Wie die EZB Europas Volkswirtschaften zerstört
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die aktuelle Geldpolitik der Europäischen Zentralbank weckt Erinnerungen an einen Finanzskandal von 2011.
Damals hatte Mario Draghi als Gouverneur der italienischen Zentralbank die Bank „Monte dei Paschi di Siena (MPS)“ vor dem Konkurs gerettet. Dieses Kreditinstitut war bereits lange Zeit für äußerst riskante Geschäft bekannt und hatte sich offensichtlich endgültig verzockt. Im Oktober 2011, Draghi war bereits designierter künftiger EZB-Chef, verschaffte er der MPS einen durch Wertpapiere abgesicherten Kredit von zwei Milliarden Euro. Weder die italienische Öffentlichkeit noch das italienische Parlament informierte er darüber. Durch diese geheim gehaltene Rettung landete zweifelhafter Wertpapierschrott bei der italienischen Notenbank. Die Inhaber der Schrottpapiere erhielten im Gegenzug Staatsanleihen, deren Zins- und Schuldendienst seither vom Steuerzahler getragen wird. Mario Draghi legte damit den Grundstein für ein europäisches Schattenbankensystem, das den nationalen Notenbanken zugeordnet wurde. Dieses System dient allein dazu, Geschäftsbanken und ihre Aktionäre bzw. Gesellschafter vor Pleiten und Verstaatlichungen zu schützen – zu Lasten der Steuerzahler.
Bereits vor Draghis Berufung zum EZB-Präsidenten warnten Branchenkenner vor diesem Mann. Zum einen, weil er als Mitglied in der „Group of Thirty“, einer privaten Lobbyorganisation der Großbanken, nicht den notwendigen Abstand gegenüber privatwirtschaftlichen Interessen besäße. Auch Draghis vormalige Tätigkeit bei Goldman Sachs und seine daraus resultierenden Verbindungen zu international agierenden Spekulanten wurden allgemein als Quellen künftiger Interessenskonflikte bewertet. Und die Mahner und Warner haben Recht behalten.
So hat die Null-Zins-Politik der EZB in den EU-Krisenländern Italien, Spanien und Griechenland nicht zur Belebung, gar zur Stabilisierung der Konjunktur beigetragen. Lediglich den Urhebern der dortigen Immobilienblase verschaffte sie eine Atempause. Und sie hat sich auch nicht als Korrektiv zur Behebung globaler Negativ-Entwicklungen bewährt, die beispielsweise durch den Zollstreit zwischen den USA und China sowie durch Befürchtungen hinsichtlich des Brexits maßgeblich beeinflusst werden. Statt durch ein maßvolles Zinsniveau die Realwirtschaft zu stärken und das von den Beschäftigten erarbeitete Einkommen zu sichern, unterstützen Mario Draghi und demnächst Christine Lagarde Spekulanten aus dem Kreis russischer Oligarchen, arabischer Scheichs und afghanischer Warlords.
Mit billigem Geld, das zu einem nennenswerten Teil den Sparern gehört, aber im Wirtschaftskreislauf verbleibt, werden Aktien- und Immobilienspekulationen unterstützt, die allmählich zur existenziellen Bedrohung bislang gesunder Volkwirtschaften und nicht zuletzt der staatlichen Daseinsvorsorge werden.
Laut dem aktuellen Statistischen Jahrbuch der Bundesrepublik betrug die Sparquote im Jahr 2017 in Deutschland 9,9 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens. Sie entsprach damit einem Geldvermögen von 190 Milliarden Euro. Das gesamte aufgelaufene Geldvermögen privater Haushalte und privater Organisationen ohne Erwerbszweck beläuft sich auf ca. 3 Billionen Euro. Darin enthalten sind Forderungen aus Anteilsscheinen (Aktien, Versicherungspapiere etc.) in Höhe von ca. 1,5 Billionen Euro gegenüber den Ausgebern. Das verbleibende deponierte Netto-Sparvermögen wird faktisch kostenlos ausgeliehen, um damit beispielsweise in den Großstädten Luxusquartiere zu bauen, deren Kauf oder Anmietung sich kein Normalsparer erlauben kann. Letztere tragen dadurch indirekt und gegen ihr persönliches Lebensinteresse zu ihrer eigenen Verelendung bei.
Deswegen erscheint es mir höchste Zeit, dass die Enteigner enteignet werden. Also: Schluss mit der EZB, die faktisch ohne parlamentarische Kontrolle tätig ist und die sich nicht an den Interessen derer orientiert, über deren Geld sie verfügt. Ohne eine echte politische Einigung Europas ist diese Institution ohnehin überflüssig. Die Anpassung des Geldvolumens an die Produktivität sowie die Festlegung eines volkswirtschaftlich sinnvollen Zinssatzes könnten durchaus von den nationalen Zentralbanken in gegenseitiger Abstimmung vorgenommen werden. Und das schöne Hochhaus am Frankfurter Mainufer eignet sich bestens zur Bereitstellung preiswerten Mietwohnraums.
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Krawalle anlässlich der EZB-Eröffnung am 18.3.2015
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