Holocaust, Zyklon B und eine arglose Justiz in Limburg

Courage

Limburg (Weltexpresso) - Der Rundbrief von "Courage gegen Rechts" teilt mit : "Am Mittwochvormittag verließen Freunde von  Courage gegen rechts  und weitere MitbürgerInnen nachdenklich bis verstört den Verhandlungssaal 12B des Limburger Amtsgerichts. Nachdem wir uns gesammelt hatten, haben wir unsere Wahrnehmungen und Bewertungen in anliegender Mitteilung an die demokratische Öffentlichkeit zusammengefaßt. Wir bitten um Kenntnisnahme, Weiterverbreitung bzw. Veröffentlichung  -  und sind natürlich auch an Eurer und Ihrer Sicht der Dinge interessiert! Das machen wir gerne. Die Redaktion 


Courage

Eine Haftstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, nahm Alexander G. aus Runkel mit aus dem Limburger Amtsgerichtssaal. Er hatte öffentlich im Internet, so wörtlich, „Zyklon B“ für unsere „tollen neuen Mitbürger“ gefordert. Gemeint waren zu uns Geflohene, die nach unbewiesenen Web-Gerüchten Frauen belästigt haben sollen.

Was als solide Antwort des Rechtsstaats auf eine ungeheuerliche Mordhetze erscheint, wirft für das Bündnis „Courage gegen rechts“ mehr Fragen auf, als es Antworten gibt.

„Courage“ erinnert an eine ähnliche Tat, die vor zwei Jahren auch in der Presse Widerhall fand: Der örtliche Geldverwalter Markus Stillger hatte für ihm nicht genehme Demonstranten, so wörtlich, „einen kleinen Holocaust veranstalten“ wollen. Dies fand der Limburger Ober-Staatsanwalt Herrchen damals nicht strafwürdig und erfand sophistische Wendungen, warum es nicht als Volksverhetzung im Sinne des StGB zu werten sei.

„Courage“ rätselt nun, ob man sensibler wurde, als mit Walter Lübcke nach zweihundert anderen Mitbürgern auch ein aktiver Politiker rechter Mordhetze zum Opfer gefallen war?

Demnach hätten Staatsanwaltschaft und Gericht den G. als Verwirrten mit begründeter Aussicht auf Einsicht angesehen und ihm mit dieser Strafe noch eine Chance gegeben.

Allerdings standen der Tatvorwurf, die Anklage und der Gerichtstermin schon fest, bevor Walter Lübcke für seine öffentlichen Äußerungen aus einer Versammlung 2015 von dem notorischen Nazi Stephan Ernst hingerichtet wurde.

Bleibt „Courage“ zufolge die Annahme, daß das Gericht trotz der vierzehn Vorstrafen und einschlägiger Bekenntnisse des Angeklagten milde urteilte, um die Ungleichbehandlung gegenüber dem bisher nicht gewalttätig aufgefallenen - und in gewissen Kreisen sogar angesehenen - Holocaust-Förderer Stillger nicht überdeutlich erkennen zu lassen.

Anders können es sich die Bündnis-Leute nicht erklären, daß das Gericht so bereitwillig die Widersprüche in den Einlassungen des Zyklon-B-Propagandisten ignorierte und sein Umfeld nicht im geringsten auszuforschen suchte. Man hätte doch fragen können:

Was und von wem wußte der Angeklagte über Zyklon B? Was bedeutet ihm das „NA SA“ auf seinem T-Shirt? Warum betont er so sehr, daß er genau am 8.8 heiraten will?
(zur Info für Außenstehende: 88 = HH = Heil Hitler im rechten Milieu) Wer brachte ihn auf die Nazi-Seite „Lost Man Standing“? Wen hat er früher strafwürdig beleidigt und womit? All diese Punkte hätten Aufschluß geben können, so meint „Courage“, ob es sich tatsächlich um einen unbedarften Verführten handelt. "Aber dem wollte weder das Gericht noch die Staatsanwaltschaft nachgehen", so Courage. Daher fragt nun das Bündnis:

Wer kann solche Arglosigkeit verantworten, während Nazis Menschen ermorden? Ist unsere Justiz auf der Höhe der Zeit - wie weit ist es von Kassel nach Limburg? Was würde man uns erzählen, sollte Alexander G. demnächst Ernst machen? Oder erst ein paar Jahre abtauchen und dann zuschlagen?

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