orlando 100384x2161Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando widersteht dem Mainstream des Kleingeistes

Heinz Markert
 
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ein seltener Moment stellte sich unvermutet im Morgenmagazin vom Dienstag, 03.07.2018 ein; kurz, nachdem Palermos Bürgermeister und Preisträger Leoluca Orlando mit einem Preis zur Freundschaft der Völker ausgezeichnet wurde, war er im ZDF-Morgenmagazin zu Gast.
Mit Leoluca Orlando ist ein Mensch ins Studio gekommen, der sich von den kopflos-aufgeregten Vertretern des Alarmismus und der Panikmache (als inszeniertes Schauspiel in der Politik) abhebt. Ein Mensch oder ein hysterisches Kleinformat, das ist in der Politik die Frage, die die Geister scheidet. Kürzlich trat in der Sendung bei Maischberger zutage, dass Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, von jenem Typus ‚ein Mensch‘ ist, während seine Antipoden dagegen kleine Geister waren, die sich Politik als Basar der Eitelkeit und des Sprücheklopfens ausgewählt haben.
 
ZDF-Morgenmagazin: Palermo: „Hauptstadt der Menschenrechte“
 
Kommentar: „Die internationale Freizügigkeit ist ein Recht“, sagt Leoluca Orlando, der Bürgermeister von Palermo. Er kämpft gegen die Fremdenfeindlichkeit in seinem Land. „Jeder, der in Palermo lebt, ist Bürger von Palermo“.

Moderation: Dunja Hayali und Mitri Sirin
 
Mitri Sirin: „Und jetzt ist Leoluca Orlando, der Bürgermeister Palermos, bei uns. Bongiorno, Guten Morgen“.

Leoluca Orlando: „Guten Morgen“.

Dunja Hayali: „Sie sind in Deutschland, weil Sie von der deutsch-arabischen Gesellschaft mit einem Preis ausgezeichnet worden sind zur Freundschaft der Völker, das ist sicher auch eine Bestätigung Ihrer Arbeit.
Viele in Europa setzen aber gerade auf Abschottung. Wie schaffen Sie es in ihrer Stadt die Menschen auch davon zu überzeugen, dass Hilfe weiterhin wichtig ist?“.

Leoluca Orlando: „Diesen Preis zu bekommen, ist eine große Freude. Ja, ich möchte mich für diese Chance hier bedanken, denn über diesen Preis zu reden, heißt über Palermo zu reden, über den Kulturwechsel einer Stadt, die vor 40 Jahren die Hauptstadt der Mafia war und jetzt die Hauptstadt der Kultur geworden ist. Und sie versucht auch die Hauptstadt der vier Menschenrechte zu sein.

Wer sind die Migranten? Wenn Sie mich fragen, wie viele Migranten es in Palermo gibt, dann sage ich nicht 80000, 90000, 100000, ich sage: Keine.

Die, die in Palermo leben, sind Bürger von Palermo und der Bürgermeister von Palermo macht keinen Unterschied zwischen denen, die nach Palermo gekommen sind und denen, die in Palermo leben.

Es ist vielleicht eine Übertreibung - nein, es ist die Zukunft der Welt. Die internationale Freizügigkeit ist ein Recht.
Und wir haben mit der Charta von Palermo bestimmt, dass das Aufenthaltsrecht aufgehoben werden muss.
Das Aufenthaltsrecht ist eine neue, von der Sklaverei und der Todesstrafe“.

Mitri Sirin: „Herr Orlando, ich möchte nochmal auf die Situation in Italien zu sprechen kommen. Viele Leute haben Angst vor der Migration, vor Überfremdung, vor Kriminalität.
Die neue Regierung in Italien greift diese Ängste auf und spitzt sie sogar zu. Wie gehen Sie damit um?“.

Leoluca Orlando: „Habe ich die Frage richtig verstanden? Ich glaube, ich muss jetzt über Populismus sprechen, über kulturellen Populismus. 
Was ist kultureller Populismus? Wer ist denn eigentlich ein Populist?
Ein Populist ist derjenige, der denkt, dass man etwas verändern kann, ohne dass man in Konflikte gerät, und zwar sofort. 
Der Populist denkt, dass man mit Slogans und mit Tweets alles verändern kann. Aber ich denke, wir müssen heute vermeiden, dem Thema Migration mit dem Populismus der Intoleranz zu begegnen.
 
Für diejenigen, die sagen, ´jetzt und sofort´, die benutzen Slogans und ich habe die Angst, dass der Populismus eine ansteckende Krankheit wird. Auch die Parteien, die eine Vision haben sollten, gehen dieses Problem ein, ja.“
 
Dunja Hayali: „Herr Bürgermeister, ganz noch zum Schluss: Gibt es bei Ihnen keine Angst vor Überfremdung. Haben Sie keine Probleme mit Kriminalität?“.
 
Leoluca Orlando: "Ich bin Rassist. Ich bin Rassist. Ich verteidige die einzige Rasse der Menschheit, es gibt nur eine Rasse auf der Erde: die Menschheit.
 
Und diejenigen, die Unterschiede sehen, riskieren, in einen zweiten Nürnberger Prozess einzulaufen“.
 
Duja Hayali: „Harte Worte, klare Worte, von Leoluca Orlando, dem Bürgermeister von Palermo. Danke, dass Sie heute zu uns gekommen sind. Und Glückwunsch nochmal für diesen Preis“.


Kommentar:  
Leoluca Orlando ist ein Mann des Festhaltens an der Idee der Einheit der Menschheit als geschaffener Gattung. Das gehört zur Substanz unseres Wesens. Die Menschheit ist nicht teilbar, die Menschenrechte schon gar nicht. Wenn der Zusammenhalt der Menschheit zerbricht oder durch verfehlte Politik zum Ende kommt, ist das Experiment einer menschlichen Welt auf der Erde gelaufen. Von Ernst Bloch ist die Alternative erinnerlich, dass am Ende der Geschichte entweder Katastrophe oder Befreiung steht. Grund. Weil es um das Ganze geht.


Foto:
Leoluca Orlando © ZDF Morgenmagazin

Info:
Nach Moma-Magazin vom 03.07.2018, abgehört und aufgezeichnet