iuDKFNCT3VDie Richterschaft des BFH schläft den Schlaf der Selbstgerechten, wenn sie attac aufs Korn nimmt, Teil 2/2

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Politik muss entsprechend dem unveräußerlichen Recht auf zivilbürgerlichen Widerstand, der sich im Einklang mit dem Rechtssatz von Naturrecht und menschlicher Würde (nach Ernst Bloch, dem Rechtsphilosophen) befindet (Ökosphäre und Tierreich miteingeschlossen), die Politik auf breitester Front nötigen, umzusteuern. Wahlen reichen nicht aus, weil sie nur dem Weiter-so der Herrenriegen und angemaßten Über-die-Welt-Bestimmer-Kasten dienen. Wenn sich das System der Profilneurotiker, der Macht und Hahnenkämpfe weiter fortsetzt, geht das Leben auf der Erde absehbar zu Ende. Das Weltsystem Erde ist in die Endrunde eingefahren.

Am Desaster des Staudamms in Brasilien ist Wolfgang Schäuble mitschuldig

Er hatte, nach einer Meldung der FR vom 27.Juli 2016, die im Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) vorgesehene Sorgfaltspflicht für Investitionen der Unternehmen bei Auslandsgeschäften höchstselbst gestrichen. „Das CDU-geführte Bundesfinanzministerium (BMF) will Auflagen für Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten bei ihren Auslandsgeschäften um jeden Preis verhindern“ (FR 27.07.2016). Darin ist auch die Erhaltung einer unzerstörten Natur und Umwelt und die Verantwortung für die Produktions- und Lieferketten enthalten. „Das Resort von Minister Wolfgang Schäuble lehnt schon den Begriff ‚menschenrechtliche Sorgfaltspflicht‘ kategorisch ab“. (FR 27.07.2016).

Mit dem universellen Passus Sorgfaltspflicht – man lasse ihn sich auf der Zunge für Delikatessen zergehen – forderte die EU-Kommission 2011 alle Mitgliedstaaten auf, „die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte in Nationale Aktionspläne umzusetzen“ (ebenda).

Diese so unendlich wichtige vorzugebende Leitlinie und Vorschrift wurde im Zusammenhang mit der Katastrophe um den Staudamm bei der Vale Mine in Brumadhino bei Belo Horizonte im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais (Nordbrasilien) relevant, die nicht nur Mondlandschaften hinterlässt, sondern auch eine Schlammlawine biblischen Ausmaßes in die umgebende Landschaft ergoss, durch die „ein großer Teil der Region um den Paraopeba-Fluss voraussichtlich auf Jahrzehnte zerstört“ sein wird (FR 20.02.2019).

Delikat, dass ausgerechnet eine Tochter des TÜV Süd der Dekra & Co dem Staudamm der Mine die Sicherheit attestiert hat. Die FR schrieb: „Gebrochen ist er trotzdem. Eine Mauer des Schweigens im Münchener Unternehmen hält indes“. (FR 30.01.2019). Damit steht fest:

Der ehemalige Finanzminister und heutige Bundestagspräsident ist als mitschuldig an den Folgen der Katastrophe und den Tod der 165 Arbeiter und Anwohner zu betrachten, wobei 147 noch vermisst werden. Hätte Wolfgang Schäuble den geforderten Nationalen Aktionsplan konsequent um- und in Kraft gesetzt, dann hätten die betroffenen Angehörigen wenigstens ein einzuklagendes Recht auf materiellen Ausgleich und Wiedergutmachung der Folgen des Leids um die Toten. Die Folgen des Dammbruchs belaufen sich auf Schäden in Milliardenhöhe. Auch die Richter, die nach dem Willen des Herrn Schäuble ihren Richtspruch gegen attac gesprochen haben, sind mitgehangen schuldig.

Herr Schäuble hat auch die EU wiederum ins Zwielicht gesetzt und ins Abseits gestellt und ihre Bürgerinnen und Bürger wieder ein Stück weiter vom EU-Friedens- und Menschenwerk entfremdet. Man darf sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die EU in den Augen der konservativen Jugendlichen- und Greisen-Schicht von CDU/CSU ohnehin nicht gewollt ist.

Der TÜV Rheinland hatte übrigens „die Fertigung von Brustimplantaten des dortigen Herstellers PIP EU-weit zertifiziert“ (FR 30.01.2019). Die fehlerhaften Implantate waren Hunderttausenden von Frauen eingesetzt worden.


Es muss klipp und klar sein, was die Sorgfaltspflicht fordert, ohne Wenn und Aber

Eben das hat Wolfgang Schäuble versäumt, der in der Verpflichtung der Herrn-Club-Mitglieder der Wirtschaft steht. Er hat den NAP verwässert. Zwar schien er sich gewendet zu haben, als er den Druck der Kritik zu verspüren begann, hat aber den prägnanteren NAB-Plan der vorgeordneten Ebenen (UN und EU) abgemildert und ins Harmlose abgebogen. Ihm hängt schon immer das in konservativen politischen Kreisen vorzufindende Kuschen einer sich andienenden Haltung an. Das ist Männersache. Es muss ein Nationaler NAB-Text geschrieben werden, der keine Relativierungen, Ausflüchte und Hintertüren offenlässt.

Das Forum Menschenrechte erstellte eine ‚Halbzeitbilanz NAP Wirtschaft und Menschenrechte‘: „Am 21.12.2016 hat die Bundesregierung nach einem zweijährigen Prozess den Nationalen Aktionsplan Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet. [...] Die Zwischenbilanz dessen, was mit dem NAP bisher an konkreten Verbesserungen erreicht wurde, fällt jedoch ernüchternd aus“. Es ist von einer zögerlichen Umsetzung die Rede. Deutschland setze die UN-Leitlinien um – „mit kleinen Schritten“. Das ist zu kurz gedacht. Es finden nach ‚CSR (Corporate Social Resposibility)‘ Formulierungen wie: „Erwartungen der Bundesregierung“, „Die Maßnahmen sollen...“, „erwartet die Regierung“, „der Größe ihrer Branche...angemessen sein“, „die Bundesregierung unterstützt“, „in angemessener Weise umzusetzen“, „praxisnah“, „Expertise einbeziehen“. Die Wortwahl ist bittend bis bettelnd. Mit diesen Formulierungen ist der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet.

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