p verfassungsschutz und kinder 2937645Auch sonst hat der Verfassungsschutz manches verschlafen, aber Hans-Georg Maaßen sorgt sich um die AfD

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) – Für Hans-Georg Maaßen wäre die Welt anscheinend wieder in Ordnung, wenn es in Chemnitz keine Hetzjagd auf Menschen gegeben hätte. Warum ausgerechnet der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz so darauf erpicht ist, den Makel der Fremdenfeindlichkeit von den rechten Demonstranten fernzuhalten, ist schwer zu verstehen, es sei denn, man unterstellte ihm Sympathien für die AfD, die in Chemnitz Arm in Arm mit fremdenfeindlichen Pegida-Leuten auf die Straße gegangen ist, um für das zu demonstrieren, was sie für Recht und Ordnung hält. Denkbar wäre das, hat Maaßen doch die AfD nach Angaben der ehemaligen Vorsitzenden Frauke Petry klammheimlich beraten, wie sie einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz am besten entgeht.

Warum sich der Präsident einer Bundesbehörde über die Tötung eines Deutschen öffentlich so echauffiert, dass er den beiden im Zusammenhang mit dem Verbrechen festgenommenen Ausländern Mord unterstellt, ohne zu wissen, ob tatsächlich Vorsatz und Heimtücke im Spiel waren , wird vielleicht eines Tages noch herauskommen. So wie herausgekommen ist, dass der Verfasser des Standardkommentars zum Grundgesetz, Theodor Maunz, jahrelang mit einem der schlimmsten Verächter des demokratischen Rechtsstaates im Bunde war, mit dem Herausgeber des antisemitischen Hetzblattes „Deutsche Nationalzeitung“, Gerhard Frey, der sich damit gebrüstet hat, dass 500 gegen ihn eingeleitete Strafverfahren erfolglos geblieben seien.

Böcke als Gärtner hat es ja immer wieder gegeben. Was sich in und rund um Chemnitz zugetragen hat war so abstoßend, dass sich daraus eine politische Affäre selten gekannten Ausmaßes entwickelte, die gleich drei Verfassungsorgane, den Bundespräsidenten, die Bundeskanzlerin und den Bundestagspräsidenten zu Stellungnahmen veranlassten. Wann hat es da je gegeben? Offensichtlich hat die Rechtsentwicklung in Deutschland eine bestimmte Schwelle überschritten. Überrascht sein durften die Beteiligten nicht, hat doch schon Heiner Geißler, der ehemalige CDU-Generalsekretär, verzweifelt gefragt: „Was hat die Seele des deutschen Volkes so verbogen?“

Leider haben die Menschen ein kurzes Gedächtnis. Wer weiß denn noch, dass sich bereits am 12. Mai 1994 in Leipzig eine Menschenjagd abgespielt hat? Unter der Überschrift „Hatz auf Ausländer in Magdeburg“ heißt es dazu in der „Chronik des Jahrhunderts“: „Am Himmelfahrtstag machen rund 60 rechtsradikale Jugendliche in der Innenstadt vor den Augen von Passanten und Ausflüglern Jagd auf eine Gruppe Schwarzafrikaner. Neben dem Entsetzen über die neuen ausländerfeindlichen Gewalttaten äußern Politiker und Medien vor allem am zögerlichen Verhalten der Polizei Kritik. Die randalierenden Jugendlichen greifen außerdem türkische Mitarbeiter einer Imbissgaststätte an, die sich mit Messern zur Wehr setzen. Monatelang halten Ermittlungen gegen Polizeibeamte an: Augenzeugen werfen ihnen vor, den Gewalttätern mit offener Sympathie begegnet zu sein.“

Dass auch Deutsche Opfer von Neonazis und anderen verbohrten Leuten werden können, zeigte 2012 ein Vorfall in dem 700 Einwohner zählenden Dorf Insel bei Stendal, wo zwei zugezogene frühere Sexualstraftäter eine örtliche Bürgerinitiative auf den Plan riefen. Gemeinsam mit Neonazis von außerhalb versuchten Anwohner, so die Tageszeitung „Junge Welt“ vom 5. Juni 20012, das Wohnhaus der beiden zu stürmen. Die Polizei nannte das Vorgehen der Beteiligten aggressiv. Die NPD kündigte eine eigene Kundgebung an. Ein Vertreter des Vereins „Miteinander“ sprach von einem „Akt der Selbstjustiz, der an Szenen einer Menschenjagd erinnert“. Es sei gefährlich, dass die Organisatoren der Demonstrationen gemeinsame Sache mit den Neonazis machten. Gefahr gehe nicht von den beiden neuen Einwohnern aus, sondern von den Bürgern, die sich nicht mehr an demokratische Spielregeln halten wollten.

Im Januar 2016 kam es in Leipzig-Connewitz zu Ausschreitungen, an denen laut Staatsanwaltschaft mehr als 200 Vermummte beteiligt waren. Sie warfen mit Pflastersteinen die Schaufensterscheiben von Geschäften ein und zündeten Pyrotechnik. Sachsens SPD-Generalsekretärin Daniela Kolbe wie darauf hin, dass die Rechtsextremisten im Vorfeld bundesweit mobilisiert hätten. Scharfe Kritik übte sie an den Behörden. Laut Focus-Online sagte sie: „Wie kann es sein, dass ein Mob von 250 gewaltbereiten Nazis Connewitz zerstört, ohne dass der Verfassungsschutz vor dieser rechten Gefahr warnt.“

Und wo war der Verfassungsschutz in Chemnitz?

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