Neue Ideen für eine bewohnbare und sozial gerechtere Stadt
Notker Blechner
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Über neue Wege gegen die Wohnungsnot in den Großstädten diskutierten Stadtplaner aus ganz Deutschland drei Tage lang in Frankfurt.
Kommt er? Kommt er nicht? Er kam nicht. Horst Seehofer war zwar für eine Rede und Podiumsdiskussion angekündigt, sagte dann aber doch ab. Der Bundesinnenminister hatte Wichtigeres zu tun - die große Politik in Berlin.
Seehofer kam nicht
So warteten die gut 1.000 in Frankfurt versammelten Stadtplaner, Bürgermeister und Immobilien-Vertreter vergeblich auf die erste Grundsatzrede des Heimatministers zur künftigen Wohnungs- und Baupolitik. Statt Seehofer kam Staatssekretär Marco Wanderwitz (CDU). Der CDU-Politiker versprach neue Wege zur Erschließung von Bauland und zur Beschleunigung der Bebauungsverfahren.
Auf dem Wohnungsbau-Gipfel kurze Zeit später in Berlin beschlossen die Minister dann auch Maßnahmen, damit mehr und schneller gebaut werden kann. Die Genehmigungen sollen vereinfacht, das Bauplanungsrecht vereinfacht werden – wie zum Beispiel bei den Anforderungen an einen Dachgeschossausbau oder an die Bebauung von Brachflächen in Innenstädten. Serielles und modulares Bauen sollen forciert werden. Bund und Länder wollen den Kommunen mehr öffentliche Liegenschaften für den Sozialwohnungsbau zur Verfügung stellen. Durch das Maßnahmenpaket sollen bis zum Ende der Legislaturperiode 100.000 zusätzliche Sozialwohnungen entstehen.
Mike Josef fordert eine andere Bodenpolitik
Vielen der Stadt- und Regionalplaner ging das alles nicht weit genug. Manche von ihnen forderten im Vorfeld des "Wohngipfels" mehr Maßnahmen zur Förderung von günstigen Wohnungen und gegen die Wohnungsspekulation. Frankfurts Planungsdezernent Mike Josef (SPD) plädierte für eine neue Bodenpolitik. Zum Beispiel müsse es baurechtlich möglich sein, auch in Gebieten, in denen es keinen Bebauungsplan gibt, soziale Belange durchzusetzen.
Der Deutsche Städtetag setzte sich in Frankfurt für die Schaffung eines Wohnbauland- und Erschließungsfonds durch den Bund ein. Mithilfe des Fonds sollten Kommunen Geld bekommen, um Grundstücke zu kaufen und zu erschließen.
Vorzeigeprojekte in der gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung
Dass sich schon jetzt einiges in die richtige Richtung bewegt, demonstrierten die Stadt- und Regionalplaner in Workshops. So wurden gemeinwohlorientierte Entwicklungsprojekte präsentiert, in denen die Mietpreise der Wohnungen nicht explodierten. Ein besonderes Erfolgsprojekt ist die Revitalisierung der alten Samtweberei in Krefeld. Dort übernahm die Stadt ein Grundstück in Erbpacht ohne Bodenwert. "Wir haben bei diesem Projekt 3.000 m2 öffentlichen Raum geschaffen", erklärte Henry Beierlorzer bei seinem Vortrag.
Weitere positive Beispiele, die vorgestellt wurden, waren das ExRotaprint in Berlin, das Mietshäuser Syndikat in Freiburg sowie das Projekt Utopiastadt in Wuppertal. Auch im Bereich der Revitalisierung von Innenstädten und der Smart Cities zeigten Bürgermeister und Stadtplaner gelungene Praxisbeispiele.
Von der neuen Frankfurter Altstadt in die Offenbacher Kreativstadt
Praktischen Anschauungsunterricht für städtebauliche Erfolgsprojekte gab's bei den Exkursionen in und rund um Frankfurt. Die Stadtplaner konnten zum Beispiel die neue Altstadt, den neuen Stadtteil Riedberg und das Konversionsgebiet Europaviertel erkunden. Um aktivierende Stadtentwicklung ging es beim Ausflug in die Kreativstadt Offenbach...
Doch bei all den schönen Beispielen: Ob die Stadtplaner letztlich mehr billigen Wohnraum schaffen können, bleibt fraglich. Sie stehen oft im Konflikt mit den Wirtschaftsförderern und Investoren, die an rentablen Immobilien interessiert sind. Der Kongress in Frankfurt hat diese Interessenskonflikte nicht verwischen können.
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© Bundesbauministerium
Info:
Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2018/09/12-bundeskongress-nationale-stadtentwicklung.html