Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) - Ungeklärt blieben auch die Umstände eines mysteriösen Verkehrsunfalls, bei dem der hessische Generalstaatsanwalt 1962 leicht verletzt und sein Fahrer getötet wurde. In der „Frankfurter Neuen Presse“ vom 4. Dezember 1962 hieß es dazu; „Der hessische Generalstaatsanwalt Dr. Fritz Bauer ist am Montag bei einem schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn im nordhessischen Bergland glimpflich davongekommen. Dr. Bauer saß in einem Wagen, der in der Nähe von Reckerode (Kreis Hersfeld) nach dem Überholen eines anderen Fahrzeugs ins Schleudern geriet, sich überschlug und in ein angrenzendes Waldstück raste.
Der Generalstaatsanwalt wurde nur geringfügig verletzt und konnte nach ambulanter Verhandlung seine Fahrt in einem Polizeiwagen fortsetzen. Der Fahrer des Unglückwagens, ein 35jähriger Mann aus Frankfurt, liegt in bedenklichem Zustand im Kreiskrankenhaus von Bad Hersfeld. Das Auto wurde völlig zertrümmert.“
Am Steuer des Dienstwagens saß Fritz Bauers Fahrer Heinz Eichwald, der wenige Tage nach dem Unfall seinen schweren Verletzungen erlag. Die „Hersfelder Zeitung“ beschrieb den Hergang am selben Tag in der gleichen Weise, fragte aber am Schluss: „Ob der Wagen die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 Stundenkilometern eingehalten hat?“ Auch andere Fragen stellten sich: Wurde der Unfall so genau untersucht? Betroffen war schließlich der oberste Ankläger eines Bundeslandes. War das Fahrzeug technisch in Ordnung? Wurden Mängel festgestellt, die darauf hindeuteten, dass sich Fremde an dem Fahrzeug zu schaffen gemacht hatten? Damals kursierten allerhand Gerüchte. Ich bat einen ehemaligen engen Mitarbeiter des hessischen Generalstaatsanwalts, den Oberstaatsanwalt a. D. Johannes Warlo, um eine Stellungnahme. Er schrieb mir am 23. August 2017:
„Der Verkehrsunfall Dr. Bauers Anfang Dezember 1962 ist mir natürlich noch in Erinnerung. Er hat damals in der Behörde selbstverständlich Aufsehen erregt, zumal der Fahrer Eichwald einige Tage nach dem Unfall an den dabei erlittenen Verletzungen verstarb. Erstaunlich war, dass der Generalstaatsanwalt kaum oder überhaupt nicht zu Schaden gekommen war und die Fahrt in einem Polizeiwagen fortsetzen und auch seinen beabsichtigten Vortrag halten konnte. Dass der Unfall durch irgendeine Fremdeinwirkung verursacht worden sein soll, ist mir damals nicht zu Ohren gekommen. Eher wurde spekuliert, ob der Fahrer – möglicherweise unter Zeitdruck stehend – zu schnell gefahren sei. Richtig ist, dass damals – es war Anfang Dezember – winterliche Straßenverhältnisse herrschten und die fragliche Strecke eine kurvenreiche Berg- und Talfahrt war, rechts und links von Wäldern gesäumt ...Über die Fahrweise Eichwalds kann ich aus eigener Kenntnis nichts sagen. Bauer hatte ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihm. Ihm war der Tod Eichwalds sehr nahe gegangen. Das hat man ihm angemerkt. Das bestätigt wohl auch die von Bauer veranlasste Todesanzeige mit dem Lied vom guten Kameraden. Dass es bei dem Unfall ‚den Falschen’ getroffen habe, das ist mir nicht zu Ohren gekommen. Dass manche so gedacht haben mögen, kann ich nicht ausschließen. Bauer hatte ja bekanntlich nicht nur Freunde.“
Die erwähnte Anzeige erschien am 12. Dezember 1962, am Tag der Beisetzung des Fahrers in der „Frankfurter Neuen Presse“. (siehe Faksimile). Sie erregte allein deswegen Aufsehen, weil sie von den drei Strophen des Liedes vom guten Kameraden beherrscht wurde, das 1809 von Ludwig Uhland verfasst und 1825 von Friedrich Silcher vertont worden ist. In der zweiten Strophe heißt es: „Eine Kugel kam geflogen, / gilt’s mir oder gilt es dir? / Ihn hat es weggerissen, / er liegt mir vor den Füßen, / als wär’s ein Stück von mir.“ Was wollte Fritz Bauer damit andeuten? Wusste er mehr als alle Anderen? Vermutete er einen Anschlag, der eigentlich ihm gegolten hatte? Wir werden es niemals erfahren.
Ich habe beim Amtsgericht in Bad Hersfeld nachgefragt, ob es Ermittlungen über den Hergang des Unfalls vom 3. Dezember 1962 gegeben habe und ob ein Schuldiger gefunden worden sei. Die freundliche Direktorin verwies mich, nicht ohne zu erwähnen, dass meine Recherche erfolgreich sein möge, an die Staatsanwaltschaft in Fulda. Deren Leitende Staatsanwältin teilte mir am 19. September 2017 mit: „Auf Ihre Anfrage vom 7. August 2017 muss ich Ihnen nach Recherche in dem hiesigen Archiv mitteilen, dass zu einem Verkehrsunfall am 3. Dezember 1962 unter Beteiligung des Dienstfahrzeuges des hessischen Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer keine Unterlagen oder Informationen mehr vorliegen. Das hessische Staatsarchiv hat auf unsere Nachfrage mitgeteilt, dass auch dort keine Unterlagen über einen Verkehrsunfall am 3. Dezember 1962 des hessischen Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer vorhanden sind, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Akten entsprechend den Aufbewahrungsbestimmungen vernichtet worden sind.“
Am Steuer des Dienstwagens saß Fritz Bauers Fahrer Heinz Eichwald, der wenige Tage nach dem Unfall seinen schweren Verletzungen erlag. Die „Hersfelder Zeitung“ beschrieb den Hergang am selben Tag in der gleichen Weise, fragte aber am Schluss: „Ob der Wagen die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 Stundenkilometern eingehalten hat?“ Auch andere Fragen stellten sich: Wurde der Unfall so genau untersucht? Betroffen war schließlich der oberste Ankläger eines Bundeslandes. War das Fahrzeug technisch in Ordnung? Wurden Mängel festgestellt, die darauf hindeuteten, dass sich Fremde an dem Fahrzeug zu schaffen gemacht hatten? Damals kursierten allerhand Gerüchte. Ich bat einen ehemaligen engen Mitarbeiter des hessischen Generalstaatsanwalts, den Oberstaatsanwalt a. D. Johannes Warlo, um eine Stellungnahme. Er schrieb mir am 23. August 2017:
„Der Verkehrsunfall Dr. Bauers Anfang Dezember 1962 ist mir natürlich noch in Erinnerung. Er hat damals in der Behörde selbstverständlich Aufsehen erregt, zumal der Fahrer Eichwald einige Tage nach dem Unfall an den dabei erlittenen Verletzungen verstarb. Erstaunlich war, dass der Generalstaatsanwalt kaum oder überhaupt nicht zu Schaden gekommen war und die Fahrt in einem Polizeiwagen fortsetzen und auch seinen beabsichtigten Vortrag halten konnte. Dass der Unfall durch irgendeine Fremdeinwirkung verursacht worden sein soll, ist mir damals nicht zu Ohren gekommen. Eher wurde spekuliert, ob der Fahrer – möglicherweise unter Zeitdruck stehend – zu schnell gefahren sei. Richtig ist, dass damals – es war Anfang Dezember – winterliche Straßenverhältnisse herrschten und die fragliche Strecke eine kurvenreiche Berg- und Talfahrt war, rechts und links von Wäldern gesäumt ...Über die Fahrweise Eichwalds kann ich aus eigener Kenntnis nichts sagen. Bauer hatte ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihm. Ihm war der Tod Eichwalds sehr nahe gegangen. Das hat man ihm angemerkt. Das bestätigt wohl auch die von Bauer veranlasste Todesanzeige mit dem Lied vom guten Kameraden. Dass es bei dem Unfall ‚den Falschen’ getroffen habe, das ist mir nicht zu Ohren gekommen. Dass manche so gedacht haben mögen, kann ich nicht ausschließen. Bauer hatte ja bekanntlich nicht nur Freunde.“
Die erwähnte Anzeige erschien am 12. Dezember 1962, am Tag der Beisetzung des Fahrers in der „Frankfurter Neuen Presse“. (siehe Faksimile). Sie erregte allein deswegen Aufsehen, weil sie von den drei Strophen des Liedes vom guten Kameraden beherrscht wurde, das 1809 von Ludwig Uhland verfasst und 1825 von Friedrich Silcher vertont worden ist. In der zweiten Strophe heißt es: „Eine Kugel kam geflogen, / gilt’s mir oder gilt es dir? / Ihn hat es weggerissen, / er liegt mir vor den Füßen, / als wär’s ein Stück von mir.“ Was wollte Fritz Bauer damit andeuten? Wusste er mehr als alle Anderen? Vermutete er einen Anschlag, der eigentlich ihm gegolten hatte? Wir werden es niemals erfahren.
Ich habe beim Amtsgericht in Bad Hersfeld nachgefragt, ob es Ermittlungen über den Hergang des Unfalls vom 3. Dezember 1962 gegeben habe und ob ein Schuldiger gefunden worden sei. Die freundliche Direktorin verwies mich, nicht ohne zu erwähnen, dass meine Recherche erfolgreich sein möge, an die Staatsanwaltschaft in Fulda. Deren Leitende Staatsanwältin teilte mir am 19. September 2017 mit: „Auf Ihre Anfrage vom 7. August 2017 muss ich Ihnen nach Recherche in dem hiesigen Archiv mitteilen, dass zu einem Verkehrsunfall am 3. Dezember 1962 unter Beteiligung des Dienstfahrzeuges des hessischen Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer keine Unterlagen oder Informationen mehr vorliegen. Das hessische Staatsarchiv hat auf unsere Nachfrage mitgeteilt, dass auch dort keine Unterlagen über einen Verkehrsunfall am 3. Dezember 1962 des hessischen Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer vorhanden sind, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Akten entsprechend den Aufbewahrungsbestimmungen vernichtet worden sind.“
Foto:
© CV Films
Info:
Kurt Nelhiebel, Einem Nestbeschmutzer zum Gedenken. Texte zum 50. Todestag von Fritz Bauer, Ossietzky Verlag
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Info:
Kurt Nelhiebel, Einem Nestbeschmutzer zum Gedenken. Texte zum 50. Todestag von Fritz Bauer, Ossietzky Verlag