Ein Lob für die Berichterstattung des Hessischen Rundfunks über Evakuierung der Bevölkerung und Entschärfung der Luftmine, Teil 5
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nun aber erst die so gute Überlegung des Hessischen Rundfunks, weswegen die gesamte Redaktion vor der Glotze hing. Man war dort auf Füllsel zur aktuellen Berichterstattung – bringt eh wenig, die Leute nach ihrer Gefühlssituation zu fragen – vorbereitet und sendete sofort, als die Verzögerung begann, Filme aus dem alten Frankfurt, Filme aus der Kriegszeit, der Nachkriegszeit, Filme, die einen zum Weinen brachten, wie schön das alte Frankfurt gewesen war und wie entsetzlich die Zivilbevölkerung unter dem Krieg, konkret dem Bombenhagel gelitten hat. Die zerfallenen und verbrannten Häuser. Die Leichen. Die Leichen.
Von dem unterirdischen Tunnelsystem in der Altstadt von Frankfurt – die Keller waren vom Main bis zur Zeil miteinander verbunden – hatten wir schon öfter gehört. Dieses System rettete vielen Zehntausend Menschen das Leben, als oben die gesamte Altstadt zerstört wurde. In Darmstadt dagegen führten die überfüllten Keller zum Tod, weil es keine Sauerstoffzufuhr gab.
Nun gut, die Frankfurtfilme kennen viele, aber der später gesendete richtig lange Film über Kassel war uns allen neu. Wie schön war das alte Kassel! Eine reizvolle Mischung aus mittelalterlichen Fachwerkhäusern und großzügiger Residenz. Nie gewußt. Und sehr eindrucksvoll in allen Filmen die Gespräch mit den Überlebenden. Ans Herz gehend. Und so war man auf einmal mitten am 3. September 2017 im Krieg und der Nachkriegszeit.
Das galt auch für die aktuelle Berichterstattung, wo einige, die den Krieg noch erlebt hatten, so wahre Worte fanden, daß für die Fernsehzuschauer jetzt nicht mehr das Ereignis Bombenentschärfung, sondern Zweiter Weltkrieg im Mittelpunkt stand. Auf einmal war durch die Gegenwart und den Bombenfund die Vergangenheit so nah wie ganz selten.
Das hat der Hessische Rundfunk hervorragend hinbekommen und die, die am Sonntag in der Redaktion anwesend waren, haben sich den ganzen Tag mit dem Zweiten Weltkrieg und den Bombadierungen in Hessen beschäftigt. Gut, auch die weitere Entwicklung mit der Bombe wurde verfolgt.
Zeitliches Geschehen zur Bombe
Um 14.27 Uhr begann die Bombenentschärfung. Um 15.10 war der erste der drei Zünder entfernt. Dann passierte lange nichts. Zwischendurch hieß es, der zweite Zünder sei auch draußen, aber seine Sprengkapsel noch drinnen. Und die ist das Gefahrenpotential. Um 17.21 waren alle drei Zünder entfernt, aber die zwei gefährlichen Kapseln immer noch nicht. Die blieben erst einmal das Problem. Es war klar, daß die geplante Rückkehr der Evakuierten ab 18 Uhr infolge der zweieinhalbstündigen Verzögerung nicht mehr möglich sein würde.
Um 18.30 Uhr endlich ENTWARNUNG. Die Bombe ist entschärft, muß aber jetzt als entleerte Hülle noch transportsicher gemacht werden. Sie kommt nach Niedersachsen, wo sie verschrottet wird und der Sprengstoff verbrannt wird.
Um 18. 55 zieht der Frankfurter Polizeichef Gerhard Bereswill Bilanz. Er war, genauso wie der Feuerwehrchef Reinhard Ries ständig im Fernsehbild, wie auch die beiden Sprengmeister René Bennert und Dieter Schwetzler vom Kampfmittelräumdienst des Regierungspräsidiums Darmstadt, wie man auf der bedruckten Kleidung lesen konnte. Auch der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann und der Ordnungsdezernent Markus Frank überwachten die Situation und beruhigten die Bürger in den Notunterkünften.
Die Bilanz sieht gut aus und nachdem erst die Kranken, dann die Senioren in ihre Häuser gebracht wurden, kann auch die Bevölkerung wieder zu Hause einziehen.
Das ist dann nach 20 Uhr der Fall und gehtrelativ reibungslos. Die letzten Evakuierten konnten um Mitternacht ins Bett.
Ein aufregender Tag, der dank des Hessischen Rundfunks ein sinnvoller Tag in die Vergangenheit wurde. Nie wieder Krieg, war der einheitliche Tenor.
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