p iran tagesschau.deMit dem schrittweisen Ausstieg Teherans aus dem Atomabkommen ist die europäisch-deutsche Iranpolitik endgültig gescheitert. Noch aber will man in Berlin nichts davon wissen, Teil 2/3

Matthias Küntzel

Hamburg (Weltexpresso) - Kommen wir zu Rohanis zweiter Mitteilung, die in die Zukunft weist: Er kündigte an, dass das Regime auch die Arbeiten am Plutoniumreaktor Arak und an der Hochanreicherung von Uran wieder aufnehmen werde, sollten sich die Europäer außerstande zeigten, die Folgen der U.S.-Sanktionen im Banken- und Rohstoffsektor innerhalb von 60 Tagen zu kompensieren. Rohani machte deutlich, wohin die Reise geht: Würde ein Land, das auf Atomwaffen verzichtet, mit Bombenrohstoffen und dem Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag drohen?

Diese Taktik der nuklearen Erpressung zielt nicht auf Russland oder die VR China, sondern explizit auf die Europäische Union. „Wir Europäer haben unseren iranischen Partnern immer geraten, uns als Schutzschild im wohlverstandenen eigenen Interesse zu begreifen“, hatte Außenminister Joschka Fischer 2004 erklärt.

Eben das klagt Rohani jetzt ein und stellt die E 3 – Großbritannien, Frankreich, Deutschland – vor die Wahl: Entweder ihr schützt uns vor den verschärften Sanktionen der USA oder der Atomdeal platzt und wir greifen erneut zur Bombe, was immer das für Folgen nach sich ziehen mag.U.S.-Außenminister Mike Pompeo tat Rohanis Ultimatum als Kraftprotzerei ab: „Sie haben schon oft mit Aktionen gedroht, um die Welt in Trab zu halten.“ Handelt es sich also um einen Bluff? Sicher ist, dass die Europäer nicht erbringen können, was das Regime von ihnen verlangt.

Die E 3 setzten seit dem Ausstieg der USA aus dem JCPoA alle Hebel in Bewegung, um die amerikanischen Sanktionen zu unterlaufen und das Abkommen irgendwie zu retten. Man riskierte auch den offenen Affront. So hatten im Februar 2019 die deutschen und französischen Außenminister sowie die EU-Außenbeauftragte eine Warschauer Irankonferenz, an der der amerikanische Außenminister und über 60 Nationen teilnahmen, demonstrativ boykottiert.

Doch all dies war vergeblich: Die europäischen Banken und die Rohstoffkonzerne zogen sich aus dem Iran zurück, um ihre Geschäftsbeziehungen mit den USA nicht gefährden. Anfang dieser Woche – eine Petitesse am Rande – hatte sich Mike Pompeo auch für den Warschau-Boykott seiner Kollegen revanchiert: Er sagte einen lang geplanten Berlin-Besuch kurzfristig und aus Zeitgründen ab, fand dann aber Gelegenheit, den britischen Außenminister, der in Warschau immerhin anwesend war, in London zu besuchen. Ein klares Signal.

Schon früher hatte Teheran das Atomabkommen wiederholt verletzt. Einige Beispiele: Das feierliche Versprechen des JCPoA „dass der Iran unter keinen Umständen jemals nach Atomwaffen streben, diese entwickeln oder erwerben wird“ geriet zum schlechten Witz, als man Anfang dieses Jahres an einem geheimen Ort in Teheran die gesammelten und sorgfältig aufbewahrten Studien für den Bau und Test von Atomwaffen fand. Während der Atomdeal regelt, dass Inspektoren der IAEA im Zweifelsfall auch militärisch genutzte Anlagen betreten dürfen, erklärte Ali Akbar Verlayati, der Chefberater des Revolutionsführers, diese Forderung sei “nur ein Traum ... Dies wird niemals geschehen.“ Und obwohl schließlich das Abkommen hinsichtlich des Arak-Plutoniumreaktors verlangt, dass „der Reaktorkern funktionsunfähig gemacht wird indem man alle seine Öffnungen mit Beton füllt so dass ... er für eine künftige nukleare Anwendung unbrauchbar wird“, bekannte sich im August 2017 der Chef der iranischen Atomenergieorganisation, Ali Akbar Salehi, dazu, dass der Beton „nicht in den Reaktor selbst, sondern [nur] in die äußeren Rohre gegossen wurde“, um die Atomanlage binnen kurzer Frist wiederherstellen zu können.

Es ist diesem JCPoA-Verstoß geschuldet, dass das Regime heute, also vier Jahre nach der Einigung auf den Atomdeal, mit der erneuten Inbetriebnahme dieses Reaktors drohen kann.

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Info:
Erstveröffentlicht am 9. März 2019in mena-watch.com

P.S.: Am 23. Mai wird der Verfasser in Hamburg in Verbindung mit der Ausstellung „1948“ zum Thema: „Warum gab es 1948 keinen arabisch-palästinensischen Staat?“ referieren. Ort: Kontorhaus, Messberg 1 in 20095 Hamburg, Beginn: 19:00 Uhr.

Am 6. Juni wird er in Wiesbaden einen Vortrag zum Thema „Islamischer Antisemitismus“ halten. Ort: Theater im Pariser Hof, Spiegelgasse 9, 65183 Wiesbaden. Beginn: 19:00 Uhr.