OB Peter Feldmann Foto Frank Widmann dc142dc7afMagistrat der Stadt Frankfurt setzt Maßstäbe

Roswitha Cousin

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz haben am Freitag, 28. Februar, führende Politikerinnen und Politiker der Regierungskoalition im Römer ein Zeichen gesetzt gegen Rassismus, Ausgrenzung, Diskriminierung und Rechtsextremismus – und für die Stärkung der Demokratie. „Wir können nach den schrecklichen Ereignissen in Hanau nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann. „Es reicht nicht, solidarisch zu sein, wir müssen erkennbar gemeinsam handeln.“ Offenheit und Internationalität seien Tradition und Ikonen der Stadt. „Die Stadt Frankfurt hat in den vergangenen Jahren etliche Programme und Initiativen gestartet und unterstützt, die sich gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus einsetzen“, sagte Feldmann. Diese wurden bei der Pressekonferenz vorgestellt.

Frankfurt am Main ist eine internationale und interreligiöse Stadt. Über 170 Nationen und Mitglieder von über 160 Gemeinden aller Weltreligionen und viele nichtreligiöse Menschen leben hier friedlich zusammen. Doch viele Frankfurterinnen und Frankfurter wissen nur wenig über die vielen Religionen, die in unserer Stadt anzutreffen sind. Aus diesem Grund fördert Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker seit Jahren den Dialog zwischen den Kulturen und Religionen beispielsweise durch interreligiöse Rundgänge, die Initiative für jüdisches Leben in Frankfurt und Kulturaustauschreisen von jungen Erwachsenen.

„Die besondere Herausforderung der kommenden Jahre ist es, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu sichern. Frankfurt am Main ist eine weltoffene und tolerante Stadt, deren Charme sich als kleinste Metropole der Welt gerade auch durch unsere Vielfalt begründet. Die Politik, aber auch die gesamte Stadtgesellschaft, müssen dafür sorgen, dass dieser von den politischen Rändern derzeit bedrohte Zusammenhalt nicht verloren geht. Leider sehen wir jedoch auch in unserem Land, dass 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz der Rechtsextremismus immer stärker zunimmt und unser gesellschaftliche Klima vergiftet“, sagte Becker. „Spaltungen in der Gesellschaft dürfen nicht zugelassen werden. Wir alle müssen uns gegen Hass und Ausgrenzung in unserer Stadt engagieren, denn er ist das Gift, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerstört. Die Werte, die uns, die unser Land und besonders auch unsere Stadt heute auszeichnen, sind aber keine Selbstverständlichkeiten und werden auch nicht einfach vererbt, sondern sie müssen täglich neu erarbeitet werden.“

Personal- und Gesundheitsdezernent Stefan Majer sagte: „Antirassismus ist für mich sowohl ein politischer Auftrag als auch gesamtstädtische Handlungsmaxime, die in allen Bereichen der Stadtverwaltung verstanden und gelebt werden muss. Das schließt die Beantwortung der Frage ein, welche strukturellen Verhältnisse und Bedingungen Rassismus begünstigen.“ Die Stadt ist als Arbeitgeberin auch gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aktiv, um das Miteinander in Frankfurt zu fördern. So hat der Personaldezernent die Bildungsstätte Anne Frank in die städtischen Ausbildungsprogramme einbezogen, finanziert und unterstützt die Kampagne des Gesamtpersonalrats „AnStatt Intoleranz“. Die Stadt wiederum legt in Stellenausschreibungen und Beurteilungen Wert auf interkulturelle Kompetenz.

Kulturdezernentin Ina Hartwig sagte: „Eine Tat wie zuletzt in Hanau darf sich nicht wiederholen. Ich setze mich für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen in Frankfurt ein, die bis heute wirken. Und ich verstehe unsere Kulturinstitutionen als Orte öffentlicher Auseinandersetzungen, in denen Rassismus thematisiert und über Rechtsextremismus aufgeklärt wird. Erinnerungs- und Diskussionsräume müssen die Demokratie verteidigen und der rechten Hetze entschieden entgegentreten.“

Gegen das Vergessen und Relativieren unserer Geschichte initiiert und betreut das Kulturdezernat viele verschiedene Projekte auf dem Gebiet der zeitgemäßen Mahn- und Gedenkkultur. So wird beispielsweise das Fritz-Bauer-Institut den „Arisierungen“ in Frankfurt im Rahmen eines städtischen Forschungsauftrags in den nächsten Jahren systematisch nachgehen und die nationalsozialistischen Verbrechen aufklären, die in der Stadt begangen wurden. Das Projekt wird von der Stadt Frankfurt mit 300.000 Euro gefördert. Das Denkmal an die Kindertransporte soll künftig an die zahlreichen geretteten Leben wie an die Traumata der auseinander gerissenen Familien erinnern und die universale Tragik unserer Vergangenheit verdeutlichen. Diese Flucht- und Verfolgungsgeschichte lässt Parallelen zu, ohne die Geschichte zu relativieren. Um auch heute Stereotypisierungen und rassistischen Diskriminierungen entgegenzuwirken, sind Projekte der kulturellen Bildung zur Primärprävention besonders wichtig. Das Projekt „AntiAnti-Museum Goes School“ des Jüdischen Museums (ein mehrteiliges Intensiv-Programm gegen Extremismus und Antisemitismus für Berufsschulklassen) trägt zum Beispiel gezielt zur Stärkung der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler, der Selbstreflexion, der Förderung von Empathie und der Auseinandersetzung mit Diversität bei.

Integrationsdezernentin Sylvia Weber sagte: „Der Anschlag in Hanau hat spürbar etwas verändert in unserer Stadt. Die Serie rechtsterroristischer Attentate und Anschläge in den letzten Wochen und Monaten zeigen auf: Wir haben ein Rassismusproblem. Rassismus und Rechtsextremismus sind die größten Bedrohungen für unser Zusammenleben. Wir brauchen mehr Schutz für Betroffene, mehr Ressourcen für Präventions- und Bildungsprojekte. Wir brauchen mehr Antidiskriminierungsarbeit und mehr Zivilcourage.“ In diesem Zusammenhang sagt Weber, dass bereits eine Koordinierungsstelle Anti-Rassismus im Haushalt verankert sei, die bald besetzt werden soll.

Oberbürgermeister Feldmann kündigte eine dezernatsübergreifende Arbeitsgruppe an, welche die Aktivitäten der Stadt bündeln soll und zusammen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren Vorschläge für weitere Maßnahmen machen soll. „Wir tun viel – brauchen aber auch an vielen Stellen die Unterstützung durch Bundes- und Landesregierung. Nur ein Beispiel: ein Demokratiefördergesetz, damit kommunale Projekt besser gefördert werden können.“

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© djv, Frank Widmann