WELT Corona-Update
Hamburg (Weltexpresso) - Bis zum 3. Mai werden die in Deutschland geltenden Kontaktbeschränkungen verlängert. Darauf – und auf verschiedene Lockerungen – einigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Bundesländer heute nach längeren Verhandlungen. In der Öffentlichkeit ist es laut Merkel „empfehlenswert und geboten" eine „Alltagsmaske" zu tragen, insbesondere beim Einkauf und im Öffentlichen Nahverkehr.
Der Schulbetrieb in Deutschland soll am 4. Mai beginnend mit den Abschlussklassen, den Klassen, die im kommenden Jahr Prüfungen ablegen und den obersten Grundschulklassen wieder aufgenommen werden.
Geschäfte bis zu einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern können dann ebenfalls wieder öffnen, unter Einhaltung von Hygieneauflagen und Zugangsbeschränkungen. Unabhängig von der Verkaufsfläche sollen auch Kfz-Händler, Fahrradhändler und Buchhandlungen wieder öffnen dürfen, ebenso Bibliotheken und Archive sowie zoologische und botanische Gärten.
Auch Friseure dürfen ihr Geschäft wieder fortführen, müssen aber Schutzausrüstungen nutzen. Restaurants, Bars und Kneipen sollen wie bisher grundsätzlich geschlossen bleiben. Großveranstaltungen werden bis 31. August 2020 verboten, darunter fallen auch „Bierfeste", wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder betonte.
„Wir haben etwas erreicht", sagte Kanzlerin Merkel bei der Verkündung der Beschlüsse. „Unser Gesundheitssystem kann am Laufen gehalten werden", dank des Verzichts und der Einschränkungen der Bürger, so die Kanzlerin. Aber: Es sei ein „zerbrechlicher Zwischenerfolg". Deswegen müsse „ganz konzentriert weitergemacht werden", ohne Vorpreschen. „Wir müssen so lange mit dem Virus leben, bis es Medikamente und einen Impfstoff gibt". Söder ergänzte: „Wir müssen weiter mit Vorsicht agieren."
In Deutschland und im Rest der Welt gab es heute wieder zahlreiche Entwicklungen im Kampf gegen Corona .
Die Lage in Deutschland
Während manche Geschäfte bald wieder öffnen können sollen, bleiben Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie religiöse Feierlichkeiten und Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften vorerst untersagt. Hotels sollten auch weiterhin „nur für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung“ stehen. Auf private Reisen und Besuche auch von Verwandten soll weiterhin verzichtet werden.
Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen der Abschlussklassen des laufenden Schuljahres sollten nach entsprechenden Vorbereitungen unmittelbar wieder stattfinden können.
Die in der Corona-Krise eingeführten Kontrollen an deutschen Grenzen sollen nach dem Willen des Bundesinnenministeriums für weitere 20 Tage gelten.
Die Verlängerung der übrigen Kontaktbeschränkungen bis zum 3. Mai soll dazu dienen, zusätzliche Zeit beim weiteren Aufbau von Intensiv-Kapazitäten an den Krankenhäusern, der Steigerung von Testkapazitäten sowie der Verbesserung der Zielgenauigkeit von Tests zu gewinnen. Die geplante App zur Nachverfolgung von Infektionsketten wurde als wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Pandemie bezeichnet. Der Bestand an Schutzmasken und -kleidung solle weiter aufgestockt werden, um vorrangig den Gesundheits- und Pflegebereich auszustatten. Auch Unternehmen, bei denen der vorgeschriebene Abstand nicht eingehalten werden könne, sollten mit Masken versorgt werden.
Alle 14 Tage wollen Bund und Länder sich nun mit einer Aktualisierung der anhaltenden Beschränkungen befassen. Das nächste Treffen hierfür ist am 30. April geplant.
Die Lage in Europa
Österreich will ab 1. Mai verschiedene Sportstätten für den Breitensport wieder öffnen. Ermöglicht werden sollen vorerst nur Aktivitäten im Freien, nicht in der Halle. Sportminister Werner Kogler (Grüne) nannte demnach als Beispiele Leichtathletik-Anlagen, Tennisplätze, Golfplätze sowie Pferdesport- und Schießanlagen. Die Corona-Abstandsregeln müssten dabei jedoch weiter eingehalten werden, mahnte Kogler.
Anfang Mai sollen nach dem Fahrplan der Regierung in Wien auch größere Geschäfte wieder öffnen. Hotels und die Gastronomie sollen voraussichtlich Mitte Mai folgen. Die Schulen in Österreich bleiben dem aktuellen Plan der Regierung zufolge ebenfalls noch bis Mitte Mai geschlossen, Veranstaltungen bis Ende Juni verboten.
Die britische Regierung will sich morgen dazu äußern, was ihre Überprüfung der Kontaktsperren in dem Land ergeben hat. Dies kündigte ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson an. Er bekräftigte, die Berater gingen nicht davon aus, dass Großbritannien den Höhepunkt der Pandemie bereits überschritten habe. Das Land hat seit einer Woche konstant die höchsten täglichen Todeszahlen in Europa zu beklagen.
Nach Kritik hat die Regierung auch Coronavirus-Tests für Tausende Bewohner von Pflege- und Altenheimen sowie für Mitarbeiter angekündigt. Routinemäßig sollten Pflegekräfte überprüft werden, ebenso alle Bewohner mit Symptomen der Erkrankung Covid-19, kündigten britische Beamte heute an. Derzeit werden nur die ersten fünf Bewohner mit Symptomen in einem Senioren- oder Pflegezentrum getestet, um festzustellen, ob es einen Ausbruch gibt.
Die Lage in der Welt
US-Präsident Donald Trump hat bei seiner täglichen Pressekonferenz angekündigt, dass die USA ihre Beitragszahlungen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorerst einstellen werden. Trump wirft der WHO vor, dass sie in der Corona-Krise zu unkritisch gegenüber China gewesen sei. Zudem habe die Organisation seine Entscheidung, Flüge aus China nicht mehr in den USA landen zu lassen, kritisiert.
Nun habe er angewiesen, die Beitragszahlungen zu stoppen, während überprüft werde, welche Rolle die WHO bei der „schlechten Handhabung und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus“ gespielt habe, sagte Trump im Rosengarten des Weißen Hauses. Bislang haben die USA jährlich knapp 500 Millionen Dollar an die WHO gezahlt. Für viele politische Beobachter in den USA ist der Hintergrund dieser Entscheidung Trumps Versuch, in der Coronakrise jedwede Schuld von sich und seiner Regierung auf andere abzuwälzen - und ein Narrativ zu kreieren, wonach alle positiven Ergebnisse ihm zugeschrieben werden und alle Fehler wahlweise China, der WHO, Gouverneuren der Bundesstaaten, der Obama-Regierung oder den Medien.
Das US-Finanzministerium hat laut „Washington Post“ unterdessen angeordnet, den Namen von US-Präsident Donald Trump auf Notschecks für Millionen von Amerikanern drucken zu lassen. Es handle sich dabei um einen beispiellosen Schritt, der drohe, die Auslieferung an Empfänger um einige Tage zu verzögern, schrieb das Blatt unter Berufung auf namentlich nicht genannte Mitarbeiter der US-Steuerbehörde IRS.
Rund 70 Millionen Menschen sollen in der Corona-Krise als Teil des US-Konjunkturpakets einen Scheck über 1200 US-Dollar bekommen, pro Kind soll es zusätzlich 500 US-Dollar geben.
Das von Trump als Wundermittel angepriesene Malaria-Medikament Hydroxychloroquine hat sich in einer Studie als nur begrenzt hilfreich gegen Covid-19 erwiesen. In China haben Ärzte in 16 Krankenhäusern das Medikament an insgesamt 150 Patienten verabreicht – und festgestellt, dass es im Vergleich mit einer Behandlung ohne das Mittel keinen positiven Einfluss auf den Heilungsprozess hat.
Allerdings half Hydroxychloroquine manche Symptome des Virus zu lindern und half auch dabei, Entzündungswerte im Körper zu senken. Dafür sorgte das Medikament bei manchen Patienten aber auch vermehrt für Nebenwirkungen, die in den meisten Fällen jedoch nur leicht waren. Am häufigsten wurde Durchfall beobachtet.
Die Lage an den Börsen
Die Spekulation darüber, dass es die Bundesregierung in der Viruskrise mit der Lockerung der Kontaktbeschränkungen nicht so eilig hat, ließ den Dax im Tagesverlauf deutlich absacken. Als Belastung hinzu kamen am Nachmittag desaströse Konjunkturdaten aus den USA, so dass der deutsche Leitindex 3,90 Prozent tiefer bei 10 279,76 Punkten schloss. Seit dem Tief des Corona-Crashs Mitte März hat er dennoch um rund ein Viertel zugelegt. Der MDax der mittelgroßen Werte fiel zur Wochenmitte um 2,91 Prozent auf 21 722,09 Zähler.
Und was Hoffnung macht ...
In Deutschland sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums derzeit 10.000 Intensiv-Betten frei. Ebenso viele Beatmungsgeräte seien verfügbar, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Demnach sind die Kapazitäten innerhalb einer Woche nicht gesunken.
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