene Ehefrau, die der Nebenbuhlerin die Augen auskratzen möchte. Offensichtlich hat sie eine Niederlage nicht verwinden können. Dass es eine politische, eine innerparteiliche war, hat den Frust offensichtlich nicht gemildert. Aber mehr ist eigentlich nicht zu sagen.
Vermutlich wird sie bald zu einer zusätzliche Erkenntnis gelangen, die als weisheitliche Erfahrung vieler Völker und Regierungen gilt und auf Julius Cäsar zurückgeführt wird: „Ich liebe den Verrat, aber ich hasse den Verräter.“

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Elke Twesten mit CDU-Landeschef Bernd Althusmann auf der Pressekonferenz © t-online