corhessenschauAus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 21

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Es war die erste Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seit Beginn der Corona-Krise. Und die Kanzlerin nutzte den Moment, um noch einmal klarzumachen, was sie von Alleingängen einzelner Bundesländer bei der Lockerung der Corona-Beschränkungen hält. Die Umsetzung der Öffnungsbeschlüsse der vergangenen Woche wirke auf sie „in Teilen sehr forsch, um nicht zu sagen zu forsch“, kritisierte Merkel im Bundestag. Konkrete Länder nannte sie nicht.

Gleichzeitig rief sie die Bürgerinnen und Bürger zum Durchhalten auf. „Ich verstehe, dass dieses Leben unter Corona-Bedingungen allen schon sehr, sehr lange vorkommt“, versicherte Merkel. Aber: „Wir leben nicht in der Endphase der Pandemie, sondern immer noch an ihrem Anfang.“ Ihr sei bewusst, wie schwer die Einschränkungen alle belasteten. „Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung, denn sie schränkt genau das ein, was unsere existenziellen Rechte und Bedürfnisse sind“, sagte die Kanzlerin.

Während sich die Grünen in der Aussprache weitgehend hinter den Kurs der Bundesregierung stellten, kam Kritik von AfD und FDP. So erklärte FDP-Chef Lindner, weil die Zweifel an den eingeleiteten Maßnahmen gewachsen seien "endet heute auch die große Einmütigkeit in der Frage des Krisenmanagements“. Und die Linke monierte einen Maßnahmen-Flickenteppich in den Ländern.  Was heute sonst noch wichtig war, haben wir wieder für Sie zusammengefasst.


Die Lage in Deutschland

Das Timing war - nun ja - bezeichnend für die verschiedenen Vorstellungen der Länder und der Bundesregierung, vor allem in dieser Woche. Während Merkel die Umsetzung der Lockerungen einiger Bundesländer als "zu forsch" bezeichnete, formierte sich eine Allianz aus drei Bundesländern: Zusammen mit ihren Kollegen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen will Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) weitere und vor allem einheitliche Lockerungen durchsetzen. Vor allem Gastronomie und Hotels sollten eine Perspektive für die Zeit nach dem 4. Mai bekommen, aber auch im Einzelhandel müsse es weitere Möglichkeiten geben, teilte das Landeswirtschaftsministerium am Donnerstag mit. Ein entsprechendes Konzept der drei Länder soll bis zur nächsten Runde der Regierungschefs von Bund und Ländern in der kommenden Woche stehen. In einer Ministerkonferenz am Nachmittag sollte zudem bei den übrigen Bundesländern für die Pläne geworben werden.

Von der Kritik Merkels fühlte sich Bayern jedoch nicht angesprochen. Sie seien die Vorsichtigen in Deutschland, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor einem Treffen mit seinem Amtskollegen Winfried Kretschmann (Grüne) in Ulm. Kretschmann warnte eindringlich vor Rufen nach mehr Lockerungen. Er halte den anschwellenden Chor der Öffnung für wenig durchdacht. Zwar verstehe er den Wunsch nach mehr Öffnung etwa aus der Wirtschaft. Eine zweite Infektionswelle führe aber erst recht zu einem gigantischen Schaden für die Unternehmen. „Wenn wir jetzt zu sorglos handeln, wird sich das bitter rächen.“ Söder brachte indes noch einen anderen Aspekt in die Debatte ein: Der CSU-Chef erklärte, er würde in Deutschland eine generelle Impfpflicht gegen das Coronavirus befürworten. „Für eine Impfpflicht wäre ich sehr offen“, sagte Söder. Bis es einen Impfstoff gebe, könne es keine Entwarnung geben.

Um die wirtschaftlichen und sozialen Härten der Krise abzufedern, einigte sich bereits in der Nacht zu Donnerstag der Koalitionsausschuss von Union und SPD auf weitere milliardenschwere Hilfen. Das Kurzarbeitergeld soll erhöht werden, um vor allem für Geringverdiener Einkommensverluste auszugleichen. Zugleich wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds verlängert. Gastronomiebetriebe bekommen Steuererleichterungen und die Mehrwertsteuer für Speisen wird vom 1. Juli für ein Jahr auf den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent gesenkt. Um Schulen und Schüler beim digitalen Unterricht zu Hause zu unterstützen, will der Bund 500 Millionen Euro bereitstellen. Bedürftige Schüler sollen einen Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung von Computern bekommen. Kostenpunkt des gesamten Pakets: Mehr als 10 Milliarden Euro, wie SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte.

Gleichzeitig ist die Stimmung bei den Verbrauchern in Deutschland so schlecht wie nie, teilte der Nürnberger Marktforscher GfK mit: Die Angst vor Arbeitsplatzverlust und Kurzarbeit in der Corona-Krise hat das Konsumklima in der Bundesrepublik auf einen historischen Tiefstand gedrückt. Die Marktforscher erwarten einen Konsumklima-Wert von minus 23,4 Punkten im Mai, das wären 25,7 Punkte weniger als im April. Der für Mai erwartete Wert sei „beispiellos in der Historie des Konsumklimas“, erklärte Bürkl.


Die Lage in Europa

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder haben erneut gemeinsame Beratungen in der Corona-Krise aufgenommen. Bei ihren Gipfelgesprächen per Videoschalte sind Hilfen für die Wirtschaft in Europa ein zentrales Thema. Europäische Unternehmen verlieren infolge der Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie derzeit viel Geld. Merkel sagte vor dem EU-Gipfel auch Hilfe für besonders hart getroffene EU-Länder zu. „Europa ist nicht Europa, wenn es nicht füreinander einsteht in Zeiten unverschuldeter Not“, sagte die Kanzlerin. Indes forderte die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, beim EU-Gipfel nach Angaben von Teilnehmern ein rasches gemeinsames Handeln der Staaten. Die EZB befürchte im Extremfall einen Wirtschaftseinbruch um 15 Prozent in der Eurozone. Es brauche darum eine entschlossene Antwort. Bei ihrer Videokonferenz Ende März hatten sich die Beratungen der Gipfelteilnehmer wegen großer Meinungsverschiedenheiten bis in die Nacht hingezogen – bis das Ergebnis da ist, kann es also etwas dauern.

In Spanien sind mittlerweile mehr als 22.000 Menschen durch die Corona-Pandemie ums Leben gekommen. In den vergangenen 24 Stunden seien 440 Corona-Tote gezählt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Madrid mit. Damit stieg die landesweite Zahl der Todesopfer auf 22.157. Nur in den USA und in Italien gibt es noch mehr Corona-Tote. Die Tageszahl der Corona-Toten in Spanien stieg zum dritten Mal in Folge. Die Zahl der Infektionen stieg auf landesweit 213.000 Fälle. Mehr Ansteckungen wurden bisher nur in den USA nachgewiesen.

In Schweden sind inzwischen mehr als 2000 Menschen mit Covid-19-Erkrankung gestorben. Landesweit haben sich mehr als 16.700 Menschen infiziert, wie Zahlen der Gesundheitsbehörde zeigten. Schweden verfolgt in der Corona-Krise einen freizügigeren Weg als alle anderen europäischen Länder. Die Schweden dürfen weiter in Restaurants, Kneipen und Cafés gehen, Schulen und Kindergärten sind ebenfalls nach wie vor geöffnet. Die Grenzen sind nur für Nicht-EU-Bürger geschlossen. Öffentliche Versammlungen sind erst ab mehr als 50 Personen untersagt. Verglichen mit Deutschland hat Schweden mit seinen 10,3 Millionen Einwohnern auf die Bevölkerungszahl gerechnet etwas weniger registrierte Infektionsfälle, dafür aber pro Einwohner mehr als dreimal so viele Todesfälle.


Die Lage in der Welt

In den USA haben infolge der Corona-Pandemie die fünfte Woche in Folge Millionen Menschen einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt. In der Woche bis zum 18. April wurden 4,4 Millionen Neuanträge registriert, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte. Damit haben innerhalb eines Monats mehr als 26 Millionen Menschen ihren Job verloren. Die US-Arbeitslosenquote dürfte Experten zufolge bereits deutlich über 10 Prozent liegen, manche Analysten rechnen sogar mit etwa 15 Prozent. Einen genauen Wert gibt es noch nicht, weil die Statistik zuletzt nicht mit der Geschwindigkeit der Jobverluste Schritt halten konnte. US-Präsident Donald Trump hofft, dass eine Lockerung der Schutzmaßnahmen Besserung bringen wird. Der Präsident unterzeichnete zudem die angekündigte Verfügung zur vorübergehenden Aussetzung von Einwanderung in die Vereinigten Staaten. Trump begründete den Schritt erneut damit, Jobs und medizinische Ressourcen müssten angesichts der Corona-Krise für Amerikaner bewahrt werden. In den USA gibt es nach Angaben von Forschern der Universität Johns Hopkins mehr als 840.000 bestätigte Infektionen.


Die Lage an den Börsen

Trotz schwacher Konjunkturdaten haben Anleger am Donnerstag etwas mehr Zutrauen gefasst. Der Dax stieg um 0,95 Prozent auf 10.513,79 Punkte und rückte vorübergehend auf den höchsten Stand seit Wochenbeginn vor.


Und was Hoffnung macht ...

In Mecklenburg-Vorpommerns einziger Großstadt Rostock ist seit 14 Tagen keine Neuinfektion mit dem neuartigen Coronavirus mehr bekannt geworden. „Der letzte zurzeit an Covid-19 erkrankte Rostocker konnte jetzt aus der Quarantäne entlassen werden“, teilte Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen mit. Einzelne Rostocker, die in den vergangenen Tagen als neuinfiziert in der Statistik auftauchten, lebten zurzeit nicht in der Stadt, sagte ein Sprecher. Natürlich könne sich die Situation minütlich ändern, räumte er ein. Rostock hat mehr als 200.000 Einwohner.

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