Aus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 11
WELT Corona-Update
Hamburg (Weltexpresso) - In Großbritannien herrscht weiter Ausnahmezustand. Dass das Coronavirus wirklich jeden treffen kann, zeigt dort das Beispiel des britischen Premierministers Boris Johnson. Am Sonntag war der mit dem Coronavirus infizierte Johnson ins Krankenhaus eingeliefert worden. Gestern Abend wurde bekannt, dass der Premier auf die Intensivstation verlegt wurde.
Wie es um den Gesundheitszustand des 55-Jährigen wirklich bestellt ist, ist unklar. Nach Regierungsangaben hat sich sein Zustand jedoch stabilisiert. So sei Johnson nicht an eine Beatmungsmaschine angeschlossen werden, wie sein Sprecher in London mitteilte. Dem Premierminister werde zwar Sauerstoff zugeführt, aber er „atmet selbstständig ohne jegliche Unterstützung“. Auch eine Lungenentzündung habe Johnson nicht.
Unterdessen kommen aus aller Welt Genesungswünsche. Zahlreiche Politiker wünschten Johnson eine schnelle Besserung, viele noch in der Nacht zum Dienstag. Darunter waren auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Donald Trump, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, Russlands Präsident Wladimir Putin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Auch in Deutschland und im Rest der Welt gab es heute zahlreiche Entwicklungen im Kampf gegen Corona – wir haben diese für Sie wie üblich zusammengefasst.
Die Lage in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es noch keine Entwarnung. „Von einer Entspannung kann noch nicht ausgegangen werden“, sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, in Berlin. „Wir müssen die nächsten Tage abwarten.“ Wieler machte darauf aufmerksam, dass Schwankungen bei der Übermittlung der Zahlen von den Gesundheitsämtern immer möglich seien. Zudem habe die Ansteckungsrate zuletzt zwischen 1,2 und 1,5 gelegen. Das bedeutet, dass statistisch ein Infizierter 1,2 bis 1,5 weitere Menschen ansteckt. Am Freitag hatte Wieler den Faktor noch mit eins beziffert. Sinkt die Zahl auf unter eins, gehen Virologen davon aus, dass eine Pandemie eingedämmt ist.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schlägt zwar zuversichtliche Töne an, doch auch er sieht noch keinen Grund zur Entwarnung. Inzwischen sei zu sehen, „dass die Maßnahmen wirken, dass die Verbreitung des Virus sich verlangsamt“, sagte Spahn in Stuttgart. Die Bürger müssten sich bei aller Ungeduld auch über Ostern an die Beschränkungen halten, damit sich die Ausbreitung weiter verlangsame, sagte Spahn. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stimmte derweil die Bevölkerung in seinem Land auf eine Verlängerung zumindest eines Teils der Einschränkungen über den 19. April hinaus ein.
In was für besonderen Zeiten wir leben, zeigen auch ungewöhnliche Nachrichten aus dem Politikbetrieb. Hatte der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz die Arbeit der Bundesregierung im vergangenen Herbst noch als „grottenschlecht“ bezeichnet, stellte er sich nun hinter die Regierung. „Es gab ja eine sehr schwierige Phase vor der Krise. Es gab sehr schlechte Wahlergebnisse“, sagte der Kandidat für den CDU-Parteivorsitz bei RTL. „Aber das ist jetzt vorbei, in der Krise muss die Bevölkerung hinter der Regierung stehen. Und das gilt für mich auch.“ Merz hatte sich ebenfalls mit dem Coronavirus infiziert, ist aber nach eigenen Angaben mittlerweile wieder gesund.
Und auch die Bürger scheinen den Regierungskurs zu befürworten. In einer Erhebung des Meinungsforschungsunternehmens Insa für die „Bild“ legten CDU und CSU im Vergleich zur Vorwoche um weitere drei Prozentpunkte auf 38 Prozent zu. Die SPD gewann demnach einen Punkt hinzu und kam auf 16 Prozent.
Die Lage in Europa
Erst schlechte Nachrichten über den Gesundheitszustand Boris Johnsons, jetzt das: Auch der britische Kabinettsminister Michael Gove hat sich in Selbstisolation begeben. Ein Familienmitglied leide unter milden Corona-Symptomen, teilte Gove bei Twitter mit. „Ich habe keine Symptome und arbeite normal weiter.“ Im britischen Kabinett gab es bereits mehrere Infektionsfälle. Gesundheitsminister Matt Hancock und der medizinische Berater der Regierung, Chris Whitty, haben ihre Infektion aber bereits überstanden.
In Frankreich ist die Situation ebenfalls weiter angespannt. Jetzt hat die Hauptstadt Paris die ohnehin strengen Ausgangsbeschränkungen weiter verschärft: Sport an der frischen Luft zwischen 10 und 19 Uhr wird verboten. Die neue Regelung gelte ab Mittwoch, teilten Bürgermeisterin Anne Hidalgo und die Polizeipräfektur mit. Sport sei weiterhin zwischen 19 Uhr und 10 Uhr erlaubt, wenn der Andrang auf den Straßen am geringsten sei. Paris hatte bereits vor drei Wochen alle Parks und Grünflächen geschlossen und Sportlerinnen und Sportler so auf die Fußgängerwege gedrängt. Außerdem sind Spaziergänge und Sport im ganzen Land nur noch im Radius von einem Kilometer zur Wohnung und eine Stunde am Tag erlaubt.
Die Lage in der Welt
In den USA ist der Bundesstaat New York besonders heftig von der Coronapandemie betroffen. Nun äußerte sich Gouverneur Andrew Cuomo vorsichtig optimistisch zur weiteren Entwicklung. Zwar sei die Zahl der Toten in New York im Vergleich zum Vortag um 599 auf 4758 gestiegen, dies liege jedoch im Bereich der Vortage, sagte Cuomo am Montag auf seiner täglichen Pressekonferenz. Zudem sei die Zahl der neu in die Krankenhäuser Eingelieferten deutlich zurückgegangen, genauso wie die Zahl der Intubierten.
Cuomo warnte die New Yorker dennoch davor, nun nachlässig zu werden und das Virus zu unterschätzen. Das Gesundheitssystem sei „an seiner Kapazitätsgrenze“, dies werde in den kommenden Tagen so bleiben. Es könnte auch sein, dass die Zahlen wieder ansteigen werden. Cuomo ließ außerdem die Schließung aller nicht „lebenswichtigen“ Geschäfte und Schulen bis Ende April verlängern.
Der Stadtstaat Singapur galt lange als Musterknabe bei der Bekämpfung des Coronavirus. Es wurde unter anderem viel getestet, digital überwacht und die Grenzen kontrolliert. Ende Februar gab es gerade einmal 100 Infektionen. Doch nun steigt die Angst vor einer „zweiten Welle“ an Neuinfektionen. Denn die Zahl der neuen Ansteckungen liegt inzwischen schon bei 1375. Die Regierung gab deshalb nun bekannt, dass Singapur all seine Schulen und die meisten Unternehmen für einen Monat schließen wird. Ausnahmen sollten für lebensnotwendige Dienstleister gelten, wie etwa Lebensmittelbetriebe, Supermärkte, Nahverkehr, Banken und Kliniken. Ministerpräsident Lee Hsien Loong warnte angesichts der Infektionszahlen vor einer Verschlechterung. Falls es einen weiteren großen Infektionsherd gebe, könne die Lage außer Kontrolle geraten. Er forderte die Menschen auf, zu Hause zu bleiben und nur zum Kauf notwendiger Dinge hinauszugehen.
Die Lage an den Börsen
Die Hoffnung auf ein allmähliches Nachlassen der Coronapandemie hat die Kurse am europäischen Aktienmarkt weiter angetrieben. Der Dax stieg um 2,8 Prozent auf 10.356,70 Punkte und der EuroStoxx50 gewann 2,2 Prozent auf 2856,41 Zähler. Beide Indizes hatten bereits zum Wochenauftakt jeweils etwa fünf Prozent gewonnen Der Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 erholte sich um 2,6 Prozent. An der Wall Street legte der US-Standardwerteindex Dow Jones ebenfalls um 2,8 Prozent zu.
Und was Hoffnung macht ...
Erstmals seit dem 23. Januar dürfen die Einwohner aus dem chinesischen Wuhan ihre Stadt wieder verlassen: In der Nacht zum Mittwoch (Dienstag, 18.00 Uhr MESZ) endet auch das Ausreiseverbot für die zentralchinesische Millionenmetropole, die als Ausgangspunkt der Coronaviruspandemie gilt. Auch die Inlandsflüge von und nach Wuhan werden nun wieder aufgenommen. Die Hauptstadt der Provinz Hubei wurde als erste chinesische Stadt komplett abgeriegelt, später folgte fast die gesamte Provinz. Inzwischen hat sich die Lage aber entschärft – seit Ende März haben die Behörden schrittweise die Abschottungsmaßnahmen beendet. Auch insgesamt scheint sich die Lage in China weiter deutlich zu entspannen. Erstmals seit Ende Januar hat China keinen neuen Todesfall mehr gemeldet. Zudem sei die Zahl der nachgewiesenen Neuinfektionen auf 32 gesunken, wie die Nationale Gesundheitskommission mitteilte.
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