„ttt“ über Gilles Kepels starke Analyse der Krisen in der arabischen Welt
Helga Weber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „ttt“ unterhält sich mit dem Nahostexperten Gilles Kepel über dessen aktuelle Analyse der arabischen Welt. Die Sendung kommt am Sonntag, 17. November, vom hr und ist um 23.05 Uhr im Ersten zu sehen.
Als junger Mann hatte Gilles Kepel in Damaskus studiert – seine Begeisterung für die reiche, multireligiöse Kultur Syriens ist bis heute ungebrochen. Heute, vier Jahrzehnte später, ist Kepel der berühmteste Nahostexperte Frankreichs, und in Syrien herrscht seit Jahren Krieg. Das Regime Assads, revolutionäre Truppen und der sogenannte Islamische Staat haben das Land zerstört. Gilles Kepel war davon sogar persönlich betroffen, denn der IS belegte ihn mit einer Fatwa, rief zum Mord an ihm auf.
Zum persönlichen Schutz stand Kepel unter Hausarrest und Polizeischutz. Das Gute daran: Nur so fand er die Zeit, sein Opus Magnum zu schreiben. „Chaos“ heißt Kepels aktuelles Buch und ist eine ebenso komplexe wie kundige Einführung in die Konflikte des Nahen Ostens. Natürlich hat er dabei auch immer Syrien im Blick – und er ermahnt uns Europäer, es ihm gleich zu tun. Denn seit die Türkei in Nordsyrien einmarschiert ist, gibt es kaum Beobachter oder Journalisten in der Region.
Die Geschehnisse dort drohen aus dem Blick der westlichen Öffentlichkeit zu geraten, dabei könnten sie gerade für die Europäer fatale Konsequenzen haben. US-Präsident Trump hat entschieden, seine Truppen aus Syrien abzuziehen. Er überlässt damit die Kurden ihrem Schicksal, obwohl sie es waren, die für den Westen den IS bekämpften.
Der Verrat an den Kurden ist aber nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch gefährlich: Während Erdogan kurdische Städte bombardieren lässt, könnten Tausende von IS-Kämpfern aus kurdischen Gefangenenlagern wieder freikommen. Was das bedeuten würde, kann man sich leicht ausrechnen: Flucht und neuer Terror, auch in Europa. Aber auch welche geopolitischen Interessen die konkurrierenden Mächte Iran, Russland, Türkei und nicht zuletzt die USA in Syrien haben, dürfe nicht aus dem Blick geraten, mahnt Kepel, den die eskalierende Situation im Nahen Osten an diejenige Europas am Vorabend des Ersten Weltkriegs erinnert.
„ttt – Titel, Thesen, Temperamente“ trifft Gilles Kepel, der gerade mit seinem neuen Buch durch Europa tourt, zum Gespräch. Die Sendung kommt am Sonntag, 17. November, vom Hessischen Rundfunk (hr) und ist um 23.05 Uhr im Ersten zu sehen; es moderiert Evelyn Fischer.
Außerdem bei „ttt“:
In der Welt von morgen wird der Westen nicht länger den Ton angeben – „Der lange Abschied von der weißen Dominanz": „ttt“ trifft die renommierte Journalistin Charlotte Wiedemann in Berlin und spricht mit Bonaventure Soh Bejeng Ndikung von „Savvy Contemporary“, einem Berliner Kunstraum und Laboratorium für neue gesellschaftliche Ideen.
Würstchen statt Hakenkreuze – In seiner Heimatstadt Verona übersprüht der Street-Art-Künstler Cibo rechtsextreme Schmierereien mit kulinarischen Graffiti: „ttt“ hat Cibo durch Verona begleitet, ihn bei der Arbeit beobachtet und mit ihm darüber gesprochen, was ihn antreibt.
Cool, feministisch, umwerfend – Die Musikerin Alli Neumann macht ihr Ding: „ttt“ trifft die Sängerin und Schauspielerin in Hamburg, wo Alli Neumann lebt, und in Nordfriesland, wo sie aufgewachsen ist. Wir sprechen mit ihr über neue, alte und multiple Heimaten und Denkanstöße, die auch Pop liefern kann.
Foto:
ttt“ über die Krisen in der arabischen Welt Bild © hr
Der Krieg in Nordsyrien und warum Europa seine Vermittlerrolle wahrnehmen muss
- Details
- Kategorie: Zeitgeschehen