Bildschirmfoto 2020 04 27 um 03.08.16Tauziehen wegen 500 Metern + Gouverneur Cuomo stellt Lockerung von Ausgangssperren in Aussicht

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Der LiveTicker von tachles berichtet laufend über Entwicklungen rund um das Coronavirus .

SONNTAG, 26. April 2020

22.15 Uhr
Tauziehen wegen 500 Metern
Ein Paradebeispiel für Entscheidungsunfähigkeit unter Druck legte die formell noch gar nicht gebildete israelische Regierung am Sonntagabend ab. Zuerst hob sie die Beschränkung auf, dass Jogger nur in einem Radius von maximal 500 Metern von ihrer Wohnung aus Sport betreiben durften. Dann aber geriet das Gesundheitsministerium in Panik und wies darauf hin, dass zu viele echte und angebliche Sportler die Aufhebung der Beschränkung ausnutzen könnten, um am Unabhängigkeitstag vom Mittwoch ins Freie zu strömen. Das könnte zum völligen Zusammenbruch der sozialen Trennungen und des Verbots der Gruppenbildung führen, weshalb der Beschluss rückgängig zu machen sei. Die Regierung folgte dem Wunsch des Gesundheitsministeriums und widerrief die Lockerung. Neu gilt nun die Aufhebung ab den 30. April, um 8 Uhr morgens, also nach dem Unabhängigkeitstag.

Auf der ernsthafteren Seite präsentierte sich am Sonntagabend in Israel folgendes Zahlenbild des Coronavirus: 201 Tote, 15433 diagnostizierte Fälle, von diesen 133 in ernsthaftem Zustand, und 99, die intubiert werden mussten. JU


21.50 Uhr
Schlechte Umfragen für Republikaner
Die Aussichten für Donald Trump und Republikaner im US-Senat für die Wahlen im November werden trüber. Dies ergeben interne Umfragen der Partei in «Schlachtfeld-Staaten» wie Arizona, Florida, Michigan, North Carolina oder Pennsylvania. Die Resultate werden nun von «Politico» und der «New York Times» vermeldet. Erhebungen von unabhängigen Demoskopen kommen weitgehend zu gleichen Ergebnissen: Stand heute würden die Republikaner ihre Mehrheit von vier Sitzen im Senat und das Weisse Haus verlieren (link). Offenkundig dämpft das chaotische Vorgehen von Donald Trump bei der Virus-Pandemie den Enthusiasmus der rechten Basis, treibt Unabhängige in die Arme der Demokraten und mobilisiert das linke Lager.

Trump hatte sich am Donnerstag bekanntlich selbst mit der ebenso debilen wie lebensgefährlichen Idee überboten, Virusinfektionen mit Injektionen von Chlorbleiche oder anderen Desinfektionsmitteln zu heilen. Die Reaktion auf diese Demonstration von Inkompetenz ist derart überwältigend, dass Trump seine täglichen Pressekonferenzen zu Covid-19 nun vorerst ausgesetzt hat. Diese dienten ihm seit März als Propagandaplattform und Ersatz für die Massenveranstaltungen, die er dank der Pandemie nicht mehr abhalten kann (nytimes).

Bemerkenswert ist zudem, dass innerhalb der «Grand Old Party» ein Konflikt über die angemessene Reaktion auf die schlechten Umfragewerte ausgebrochen ist. Anscheinend wollen Strategen in der Partei, Wähler mit den Leistungen Trumps überzeugen. Das «Republican National Committee» hat jüngst entsprechende Anzeigen lanciert. Das Weisse Haus setzt dagegen auf brutale Attacken gegen Joe Biden (politico).

Selbstverständlich sind die Umfragen und Berichte mit Vorsicht zu geniessen. Zum gleichen Zeitpunkt im Wahljahr 2016 lag Hillary Clinton in vielen «Swing States» deutlicher vor Trump, als Biden heute. Aber nun würde die Antwort von Bürgern auf die wichtigste Frage bei jeder Wahl eindeutig anders ausfallen: «Geht es Ihnen und dem Land besser als vor vier Jahren?» AM


21.45 Uhr
Gouverneur Cuomo stellt Lockerung von Ausgangssperren in Aussicht
In seiner täglichen Pressekonferenz zu Covid-19 hat Andrew Cuomo am Sonntagmittag für den Staat New York die schrittweise Aufhebung von Ausgangssperren nach dem 15. Mai in Aussicht gestellt. Dies soll zunächst in dünner besiedelten und weniger von der Pandemie betroffenen Regionen beginnen und betrifft Fabriken und das Baugewerbe (nytimes). Der Gouverneur hat seit Ende März keine derart konkreten Angaben für eine Rückkehr von New York State zur Normalität gemacht. Anlass ist der stetige Rückgang der Todeszahlen und Ansteckungen. Auf den Sonntag hat Covid-19 das Leben von 367 New Yorkern gefordert, die niedrigste Tagesrate seit Ende März.

Allerdings stieg die Zahl der Einlieferungen in Spitäler am 25. April um 1087 auf 12.839 – eine Zunahme um 685 Patienten gegenüber dem Freitag. Cuomo ist jedoch optimistisch, da die Ansteckungsrate im Gliedstaat bei 0,8 Prozent liegt und rückläufig ist: Auf je zehn Covid-Fälle kämen nur acht Neuinfektionen (twitter). Der Gouverneur kündigte zudem eine neue Initiative mit 5000 Drogerien in New York State an. Diese bieten ab sofort Virus-Tests an.

Insgesamt geht die offizielle Zahl für Infektionen in den USA, bei anhaltend niedrigen Testzahlen von rund 16.000 täglich, auf eine Million zu (ein Drittel der Fälle weltweit) und jene der Opfer auf 55.000 (über ein Viertel der 206.000 weltweit) (link). New York bleibt mit knapp 300.000 Fällen und 23.000 Todesopfern (über drei Viertel davon in NYC) der Hot Spot in den USA. AM


17.25 Uhr
Elfjähriges Mädchen hat den Virus
Der Gesundheitszustand eines vom Coronavirus befallenen elfjährigen israelischen Mädchens verschlechterte sich am Sonntag zusehends. Wie das Baruch Padeh Medical Center am Sonntagnachmittag erklärte, wurde das Kind inzwischen unter Betäubung intubiert. Das Kind war am Freitag in das Zentrum eingeliefert worden, ist inzwischen aber auf den Gesundheitspflege-Campus des Haifaer Rambam-Krankenhauses eingeliefert worden. Am Samstag begann ihr Gesundheitszustand sich zu verschlechtern. JU


17.23 Uhr
Neuer Eckwert: 200 Tote
Die Zahl der israelischen Corona-Toten ist am Sonntag auf 200 gestiegen. Gleichzeitig zählte man 15398 Patienten, die in verschiedenen Gesundheitszuständen im Krankenhaus liegen. Der Zuwachs hält sich mit 100 neuen Kranken bis Sonntagmorgen in Grenzen. Gegenwärtig befinden sich 132 Patienten in schwierigen Zuständen. 100 von ihnen mussten intubiert werden. 6602 Patienten konnten das Krankenhaus geheilt verlassen. Für die bis zum 3. Mai gültigen Erleichterungen gilt folgendes: Sollte der gegenwärtige Trend anhalten, würden die Restriktionen weiter gelockert werden. Sollte hingegen die Zahl der Neuerkrankungen auf über 300 pro Tag steigen, oder die Zahl der infizierten Personen sich innert zehn Tagen mehr als verdoppeln, dann würden die Restriktionen wieder zunehmen. Der Beschluss, genauere Kriterien einzuführen, kam auf die Kritik von General-Staatsawalt Avichai Mendelblit, wonach das Kabinett Entscheidungen «arbiträr, ohne klare Kriterien und transparente Indizien» treffen würde. Zum jetzigen Zeitpunkt, liess Mendelblit durchblicken, würde der Oberste Gerichtshof nicht intervenieren, doch falls Notstandsregulierungen weiter auf diese Art und Weise getroffen werden sollten, würde das Gericht vielleicht nicht widerstehen können. JU


9.40 Uhr
Mossad bringt Coronavirus-Ausrüstung nach Israel
Der israelische Geheimdienst Mossad hat weitere medizinische Ausrüstung nach Israel gebracht, unter anderem Untersuchungseinheiten, die gestatten, 1000 weitere Corona-Test pro Tag durchzuführen. Das berichtete der israelische TV-Kanal 12. Die Lieferungen enthalten demnach ferner Ventilatoren, Fläschchen zur Produktion von Hand-Reiniger, Reagenzien aus Südkorea und ein HIV-Medikament aus Indien, das derzeit experimentweise an Coronapatienten angewendet wird. Ferner bemüht das israelische Gesundheitsministerium sich derzeit um den Kauf von 47 verschiedenen Medikamenten und Anästhetika, die in Israel derzeit fehlen. Mossad-Chef Yossi Cohen leitet gegenwärtig zusammen mit anderen Sicherheitseinheiten und dem Gesundheitsministerium ein spezielles Kommandozentrum zur Durchführung der genannten Aktionen. Im Rahmen einer solchen Aktion hatte der Mossad schon im März über 100000 Coronavirus-Untersuchungseinheiten nach Israel gebracht, doch konnten diese wegen des Fehlens einer Komponente zunächst nicht eingesetzt werden. Erst als diese nachgeliefert wurde, konnten die Einheiten ihrer Aufgabe zugeführt werden. JU


9.35 Uhr
JC trotzt Coronavirus
Der Londoner «Jewish Chronicle», die weltweit älteste jüdische Publikation, ist laut Berichten aus Grossbritannien vor der  Liquidation bewahrt worden. Im Rahmen dieser Bemühungen wurde das Blatt neuen Eigentümern zugeführt. Ein breit gestreutes Konsortium hat mit den bisherigen Eigentümern, der Kessler Foundation, eine Vereinbarung erzielt, den JC zu übernehmen mit dem letztlichen Ziel zur Errichtung eines Wohltätigkeitstrusts zwecks Gewährung der lagfristigen Stabilität des Blattes. Das teilte JC-Chefredakteur Stephen Pollard in einer Verlautbarung mit. Die bisherigen Besitzer des Blattes hatten sich gezwungen gesehen, wegen der durch den Coronavirus verursachten wirtschaftlichen Krise das Blatt einzustellen. Zusammen mit dem JC retteten die neuen Eigentümer auch die «Jewish News», die gemäss ursprünglichen Plänen mit dem JC hätten fusionieren sollen. Das Rettungs-Konsortium wird angeführt von Robbie Gibb, dem ehemaligen Chef des politischen Programms der BBC und ein früherer Berater der damaligen Premierministerin Theresa May. Dem Konsortium gehören unter anderem ferner an: Der BBC-Journalist John Ware, der Radio-Journalist Jonathan Sacerdoti, Rabbi Jonathan Hughes, John Woodcock, ein Sprecher des ehemaligen Premierministers Gordon Brown, und William Shawcross, ein früherer Vorsitzender der Charity Commission. Die neuen Eigentümer haben zugesagt, in die redaktionelle Unabhängitkeit des «Jewish Chronicle» nicht eingreifen zu wollen. «Zum ersten Mal in vielen Jahren werden wir unterstützt durch Personen, die entschlossen sind, in Journalismus zu investieren und den JC und die jc.com zu einem noch besseren und essentielleren Lesestoff zu machen», schrieb Pollard. TA


9.30 Uhr
Litzman hat genug
Der nicht sonderlich beliebte israelische Gesundheitsminister Yaakov Litzman (Vereinigtes Tora-Judentum) hat sich noch vor dem Wochenende endgültig entschlossen, seinen derzeitigen Posten aufzugeben. Er will stattdessen, wie er Premierminister Netanyahu schon am Freitag bekanntgab, das Portefeuille des Wohnbauministeriums übernehmen, vorausgesetzt, dieses würde auch die einflussreiche Israelische Bodenbehörde enthalten. Litzmans Rabbi, der chassidische Rebbe Yaacov Arie Alter (der Gerrer Rebbe), hatte seinem «Jünger» klargemacht, dass seine charedische (ultra-orthodoxe) Wahlbevölkerung dieses Ressort benötige. Laut israelischen Medienberichten dürfte Blauweiss sich für das Gesundheitsressort interessieren. Zuerst war Gabi Ashkenazi, der eigentlich als Aussenminister vorgesehen ist, als Nachfolger Litzmans genannt worden, doch am Samstag erklärte Ashkenasi, seine Partei würde einen professionellen Nachfolger vorziehen. Im Gespräch ist unter anderem Dr. Yitzchak Kreiss, Generaldirektor des Sheba Medical Centers.

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Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 24. April 2020