WB hebraischIsaac Herzog in Tel Aviv

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Bei seinem ersten Auftritt als Vorsitzender der Jewish Agency (JA) an der Generalversammlung der nordamerikanischen jüdischen Föderationen sprach Isaac Herzog diese Woche in Tel Aviv nicht nur von der «existentiellen Krise» der Beziehungen der beiden weltweit grössten jüdischen Gemeinden (in Israel und den USA), sondern auch von seiner Vision von einer «neuen Einheit» für das jüdische Volk.

«Diese neue Einheit kann nicht die Einheit sein, von der wir in der Vergangenheit so oft gesprochen haben», rief Herzog aus. «Wir können nicht länger behaupten, alle gleich zu sein. Wir sind es nicht. Wir können nicht länger behaupten, dass es zwischen uns keine wesentlichen Differenzen gäbe. Es gibt sie. Wir können uns nicht erzählen, dass wir alle Engel seien. Wir sind es nicht. Und wir können unseren Kindern nicht vormachen, dass wir keine Fehler hätten. Wir haben sie. Was wir hingegen können und tun müssen, ist, für unser Volk ein neues Ethos der pluralistischen Union zu schaffen.»

Eine Vision allein, so fuhr Herzog fort, sei jedoch nicht genügend, und es sei an der Zeit, unverzüglich zur Tat zu schreiten.­ Der JA-Chef beabsichtige, als ersten Schritt von der israelischen Regierung eine Subventionierung von Hebräischkursen für Juden im Ausland zu fordern. Dies aus dem Glauben heraus, dass Juden in Israel und im Ausland besser miteinander kommunizieren können, wenn sie eine gemeinsame Sprache sprechen. «Von hier aus wird es das Geburtsrecht eines jeden jungen Juden sein, egal wo er oder sie leben mag, nicht nur die historische Heimat zu besuchen, sondern auch die Sprache des jüdischen Volkes zu erlernen. Hebräisch kann zum gemeinsamen Nenner aller Juden aus allen Strömungen werden.»

Staatspräsident Reuven Rivlin seinerseits rief vor den über 2000 Delegierten dazu auf, ein «umgekehrtes Taglit-Birthright-Programm» zu schaffen, das jungen Israeli helfen würde, sich mit jüdischen­ Gemeinden im Ausland anzufreunden. «Wir müssen die Darstellung der israelischen Wirklichkeit in ihren Schulen, Jugendlagern­ und Gemeinden verstärken.» Unter Bezugnahme auf den Titel der Versammlung («Wir müssen reden») meinte Rivlin, er könne dem voll zustimmen. «Wir müssen reden, und wir müssen zuhören. Wir sind keine strategischen Alliierten, sondern eine Familie, eine einzige grosse Familie. Wir haben nicht nur gemeinsame Interessen, wir haben einen gemeinsamen Glauben, eine gemeinsame Geschichte und eine sehr helle Zukunft. Vielleicht ist es nicht leicht, eine wirklich ehrliche Konversation zu führen, doch genau das ist es, was wir brauchen.» Eindrucksvolle Worte, gesprochen von israelischen Aktivisten aus der Erkenntnis einer nicht befriedigenden Gegenwart heraus und in der Hoffnung auf eine bessere, lebenswertere Zukunft. Was nun folgen muss, sind Taten. Und zwar ohne Verzug.

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Der Fernkurs Hebräisch für Anfänger
© fernstudium-finden.de

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 29. Oktober 2018