Hans Weißhaar
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Hillel Neuer, Geschäftsführer von UN Watch, referierte nach den schönen Klängen der Musikgruppe Roman Kuperschmidt eine Viertelstunde lang seine Überlegungen zu ‚Herausforderungen des Einsatzes für Menschenrechte in internationalen Organisationen‘, womit sich eine gute Dreiviertelstunde über vier Podiumsteilnehmer unter der Moderation von Melody Sucharewicz mit den entsprechenden Möglichkeiten für Israel auf internationalem Parkett beschäftigten.
Schnell konzentrierte sich die Diskussion auf den Antisemitismus, hier den versteckten Antisemitismus, auch sekundärer Antisemitismus genannt, für den als Beispiel genannt wurde: „Die Juden brauchen sich nicht zu wundern, wenn man ansieht, was sie mit den Palästinensern machen.“ Das klingt so pauschal, wie es gemeint ist, und muß natürlich differenziert ausgedrückt werden, will man daraus eine politische Aussage konkretisieren, mit der man sich ebenfalls differenziert auseinandersetzen kann. Besonders angesprochen wurde in dieser Diskussion Felix Klein, der „Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen den Antisemitismus“ ist und folgende Daten weitergab: 30 Prozent der Deutschen haben eine Meinung zu Israel, 60-70 Prozent äußern keine Meinung. Wenn man konkret weiterfragt, wollen 70 Prozent Kontakt zu Israel haben, was übrigens auch für die arabische Welt gilt, in der 50 Prozent sich für Kontakte zu Israel aussprechen und 30-50 Prozent konkrete staatliche Beziehungen wünschen.
Noam Katz vom Außenministerium in Israel interpretiert diese Zahlen und meint, daß nur Ägypten und Jordanien Probleme bereiten. Daß Antisemitismus und Antiisraelismus kaum zu trennen seien, vermutet die Moderatorin, und befragt Felix Klein, wie er mit „diesen siamesischen Zwillingen“ umgehe. Der geht vor allem auf Auswüchse im Internet ein, wo das Netz voller Haß gegen Israel töne. Und obwohl gesetzlich Haßtiraden verboten sind, werde die Gesetzesvorgabe von den Internetanbietern nicht entsprechend genutzt. Außerdem sei alles zu langsam. Er will mit dem Justizministerium in Berlin darüber sprechen, wie man die vorhandenen Gesetze besser, eben auch schneller nutzen könne.
Und dann geht es um PDS, was die Abkürzung für Boycott, Divestment and Sanctions ist und Boykott und Sanktionen sowie Desinvestitionen bedeutet, eine politische transnationale Kampagne, die den Staat Israel isolieren will und zwar wirtschaftlich, kulturell und politisch, um folgende Ziele durchzusetzen: Israel muß die Besetzung und Besiedelung ‚allen arabischen Landes‘ aufgeben, seinen arabisch-palästinensischen Bürgern volle Gleichberechtigung geben und palästinensischen Flüchtlingen und deren Nachkommen die Rückkehr in die frühere Heimat ermöglichen sowie Eigentum erstatten.
Klein betonte, die Kampagne PDS sei hochaggressiv und bedeute das Ende des Staates Israel. Er sieht sich in der Pflicht, die deutsche Öffentlichkeit und auch die Ministerien deutlicher aufzuklären. Weiterhin führte er aus - und wagte sich damit in sehr luftige, ungewisse Sphären - , daß Israelkritik auch Absage an die Moderne sei und Absage an den Westen. Darauf muß man ihn ein andermal ansprechen, denn hier tat es keiner, seine Aussage wurde beklatscht und eine Diskussion mit dem Publikum war nicht vorgesehen, was man angesichts der Zuhörermenge verstehen kann. Weiter sagte Klein: Das Wichtige sei zu markieren, ab wann Kritik an Israel eine rote Linie überschreite.
Weiterhin wurde darüber diskutiert, daß – aber nicht warum? - in Deutschland die Israelberichterstattung alle andere Länderberichte übertreffe. Daß ein Begriff wie ‚jüdische Siedlungen‘ eine übermäßige Betonung im deutschen Fernsehen genieße und Juden für alles mögliche verantwortlich gemacht würden. Großer, sehr großer Beifall.
Die Moderatorin beendete das Gespräch mit einem Zitat von Ben Gurion: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“
Da die angekündigte Videokonferenz mit Abdelhammeed Hakeem nicht zustandekam, überhaupt keine Verbindung möglich war, gab Hillel Neuer erneut ein Statement ab zu den UN-Resolutionen, die regelmäßig Israel wegen der Benachteiligung von Palästinensern rügen, und kritisierte in diesem Zusammenhang sehr deutlich Außenminister Heiko Maas. Starker Beifall. In der anschließenden Podiumsdiskussion begann es mit einer Verteidigung einer weiteren engen Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien. Hintergrund ist die Ermordung des saudischen Kritikers Khashoggi im Konsulat von Saudi-Arabien in Istanbul, die dem Kronprinzen und weiteren offiziellen staatlichen Stellen angelastet, zu einer diplomatischen Distanz zu Saudi-Arabien führt, was von den Rednern aber als Gefahr angesehen wird, den Kampf gegen den Iran zu gefährden.
Denn im Iran, das heißt, an der gegenwärtigen Führung, sehen alle den entscheidenden Feind Israels. Das betont zuerst der Moderator Nir Boms, dann der deutsche Politikwissenschaftler und Publizist Matthias Küntzel. Er will unbedingt Saudi-Arabien als Förderer Israels und als Hauptfeind des Iran stärken. Dagegen sei, das sagt er hier am Podium und schreibt es auch in Weltexpresso, daß der Iran des Teufels sei und die Vernichtung Israels zum Staatsziel mache. Großer, sehr großer Beifall.
Kobi Hubermann, IRI-Israel Regional Initiative, entschuldigt sich für seinen Optimismus, den er in der regionalen Zusammenarbeit aller sieht. Die großen Lösungen seien im Moment politisch nicht durchsetzbar, da ging es um bilateral und triangular..., aber in den Regionen arbeiteten sie hervorragend zusammen und die Europäer hätten noch nicht verstanden, daß hier die neuen Lösungswege lägen. Der Moderator wies daraufhin, daß sowieso die demographische Entwicklung eine neue Situation bringe: Im Nahen Osten gäbe es derzeit 350 000 Kinder, die im Nu auf 450 000 anwüchsen, was bedeutet, daß man sich in absehbarer Zukunft mit 100 000 arbeitslosen Jugendlichen auseinandersetzen müsse...
Michael Borchard von der Konrad Adenauer Stiftung wurde befragt, wie Konrad Adenauer, würde er noch leben, heute zu Israel stünde. Das sei keine Frage, antwortete dieser, denn Adenauer sei ein rheinischer, katholischer Zionist gewesen. Er sieht steigende Sympathien für arabische Friedensinitiativen und verweist als Rollenmodell für eine andere israelische Politik auf die Politik der SPD in den Siebziger Jahren gegenüber der Sowjetunion, die im Kalten Krieg mit „Wandel durch Annäherung“ und einer „Politik der kleinen Schritte“ tatsächlich einen Wandel eingeleitet habe.
Auch diese Diskussionsrunde ging mit einem Politikerzitat zu Ende. Herzl letzte Worte seien gewesen: „Macht keinen Unsinn, wenn ich weg bin.“ Wir haben das nachgeschaut. Es stimmt. Fast. Theodor Herzl sagte: "Macht keinen Unsinn, während ich tot bin!"
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Fotos:
© Daniel Hofmann
Info:
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