Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Heute Dienstagmorgen um 7 Uhr Lokalzeit wurden die über 10'700 Wahllokale in ganz Israel geöffnet. Bis um 22 Uhr haben die über 6,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit, mit ihrer Teilnahme an der Wahl die Zusammensetzung der 120-köpfigen Knesset zu bestimmen. Wenige Momente nach 22 Uhr verbreiten die elektronischen Medien die erste Hochrechnung, basierend auf den so genannten «Exit Polls».
An rund 60 Wahllokalen im ganzen Lande werden die Wählenden nach dem Verlassen des entsprechenden Lokals von Meinungsforschern gebeten, an einer besonderen Stelle genau gleich zu wählen wie wenige Minuten zuvor während des «Ernstfalles». Das Resultat der «Exit Polls» kann sich und wird sich wahrscheinlich auch im Laufe der Nacht zum Mittwoch im Einzelnen noch ändern, doch die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass der Trend der «Exit Polls» im Grossen Ganzen ziemlich realistisch getroffen wird. Überraschungen sind natürlich nie ganz auszuschliessen.
Im Wesentlichen aber wird die Wahl vom Dienstag auf einen Zweikampf zwischen Regierungs- und Likudchef Binyamin Netanyahu einerseits und Benny Gantz von der mitte-links-Partei «Blauweiss» andererseits hinauslaufen. Vor dem Wochenende wurden die letzte Meinungsumfragen veröffentlicht, die alle mehr oder weniger auf ein Kopf- an Kopfrennen zwischen dem Rechtsblock und dem Mitte- Linksblock hinausliefen. Netanyahu, der in den letzten Tagen den elektronischen Medien dutzende von Interviews gab, liess überall eine gewisse Sorge vor einem Sieg seines Rivalen Gantz durchblicken. Aus diesem Grunde rief er auch Mitglieder von mittleren und kleinen Rechtsparteien dazu auf, für den Likud zu wählen. Das wurde ihm von manchen dieser Parteien sehr verübelt.
Je nach Ausgang des Urnengangs vom Dienstag werden bereits am 10. April die ersten Fühler für Koalitionsverhandlungen ausgestreckt. Durch die ganze israelische Parteienlandschaft hindurch war in den letzten Wochen mehr oder weniger deutlich das Gefühl zu verspüren gewesen, dass der Urnengang vom 9. April für die Qualität der politisch-gesellschaftliche Zukunft des Jüdischen Staates weichenstellende Funktionen ausüben wird. Ohne dass in den letzten Tagen allzu viel über die «Affäre Netanyahu» geschrieben oder geredet worden wäre, spielte subkutan die Frage natürlich eine fast zentrale Rolle, wie die Möglichkeit einer Anklageerhebung gegen den heutigen Premierminister sich auf das Verhalten des Volkes an der Wahlurne auswirken wird.
Und in weiterer Ferne am Horizont macht sich bereits der wahrscheinlich unmittelbar vor der Veröffentlichung stehende Nahost-Friedensplan von US-Präsident Trump bemerkbar. Spätestens dann wird sich zeigen, ob die Eröffnung einer US-Botschaft in Jerusalem, kombiniert mit der Anerkennung von Israels Souveränität über den Golan durch das republikanische Washington für Israel nur ein Trostpflästerchen neben dem für Israel schon schwerer zu verdauenden Friedensplan sein wird. Die Alternative wäre, dass Donald Trump effektiv bereit ist, mit Netanyahu und der Rechten Israels den ganzen Weg zu gehen und auch vor der Annektierung der Westbank nicht zurückschreckt. Dazu muss Netanyahu aber zuerst seine Koalitionsregierung tatsächlich bilden können.
Foto:
Über 10'700 Wahllokale im ganzen Land
© tachles
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 9. April 2019
Rund um die Uhr berichtet tachles online über die Entwicklungen und Hochrechnungen sowie die Resultate der Wahlen auf www.tachles.ch
Je nach Ausgang des Urnengangs vom Dienstag werden bereits am 10. April die ersten Fühler für Koalitionsverhandlungen ausgestreckt. Durch die ganze israelische Parteienlandschaft hindurch war in den letzten Wochen mehr oder weniger deutlich das Gefühl zu verspüren gewesen, dass der Urnengang vom 9. April für die Qualität der politisch-gesellschaftliche Zukunft des Jüdischen Staates weichenstellende Funktionen ausüben wird. Ohne dass in den letzten Tagen allzu viel über die «Affäre Netanyahu» geschrieben oder geredet worden wäre, spielte subkutan die Frage natürlich eine fast zentrale Rolle, wie die Möglichkeit einer Anklageerhebung gegen den heutigen Premierminister sich auf das Verhalten des Volkes an der Wahlurne auswirken wird.
Und in weiterer Ferne am Horizont macht sich bereits der wahrscheinlich unmittelbar vor der Veröffentlichung stehende Nahost-Friedensplan von US-Präsident Trump bemerkbar. Spätestens dann wird sich zeigen, ob die Eröffnung einer US-Botschaft in Jerusalem, kombiniert mit der Anerkennung von Israels Souveränität über den Golan durch das republikanische Washington für Israel nur ein Trostpflästerchen neben dem für Israel schon schwerer zu verdauenden Friedensplan sein wird. Die Alternative wäre, dass Donald Trump effektiv bereit ist, mit Netanyahu und der Rechten Israels den ganzen Weg zu gehen und auch vor der Annektierung der Westbank nicht zurückschreckt. Dazu muss Netanyahu aber zuerst seine Koalitionsregierung tatsächlich bilden können.
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Über 10'700 Wahllokale im ganzen Land
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 9. April 2019
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