kpm Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt 1Die neue Frankfurter Altstadt ist die Perversion des öffentlichen Raums

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Frankfurts Oberbürgermeister freut sich auf eine völlig neu gebaute Altstadt in der Nachbarschaft von Römer und Dom. Tatsächlich bereichern diese Bauwerke jedoch die Unwirtlichkeit unserer Städte auf fragwürdigste Weise. Statt Begeisterung an den Tag zu legen oder diese zu heucheln, sollte das Stadtoberhaupt weinen, ja, laut schreien, angesichts der monumentalen Verleugnung der tatsächlichen Stadtgeschichte.

Denn dieses Areal ist ein Etikettenschwindel, es mutet an wie ein Disneyland, an dem sich Architekten mit ungeschultem Geschmack und einem auffallenden Mangel an Geschichtsbewusstsein auf dilettantische Weise versucht haben. Während die im Bombenkrieg zerstörte Frankfurter Altstadt ein Mikrokosmos der gesamten Bevölkerung war, ist die neu errichtete ein Protzquartier mit Bewohnern, auf deren Nachbarschaft niemand stolz sein kann.

Eintrittsbillett zu diesem synthetischen Bezirk ist allein reichlich vorhandenes Geld; nicht selten durch Spekulation (Übervorteilung anderer) und unverdienten Verdienst erworben. Diese Zugangskriterien passen zwar auch zu ähnlichen Bauwerken, welche die Stadt am Main allmählich veröden. Erwähnt seien das Europa-Viertel, der Westhafen oder der neue Henninger-Turm. Doch diese sozialen Entgleisungen sind weder ein Grund zum Weitermachen noch sind sie Rechtfertigungen des zu Verwerfenden. Das bloße Vorhandensein des Ungeists bedeutet keinesfalls dessen Legitimität.

Vielleicht erweist eines nicht fernen Tages Donald Trump oder einer aus seiner Sippe der Neu-Alt-Stadt die Ehre und kauft sich ein. Diese Familie wäre geradezu eine symbolbehaftete Idealbesetzung. Würde sie doch endgültig deutlich machen, an welchen Klippen Frankfurt gestrandet ist.

Um es klarzustellen: Ich habe nichts gegen seriös erworbenen Reichtum einzuwenden, also nichts gegen einen Wohlstand, der keine Opfer fordert. Ich behaupte aber, dass die künftigen Bewohner und Eigentümer das sozialverträgliche Gespür für Prosperität entweder nie besessen oder ziemlich rasch verloren haben. Auch auf dem Frankfurter Römerberg ist die Zeit für den Bau von Tempeln des Reichtums endgültig vorbei. Und das nicht nur, weil die Hälfte der Bevölkerung sich das Wohnen dort gar nicht erlauben könnte.

In einer Welt, die von tiefgreifenden sozialen Konflikten und den Folgen einer unermesslichen, von Menschen verursachten Umweltzerstörung gezeichnet ist, darf kein Platz mehr sein für die Zurschaustellung von Überheblichkeit. Vergessen wir nicht, dass auch an dem Geld, das auf dem Finanzplatz Frankfurt bewegt wird, Verzweiflung, Blut und Tod in gigantischem Ausmaß kleben. Mit jedem neuen Luxusgebäude lenken wir die Aufmerksamkeit der von der globalisierenden Wirtschaft (skriminalität) Entrechteten auf uns, auf diese Stadt. Mainhattan könnte sehr schnell zum Fluch werden.

Bekennen wir, die wir in Frankfurt leben, uns zu den vorbildlichen Traditionen dieser Stadt. Zu Ihrer Kultur, zu ihren ehrbaren Kaufleuten, zu ihren wissenschaftlichen Errungenschaften und zu ihren demokratischen Traditionen. Mit all dem lässt sich auch Geld verdienen – für alle.

Foto:
Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt
© F.B.I. Frankfurter Büro für Investigation