p Israel non integral Palestinian territories hatched administrative divisions de colored.svgZu den Wahlen am 9. April in Israel

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Das altbekannte Sprichwort «aussen fix, innen nix» lässt sich auch auf den derzeit laufenden israelischen Wahlkampf anwenden, auf die Performance, die Premier- und Aussenminister sowie Likud-Chef Binyamin Netanyahu bisher geliefert hat und wahrscheinlich bis zum Stichdatum vom 9. April noch liefern wird. «Aussen fix» bezieht sich in diesem Fall auf Netanyahus Leistungen auf der internationalen Szene, «innen nix» dagegen auf sein Auftreten an der innerisraelischen Heimfront. Das endgültige Fazit bleibt dem israelischen Wählervolk überlassen.

In zwei außenpolitischen Bereichen müssen auch für gewöhnlich Netanyahu gegenüber kritisch eingestellte Beobachter dem Premier auf den ersten Blick sachdienliches Wirken zugestehen. Etwa in den diplomatischen Avancen in Afrika (vgl. S. 20) und in der Verteidigung seiner standfesten Haltung gegen die militärische Präsenz Teherans in Syrien. Beachtenswert ist hier sicher die Verteidigung der Position auch gegen etwaige Moskauer Missbilligungen. Die Frage ist nur, wie lange die Russen sich auf verbale Kritik an der eigenständigen israelischen Politik im Norden beschränken werden. Zusammengefasst kann Ne­tanyahu außenpolitisch mit einer recht guten Note bedacht werden. Das heisst noch lange nicht, dass der Regierungschef deswegen völlig frei ist vom Verdacht, die internationale Bühne zu Entscheidungen zu missbrauchen, die das Wahlergebnis vom 9. April zugunsten seiner Rechtskoalition beeinflussen würde.

Wie steht es nun aber um Netanyahus innenpolitisches des Wirken der letzten Monate? Die laufenden Korruptionsuntersuchungen gegen den Premier und das bevorstehende Verdikt von Generalstaatsanwalt Mandelblit, Netanyahu anzuklagen oder nicht, kann bedrohlich werden. Mandelblit dürfte die Katze bis spätestens Mitte Februar aus dem Sack lassen. Vorerst unbestätigten, sich aber konsistent in die gleiche Richtung bewegenden Indiskretionen zufolge hat Mandelblit bereits weitgehend beschlossen, Anklage zu erheben. Um Netanyahu im Rahmen der geltenden Gesetzgebung Genüge zu tun, trafen sich diese Woche die Rechtsexperten beider Seiten, um die Möglichkeiten zu diskutieren, die Anhörung des Premiers bis nach den Wahlen zu verschieben.

Einer vom israelischen Armeeradio diese Woche veröffentlichten Umfrage zufolge würde die Zahl der Likud-Mandate um vier auf 25 sinken, sollte Anklage gegen Netanyahu erhoben werden. Von dieser Verschiebung würden in erster Linie die Partei von Benny Gantz profitieren, Lapids Zukunftspartei, Israel Beiteinu von Lieberman und Kulanu von Finanzminister Kahlon. Die Umfrage bestand aus zwei Fragen: «Für wen würden Sie stimmen, sollte heute gewählt werden?» und «Welche Partei würden Sie wählen, sollte der Generalstaatsanwalt die Anklage des Premiers beschliessen, versehen mit Vorwürfen der Bestechung?»

Folgende Sitzverteilungen zeigte sich (die Zahl in Klammern bezieht sich auf die zweite Frage): Likud 29 (25), Israels Unverwüstlichkeit (Gantz) 13 (14), Zukunftspartei 13 (14), Arbeitspartei 9 (9), Neue Rechte 7 (7), Vereinigtes Thorajudentum 7 (7), Shas 6 (6), Taal (arab.) 6 (6), Vereinigte Liste (arab.) 6 (6), Kulanu 5 (6), Gesher (Orli Levi) 5 (5), Israel Beiteinu 5 (6), Meretz 5 (5), Das Jüdische Haus 4 (4).

Der Einfluss einer Anklageerhebung wäre zwar nicht grandios, darf aber nicht ignoriert werden. Umfragen wie diese und andere wird es bis zu den Wahlen noch zuhauf geben. Premier Netanyahu wäre jedenfalls bereits heute gut beraten, die Opportunität seines Slogans, den er allen Anfeindungen gegenüberstellt («Da wird nichts sein, weil da nichts war»), auf Herz und Nieren zu prüfen. Irgendwie überzeugt der Spruch jeden Tag weniger.

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Jacques Ungar ist Israel-Korrespondent von tachles.
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 25. Januar 2019