"Freud und die Literaten des Jungen Wien" im Sigmund Freud Museum Wien
Anna von Stillmark
Wien (Weltexpresso) - Ab 23. März erforscht das Sigmund Freud Museum in einer Sonderausstellung die Beziehung zwischen Sigmund Freud und zentralen Schriftstellern seiner Zeit: PARALLELAKTIONEN. Freud und die Literaten des Jungen Wien legt die Spuren frei, die die Psychoanalyse im Werk von Arthur Schnitzler, Karl Kraus, Hugo von Hofmannsthal und Felix Salten hinterlassen hat.
Die Beziehungen zwischen Psychoanalyse und Literatur im Wien der Jahrhundertwende können als eine Art „Parallelaktion“ gefasst werden: Obwohl der Nervenarzt Sigmund Freud und die „Nervenkünstler“ des Jungen Wien mit ihren Erkundungen der menschlichen Seele ähnliche Ziele verfolgten, sind offizielle Allianzen kaum belegt und persönliche Beziehungen eher die Ausnahme. Freuds Theorie inspirierte die Literaten jedoch maßgeblich, wie die Ausstellung anhand von ausgewählten Schriften, Werken und Briefen nachzeichnet.
Aus der Distanz verfolgte auch Freud aufmerksam das Schaffen seiner Zeitgenossen: Er berichtete Arthur Schnitzler – einem der frühesten Leser der Traumdeutung, der selbst sein Leben lang die eigenen Träume notierte – in einem Brief von 1922 von seinem langen Zögern, ihn persönlich zu kontaktieren und begründete dies mit einer „Doppelgängerscheu“. Karl Kraus wiederum ist als einer der erbittertsten Gegner Freuds in die psychoanalytische Geschichtsschreibung eingegangen. Tatsächlich belegen die Äußerungen und Aphorismen des Herausgebers der Fackel ein profundes Verständnis und eine jahrelange Wertschätzung der Lehre Freuds, bevor seine kritische Auseinandersetzung in Polemik und Angriff überging.
Hugo von Hofmannsthal teilte mit Freud die Faszination für die Antike und mythologische Figuren: Seine Bearbeitungen des Ödipus- und Elektra-Stoffes können als Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse gelesen werden. Auch Felix Salten, Autor der anonym verfassten Josefine Mutzenbacher wie auch von Bambi, dessen Artikel für die Neue Freie Presse Sigmund Freud regelmäßig las, teilte mit den psychoanalytischen AkteurInnen zentrale Themen, deren Bandbreite von der Adoleszenz bis hin zu weiblicher Sexualität reichten. In Freuds direkter Nachbarschaft wohnhaft, ist eine persönliche Bekanntschaft zwischen Salten und Freud bereits vor den belegten Treffen im Jahr 1926 wahrscheinlich.
Historische Kästen als Ausstellungsträger
Als Ausstellungsmöbel fungieren zu diesem Zweck angeschaffte historische Kästen, die so auch in den jeweiligen Wohn- bzw. Arbeitszimmern der Autoren stehen hätten können: So wird Hugo von Hofmannsthal als Besitzer von Mobiliar des 18. Jahrhunderts ein Schrank im Louis XVI-Stil gewidmet. Jedem Autor ist somit ein eigenes, seinem Stilempfinden entsprechendes Möbel zugeeignet, das biografische Informationen, Dokumente und audiovisuelle Inhalte präsentiert.
Die Sonderausstellung wird bis Jahresende gezeigt und entsteht in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie als Teil des Ausstellungsensembles „Das Junge Wien. Natur plus X“, an dem sich mehrere Institutionen aus Wien und Salzburg zwischen März 2018 und April 2019 beteiligen.
PS.: Außerhalb von Wien, außerhalb von Österreich muß man vielleicht hinzufügen, daß der Titel PARALLELAKTIONEN naturlich sofort an die PARALLELAKTION erinnert, die in Musils MANN OHNE EIGENSCHAFTEN eine Hauptrolle spielt. Dort soll die männliche Hauptfigur Ulrich an dieser Aktion teilnehmen, die zum 70. Thronjubiläum von Kaiser Franz Joseph im Jahr 1918 vorbereitet wird und die in gewisser Konkurrenz steht zum 30. Thronjubiläum des Deutschen Kaisers Wilhelms II..Wir denken, daß die Namensgebung mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist, baut doch Musil auf dem Wirken der großen Literaten rund um 1900 auf.
Foto:
Titel: links: Freud © Sigmung Freud Privatstiftung
Titel: rechts: Hugo von Hofmannsthal © ONB
In der Reihenfolge: Arthur Schnitzler, Karl Kraus, Felix Salten, alle © ONB
Info:
PARALLELAKTIONEN. Freud und die Literaten des Jungen Wien
Sonderausstellung im Sigmund Freud Museum
23. März – 31. Dezember 2018, täglich 10–18 Uhr
Eröffnung: 22. März 2018, 19 Uhr
Ort: Sigmund Freud Museum, Berggasse 19, 1090 Wien