Aus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 10
WELT Corona-Update
Hamburg (Weltexpresso) - Zum Wochenstart sorgt der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit einem speziellen Auftritt für Aufsehen. Erst mit gebührendem Sicherheitsabstand und hinter einer Schutzscheibe nahmen der Regierungschef und drei seiner Minister ihre Schutzmasken ab und kündigten daraufhin an, wie es in Österreich im Kampf gegen das Coronavirus weitergehen wird. Denn als eines der ersten Länder in Europa wagt Österreich erste, zaghafte Schritte in Richtung Normalität.
Ziel sei es, dass ab dem 14. April kleine Geschäfte sowie Bau- und Gartenmärkte unter strengen Auflagen wieder öffnen dürfen, teilte Kurz mit. Ab dem 1. Mai sollen dann alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure wieder öffnen dürfen. Hotels und die Gastronomie sollen frühestens Mitte Mai folgen. Die seit Mitte März geltenden Ausgangsbeschränkungen werden allerdings bis Ende April verlängert, die Schulen bleiben bis Mitte Mai geschlossen. Veranstaltungen sollen bis Ende Juni nicht stattfinden. Das Tragen eines Mundschutzes, das in Supermärkten bereits Pflicht ist, wird auf Drogerien ausgeweitet.
Österreich habe schneller und restriktiver reagiert als andere Länder und habe das Schlimmste verhindern können, sagte Kurz. „Die schnelle Reaktion gibt uns jetzt auch die Möglichkeit, schneller wieder aus dieser Krise herauszukommen“ – allerdings nur, wenn weiter alle konsequent die Maßnahmen einhielten. Kurz rief die Bevölkerung deshalb auch dazu auf, weiterhin größtmögliche Disziplin zu wahren. Sollten die Fallzahlen wieder ansteigen, werde die Regierung die „Stopptaste“ drücken, warnte der Kanzler. Die heute beginnende Osterwoche werde die entscheidende Woche sein. Das Osterfest dürfe nur mit Personen gefeiert werden, die im Haushalt lebten. Es gelte jetzt durchzuhalten, „auch wenn es schwerfällt“, appellierte Kurz.
Auch in Deutschland und im Rest der Welt gab es heute zahlreiche Entwicklungen im Kampf gegen Corona – wir haben diese wieder für Sie zusammengefasst.
Die Lage in Deutschland
Die Bundesregierung gibt sich bei eventuellen Lockerungen der Corona-Maßnahmen deutlich zurückhaltender. Das zeigen auch die jüngsten Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Natürlich denke die Bundesregierung intensiv darüber nach, wie die Ausgehbeschränkungen schrittweise gelockert werden könnten, sagte Merkel in Berlin. Es sei aber nicht angebracht, jetzt schon einen Zeitpunkt dafür zu nennen. Der Schutz der Gesundheit werde aber auf jeden Fall im Vordergrund stehen. Der Ausstieg aus den Auflagen werde mit Sicherheit schrittweise erfolgen.
Der Ministerpräsident des Saarlands will sich von den Schritten im Nachbarland nicht beeinflussen lassen. „Wir geraten dadurch gar nicht unter Druck“, sagte Tobias Hans (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Jeder muss seine Entscheidungen auf Basis seiner eigenen Daten treffen. Unsere Infektionszahlen geben derzeit keine schnelle Aussicht auf Lockerung her.“ Es bleibe bei dem verabredeten Zeitplan: Am Dienstag nach Ostern (14. April) wollen die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin über das weitere Vorgehen in Deutschland beraten.
Dagegen forderte FDP-Chef Christian Lindner die Bundesregierung auf, sich ein Beispiel an Österreich zu nehmen. „Man muss es nicht genauso machen, aber auch unser Land braucht eine Perspektive auf Öffnung“, sagte er in Berlin. Man werde noch lange Zeit auf Abstände und Gesundheitsschutz achten müssen. Linder forderte, dessen Bedingungen und Regeln zu definieren. Schließlich bräuchten Betriebe und das öffentliche Leben eine Vorbereitungszeit, um wieder teilweise hochzufahren. „Diese Kommunikation bleibt die Regierung momentan schuldig“, kritisierte Lindner.
Die Bundesregierung plant jedenfalls zunächst weitere Sicherheitsvorkehrungen. So sollen sich aus dem Ausland zurückkehrende Bürger vorsorglich in eine zweiwöchige Quarantäne begeben. Ausnahmen sollten für Berufspendler, Geschäftsreisende mit dringenden Terminen, den Güterverkehr und Transitreisende gelten, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Ziel sei, dass die Quarantäne-Regelung zum 10. April in Kraft trete. Bis dahin sollten die konkreten Einzelheiten mit den Ländern ausgearbeitet werden.
Positive Signale will die Bundesregierung an Unternehmer senden: Mit einem neuen Kreditprogramm sollen vor allem mittelständische Firmen einfacher mit dringend notwendigen Krediten versorgt werden. „Es ist gut, dass die Bundesregierung jetzt die Mittelstandslücke schließt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Joachim Lang. „Für unsere mittelständischen Unternehmen ist es überlebenswichtig, schnell und unbürokratisch Kredite zu erhalten.“
Die Lage in Europa
In Großbritannien stehen weiterhin alle Zeichen auf Krise. Am Sonntagabend war bekannt geworden, dass der mit dem Coronavirus infizierte britische Premier Boris Johnson zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Regierungsgeschäfte will Johnson dennoch weiterführen, wie der Minister für Wohnungswesen, Robert Jenrick, der BBC sagte. Man hoffe, dass Johnson bald wieder in der Downing Street sei.
Wie ernst die Lage in Großbritannien ist, hatte auch der viel beachtete Auftritt von Königin Elizabeth II. am Sonntagabend deutlich gemacht. In einer historischen Fernsehansprache wandte sich die Queen an die Briten und rief sie zum Durchhalten auf. In ihrer vielfach gelobten Rede äußerte die 93-Jährige aber auch Zuversicht. „Es werden wieder bessere Tage kommen, wir werden mit unseren Freunden vereint sein, wir werden mit unseren Familien vereint sein. Wir werden uns wiedersehen."
Gedrückte Stimmung herrscht auch in Frankreich. Dort rechnet die Regierung mit der stärksten Rezession seit 1945. Die Pandemie führe zu einem „ökonomischen Schock“ ohne Beispiel in der Nachkriegszeit, sagte Finanzminister Bruno Le Maire bei einer Anhörung im Pariser Senat. Das Minus werde deutlich höher ausfallen als nach der Finanzkrise 2008. Damals war die französische Wirtschaftsleistung um 2,2 Prozent geschrumpft. Es war der stärkste Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg. Nun rechnet das französische Statistikamt Insee mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um rund drei Prozent, wenn die Mitte März verhängte Ausgangssperre einen Monat dauert. Bei zwei Monaten könnte die Wirtschaft demnach um rund sechs Prozent einbrechen.
Zarte Hoffnungsschimmer zeigen sich dagegen in Spanien. Zwar hat das Land mittlerweile in Europa Italien als das Land mit den meisten Coronavirus-Infektionen überholt. Zugleich bestätigt sich die seit einigen Tagen anhaltende positive Tendenz bei den Neuinfektionen. Binnen der letzten 24 Stunden seien nur noch knapp 4300 Neuinfektionen registriert worden, teilte das Gesundheitsministerium in Madrid mit. Das ist der niedrigste Wert seit dem 22. März. Auch bei den neu registrierten Todesfällen meldeten die Behörden die niedrigste Zahl seit dem 24. März: 637. Das nährt die Hoffnung, der Höhepunkt der Epidemie könnte erreicht, wenn nicht gar überschritten sein.
Positive Zahlen kommen auch aus der Schweiz. Das Gesundheitsamt meldet 552 neue Fälle. Am Vortag hatte das Plus noch 822 betragen. Insgesamt wurden in dem Land 21.652 Fälle festgestellt.
Die Lage in der Welt
Die USA bereiten sich beim Kampf gegen das Coronavirus auf die bisher schwerste Woche vor. Der Aufseher der US-Gesundheitsdienste, Jerome Adams, warnte, dass auf die Vereinigten Staaten besonders schwere Tage zukämen. Dies werde die „härteste und traurigste Woche“ werden, welche die meisten US-Bürger bisher in ihrem Leben erlebt hätten, sagte Adams dem Sender Fox News. „Das wird unser Pearl-Harbor-Moment, unser 9-11-Moment“ – allerdings mit dem Unterschied, dass das Ereignis nicht auf einen Ort der USA begrenzt sei. Auch der führende US-Virologe Anthony Fauci sagte, die US-Bürger müssten sich auf eine „schlimme Woche“ einstellen. Die USA hätten die Ausbreitung des Virus noch nicht unter Kontrolle und müssten mit einer weiteren Eskalation der Lage rechnen, sagte der Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) im Sender CBS.
US-Präsident Donald Trump hatte die US-Bürger am Wochenende ebenfalls auf „sehr schreckliche Zeiten“ eingestimmt. Diese Woche werde wahrscheinlich die härteste werden. Zugleich versuchte Trump Optimismus zu verbreiten, indem er auf die Fortschritte beim Kampf gegen das Virus verwies. Bei einer Pressekonferenz am Sonntagabend nannte er unter anderem die Lieferung hunderttausender Schutzmasken an den besonders hart getroffenen Bundesstaat New York, wo schon mehr als 4150 Infizierte gestorben sind.
Derweil unternimmt Japan weitere Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Angesichts des jüngsten Anstiegs bei den Infektionen will Ministerpräsident Shinzo Abe den Ausnahmezustand für mehrere Regionen ausrufen. „Wir beobachten im Moment rasante Zunahmen bei den Neuinfektionen vor allem in urbanen Gegenden wie Tokio und Osaka“, sagte Abe vor Journalisten. Die Verkündung des Ausnahmezustands werde voraussichtlich bereits am Dienstag erfolgen, fügte er hinzu. Seine Ankündigung verknüpfte Abe mit der Vorstellung eines Konjunkturpakets in Höhe von 108 Billionen Yen (850 Milliarden Euro). Dies entspricht 20 Prozent des japanischen Bruttoinlandsprodukts.
Auch im Stadtstaat Singapur treten morgen weitreichende Ausgangsbeschränkungen in Kraft. Dort hatte die Zahl der Neuinfektionen zuletzt zugenommen. Schulen und Betriebe, die nicht als wesentlich gelten, werden deshalb für einen Monat geschlossen. Außerdem werden fast 20.000 ausländische Arbeitskräfte in zwei Wohnheimen unter Quarantäne gestellt. Sie dürften die Unterkünfte 14 Tage lang nicht verlassen, wie das Gesundheitsministerium am Sonntag bekanntgegeben hatte. In den beiden Wohnheimen sind bislang insgesamt mehr als 90 Sars-CoV-2-Infektionen festgestellt worden.
Die Lage an den Börsen
Der Dax hat zum Wochenauftakt den Sprung über die 10.000-Punkte-Marke geschafft. Beflügelt von den weltweiten Hoffnungen auf eine Verlangsamung der Covid-19-Ausbreitung legte der Leitindex zum Handelsende um 5,77 Prozent auf 10.075,17 Zähler zu. Der MDax für mittelgroße Unternehmen gewann 3,71 Prozent auf 21.101,10 Punkte.
Und was Hoffnung macht ...
Stellt Deutschland bei der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus eine Ausnahme dar? Das legt zumindest ein Artikel der "New York Times" nahe. In diesem findet die vergleichsweise niedrige Todesrate in Deutschland Beachtung. Gelobt wird etwa das deutsche Gesundheitssystem oder die im Vergleich zu den USA höhere Zahl von Tests. Besonders hervorgehoben wird auch die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie habe während der Krise „klar, ruhig und regelmäßig kommuniziert, als sie dem Land immer strengere soziale Distanzierungsmaßnahmen auferlegte“, heißt es. Die Beschränkungen seien auf wenig politischen Widerstand gestoßen und würden weitgehend befolgt.
Übrigens: Wer nach Strategien zum Umgang mit der aktuellen Isolation sucht, könnte in unserem Podcast "Gegen den Corona-Koller" findig werden. Darin gibt der deutsche Astronaut Matthias Maurer, der seit Jahren für seinen Flug ins Weltall trainiert, wertvolle Tipps.
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