9. November 2018 | 1. Kislev 5779 in Frankfurt
Eric Fischling
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Am 9. November 2018 jährt sich die Pogromnacht zum 80. Mal. Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main nimmt dies zum Anlass für eine besondere Veranstaltungsreihe. Ein über die übliche Gedenkstunde hinausgehendes Rahmenprogramm richtet sich an die gesamte Stadtgesellschaft, insbesondere auch an Jugendliche, und findet im Stadtbild Präsenz.
Alle Frankfurter Bürger zur Gedenkstunde eingeladen und der Hessischer Ministerpräsident Volker Bouffier spricht.
Erstmals werden alle Frankfurterinnen und Frankfurter eingeladen, an der Gedenkstunde in der Westend-Synagoge teilzunehmen, auch um ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und für eine demokratische und liberale Gesellschaft zu setzen. Wegen des Schabbat-Tags wird die Gedenkstunde bereits am Vortag, am Donnerstag, 8. November 2018, um 18.30 Uhr, stattfinden. Neben Prof. Dr. Salomon Korn, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, sprechen der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann.
Hass und Menschenverachtung nehmen zu
Prof. Dr. Salomon Korn mahnt: „Den Opfern der Pogromnacht und der Schoah wollen wir gedenken, die Erinnerung an sie und ihre Schicksale wachhalten und den Tag als Mahnung verstehen, solches Unrecht nie wieder zuzulassen. Die Ereignisse des Jahres 1938 wirken bis in unsere Gegenwart nach, und der Antisemitismus von einst bricht sich im Heute erneut Bahn.“
Das Gedenken am 9. November ist im Zeitlauf überlagert von einer Vielzahl historischer Ereignisse der deutschen Geschichte. Der traumatische Übergang von der Diskriminierungs- und Ausgrenzungspolitik des NS-Regimes zur systematischen Verfolgung der Juden Deutschlands und der Schoah an den europäischen Juden, gerät dabei zunehmend aus dem Blick. Die über 1.400 brennenden Synagogen, die zwischen 1.300 und 1.500 Ermordeten und 30.000 an diesem Tag in Konzentrationslager verschleppten Juden dürfen nicht vergessen werden. Umso mehr da die jüdische Gemeinschaft mit Sorge die Entwicklungen der vergangenen Jahre und Monate verfolgt. Angriffe gegen Juden aber auch gegen andere Minderheiten, Hass und Menschenverachtung nehmen zu.
Ausstellungsreihe 80 Jahre Pogromnacht
Vortrag: Bernard-Henri Lévy – Montag, 12. November 2018 – Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum, 19 Uhr
Publizist und Filmemacher Bernard-Henri Lévy, einer der bekanntesten und wichtigsten Philosophen Europas, spricht in seinem Vortrag „Remembering the Shoah“ über die Erinnerung in der Post-Zeitzeugen-Ära. Lévy wird seine Gedanken und Thesen zu Veränderungen in der Form des Erinnerns nach dem Verstummen der Zeitzeugen darlegen und Handlungen formulieren.
Vortrag/Film: „Der Attentäter“ – Film über Herschel Grynszpan – Sonntag, 4. November 2018 – Kino Orfeos Erben, 11 Uhr
Filmemacher Michel Bergmann („Es war einmal in Deutschland“) zeichnet die Wege von Herschel Grynszpan nach, der in Frankfurt an einer jüdischen Religionsschule lernte, bevor er über Brüssel nach Paris floh und dort untertauchte. Im Anschluss ist exklusiv der von Bergmann produzierte Film „Der Attentäter“ zu sehen.
Ausstellung: „Ein Denkmal guter Taten. Träume und Hoffnungen von Kindern während des Holocaust“, I. E. Lichtigfeld-Schule, bis 30. November 2018
Die von der Gedenkstätte Yad Vashem kuratierte Schau basiert auf der Idee eines leeren Klassenzimmers, in dem auf Schultafeln die Geschichten von Kindern erzählt werden. Zeichnungen, Gedichte, Tagebücher und selbsterfundene Geschichten erwecken den Eindruck, als würden die Kinder sehr bald zurückkehren. Schulklassen sind eingeladen, die Ausstellung mit pädagogischer Begleitung zu besuchen.
Preisgekröntes Jugend-Theater: „remembeRING. Besser ist, wenn Du nix weißt.“, Donnerstag, 8. November 2018, Ignatz Bubis-Gemeindezentrum, 10 Uhr
Schauspielerin und Theatermacherin Liora Hilb erzählt die Geschichte ihrer eigenen Familie.
Erinnerungsspaziergänge: Auf den Spuren des 9. November 1938 im Frankfurter Ostend“ und „Im Gehen Erinnern!“, Freitag, 9. November 2018, jeweils 13.30 Uhr sowie 15.30 Uhr
Zwei neue, vom Jüdischen Museum entwickelte, historische Rundgänge durch das Ostend und ein Gedenkweg durch die Stadt, organisiert von den Kirchen, der JVHS und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Öffentliches Erinnern: Mahnsäulen, Kreuzung Adickesallee/Eschersheimer Landstraße und Bockenheimer Warte, 2. bis 12. November 2018
Foto:
Abb. 1: Jean Christophe Marmara Figaroscope
Info:
www jg-ffm.de
Über die Jüdische Gemeinde Frankfurt/M:
Seit ihrer Neugründung im Jahr 1947 ist die Jüdische Gemeinde kulturell und gesellschaftlich fest in der Stadt Frankfurt am Main verankert. Die Jüdische Gemeinde Frankfurt zählt zu den vier größten Jüdischen Gemeinden Deutschlands. Ihren knapp 6.500 Mitgliedern bietet sie alles, was für das moderne jüdische Leben nötig ist: Sie unterhält ein Gemeindezentrum, in dem sich auch ein koscheres Restaurant befindet, zwei Kindergärten, Krippen, eine Kindertagesstätte, die I. E. Lichtigfeld-Schule, eine eigene Sozialabteilung, sowie ein Jugend- und ein Altenzentrum mit Tagespflege und einer Altenwohnanlage.
Das vollständiges Programm finden Sie unter www.jg-ffm.de https://jg-ffm.de/mandanten/1/images/termine-neues/80%20Jahre%20Pogromnacht_DIN_A4_final.pdf
Karten für den Vortrag von Bernard-Henri Lévy sind online erhältlich: www.jg-ffm.de/karten (10 € / ermäßigt 7 €).