p israelDeutscher Israel Kongreß, Frankfurt 25. November, Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Der Kongreß sieht sich als bunte, multikulturelle Plattform für ein deutsch-israelisches Miteinander“, heißt es in der Einladung und so wurde der Sonntag im Congress Center der Frankfurter Messe auch. Es fing politisch an und endete auch so, aber dazwischen gab es viel Volk, viel Verständigung, viel Information, viel Musik (!) und vor allem herrliche Datteln und Halva.

Wer nicht weiß, was Halva ist und es nicht ißt, bleibt schlanker, das nur vorneweg. Es war ein guter Tag mit vielen Argumenten und natürlich gab es im Auditorium, dem großen Saal, in dem eine Podiumsdiskussion nach der anderen ablief, immer dann besonders viel Beifall, wenn die Unterstützung Deutschlands für israelische Belange besonders betont wurde. ‚Natürlich‘ deshalb, weil zu einem Israelkongreß vorwiegend diejenigen kommen, die für eine starke Unterstützung Israels eintreten, wobei die Gemengelage dann schwierig wird, wenn Israel mit gegenwärtiger israelischer Politik gleichgesetzt wird. Dazu noch später mehr.

Grundsätzlich sind alle angesprochen, mit dem Kauf einer Eintrittskarte kann auch jeder dabei sein, diejenigen, die in den vielen Veranstaltungen den Kongreß inhaltlich tragen, sind politisch Interessierte, Wissenschaftler, Politiker, Netzwerker zwischen Politik und Wirtschaft, Unternehmer, aber eben auch die vielen Aussteller, die den Kongreß in den Foyers und in einem großen Raum im 2. Stock in eine Israelmesse verwandeln. Es war ein derartiges Gedränge, daß man von vielen hundert, ja mehreren tausend Besuchern sprechen kann.

Los ging es mit den Grußbotschaften per Video, aus Berlin von der Kanzlerin Angela Merkel und aus Israel vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie dem Staatspräsidenten Reuven Rivlin. Aber persönlich anwesend war der israelische Sicherheitsminister Gilad Erdan. Und er legte dem Kongreß gleich ein Ei ins Nest, genauer: ins Nest der Bundesregierung. Klipp und klar forderte Erdan, daß sich die Bundesregierung nicht nur dem amerikanischen Boykott gegen den Iran anschließen und damit das Einfrieren aller Handelsbeziehungen vollziehen soll, und nicht nur das. Er forderte von Deutschland darüber hinaus, sich in Europa für den Generalboykott gegenüber dem Iran einzusetzen, was insofern Harakiri bedeutet, weil ja die EU lautstark und wiederholt betont hat, daß sie keinen Boykott mittrage, das für die falsche Politik halte. Diese Frage durchzog so manche Diskussion am Tage, denn das wirklich Bewundernswerte an dieser Veranstaltung war, daß man sich hätte zigfach vervielfältigen müssen, hätte man nur an einem Bruchteil der angebotenen Veranstaltungen in den vielen Räumen des Congress Centers teilnehmen wollen.

Wir hatten im Auditorium genug zu tun. Das übersichtliche Programmheft listete auf sieben (!) Seiten allein die Reden, Begrüßungen, Vorträge, Diskussionen auf, die hier tagsüber stattfanden; hinzukam der Raum 1, der „politische Raum“, Raum 2, der „für den Aufbau von Geschäftsbeziehungen und ihrer Vernetzung“, Raum 3 als „Geburtsraum, also eine Art Kreißsaal“, Raum 4 , ein„Jerusalem Raum“, Raum 5, der „deutsch-israelischen Raum“, Raum 6, der „kurdische Raum“ (den eingeladenen Kurden war allerdings laut Angabe der protestierenden Veranstalter die Einreise nach Deutschland von deutschen Behörden versagt worden!) und im Raum 7 ein „NGO Netzwerkraum“ , sieben Räume also, wo ab vormittags je eine Diskussionsrunde nach der anderen ablief, mit spannenden Themen und einer Vielzahl von Sachkundigen, mehrheitlich in Englisch, teilweise auch auf Deutsch.

Doch, das hatte was, die Vielzahl an Diskussionsmöglichkeiten, die allerdings immer dann Lautstärke einbüßten, wenn nicht so genehme Meinungen vertreten wurden. Das konnte man im Auditorium gut verfolgen. Denn einige Redner erhielten überhaupt keinen Beifall, wenn aber eine besonders israelfreundliche Forderung erhoben wurde, gab es lauten Beifall. Wie gesagt, eine Selbstverständlichkeit, bei einem Pro-Israel Kongreß, wobei man das auch noch einmal genauer definieren müßte. Denn natürlich bin auch ich, pro Israel, wenn damit der Staat und seine Existenzberechtigung gemeint ist. Und zwar zu hundert Prozent. Das Problem, das sich auch an diesem Tag durch die Diskussionen zog, ist, wo es nicht um den Staat Israel geht, sondern um die Politik der gegenwärtigen Regierung, will sagen, wie man das eine von dem anderen abgrenzt.

Der lauthals geäußerten Meinung, das sei dasselbe, muß man widersprechen. Und man darf auch eine andere Meinung haben zu den Forderungen des Frankfurter Bürgermeisters Uwe Becker, Deutschland und das gesamte Europa müsse Jerusalem als Hauptstadt Israels umgehend anerkennen. Uwe Becker bekam für seine stetige Unterstützung Israels am Spätnachmittag einen Preis, zu Recht. Er hat maßgeblich die Position der Stadt Frankfurt in Bezug auf die PDS-Bewegung – Erklärung unten - formuliert und durchgesetzt. Diese will so lange einen Boykott israelischer Waren national und international erreichen, bis in Israel die Gleichberechtigung von Juden und Palästinensern einschließlich der Staatsverfassung erreicht sei.

Eine schwierige Sache und sicher sollten die Deutschen hier nicht unbedingt die Wortführer sein. Allerdings muß man sich die Gleichsetzung, die sofort viel Beifall findet und auf dem Kongreß am stärksten beklatscht wurde, mit der nationalsozialistischen Parole, - ach was Parole, daraus wurde ja bitterer Ernst: - „Kauft nicht bei Juden“ genauer ansehen. Für jemanden wie mich erinnern die PDS-Forderungen viel eher an den Boykott südafrikanischer Waren zu Zeiten der Apartheid, denn hier geht um die Politik eines Staates und nicht um die Ausgrenzung und Vernichtung der eigenen Bevölkerung, wie unter den Nazis millionenfach geschehen, aber wie gesagt, die Deutschen sollten sich hier eher zurückhalten.

Anders sieht es aus mit der Forderung nach mehr Partnerschaften zwischen deutschen und israelischen Schulen, die der amtierende hessische Kultusminister Alexander Lorz, einer der Grußredner, erhob. Da allerdings fragt man sich, warum er das nicht längst massenhaft in seiner Amtsperiode in Gang gesetzt hat. Auch der Botschafter Israels, Jeremy Issacharoff, der zusammen mit dem gerade wiedergewählten Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Schirmherr des Kongresses ist, will mehr Zusammenarbeit und findet man solle die Bereiche, in denen das möglich ist, ausweiten und ausbauen.

Noch ein Wort zum Veranstalter. „I like Israel“, abgekürzt ILI, ist durch die Initiative von Sacha Stawski entstanden, der den Verein auch vertritt und wie man einem Faltblatt entnimmt, ursprünglich gegründet wurde, um den seit 2003 begangenen Israel-Tag – Erinnerung an die Staatsgründung am 14. Mai 1948 – überall zu verbreiten. Seit 2010 kam dann der Israel Kongreß dazu, der in diesem Jahr das vierte Mal in Frankfurt begangen wurde, nachdem die letzte Veranstaltung in Berlin nicht die Erwartungen erfüllte. Wenn Bürgermeister Uwe Becker jetzt mehrmals wiederholte, daß es keine israelfreundlichere Stadt gebe als Frankfurt, ist daran was dran.

p ilimusikP.S. I: Die für uns tollste Idee war der Pausenfüller durch die Musikgruppe Roman Kuperschmidt. Eine richtige kleine Kapelle, eine gute Sängerin, bekannte und unbekannte Stücke, einfach schwungvoll und ein musikalischer Genuß.

P.S.II:  Im Folgeartikel wird PDS folgendermaßen erklärt: Abkürzung für Boycott, Divestment and Sanctions und Boykott und Sanktionen sowie Desinvestitionen bedeutet, eine politische transnationale Kampagne, die den Staat Israel isolieren will und zwar wirtschaftlich, kulturell und politisch, um folgende Ziele durchzusetzen: Israel muß die Besetzung und Besiedelung ‚allen arabischen Landes‘ aufgeben, seinen arabisch-palästinensischen Bürgern volle Gleichberechtigung geben und palästinensischen Flüchtlingen und deren Nachkommen die Rückkehr in die frühere Heimat ermöglichen sowie Eigentum erstatten.

FORTSETZUNG FOLGT

Fotos:
©  Daniel Hofmann

Info:
www.i-like-israel.de
www.israelkongress.de