Bildschirmfoto 2020 05 04 um 01.49.56Esther Hayut, Präsidentin des Obersten israelischen Gerichtshofs, kommentiert

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - «Die Festung der Gerechtigkeit wird mit Bibi als Premier nicht fallen», so Esther Hayut, Präsidentin des Obersten israelischen Gerichtshof.

Am Sonntag fand das erste Hearing des Obersten israelischen Gerichtshofs über das Schicksal von Premier Binyamin Netanyahu statt. Kann er trotz der über ihm hängenden Anklagepunkte die entstehende israelische Koalitionsregierung bilden?

Esther Hayut, Präsidentin des Obersten israelischen Gerichtshofs, wies am Sonntag einen Anwalt für die Petitionäre gegen Netanyahu zurecht. Die Argumente der Petitionäre, so meinte Frau Hayut, wonach die Rechtsordnung des Landes mit Netanyahu an der Spitze der Regierung zusammenbrechen würde, seien «Populismus am falschen Ort».

Wörtlich meinte die Präsidentin: «Das ist eine unangebrachte Behauptung, das ist Populismus. Eine Seite kann hier nicht behaupten, dass, sollte ihre Position nicht akzeptiert werden (dass Netanyahu wegen der gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen nicht Premier werde kann), die ganze Festung der Rechtsordnung fallen würde». 

Das Obeste Gericht – es besteht aus total 15 Richten – war am Sonntag in der Maximalbesetzung von 11 Richtern angetreten. Die Äusserung von Präsidentin Hayut muss zweifelsohne als dramatisch bezeichnet werden, fegte sie doch die Hindernisse, die Netanyahu für die Regierungbildung im Wege gestanden sein mögen, mit einem Satz unter den Tisch.

Am Montag wird das Gericht nun zur zweiten und abschliessenden Runde zusammentreten, wobei es dann wieder um die Frage gehen wird, ob Netanyahu die Regierung als Angeklagter überhaupt bilden kann. Daneben wird es aber auch über weitere kontroverse Aspekte des Koalitionsvertrags zwischen dem Likud und Blauweiss gehen. Die Wichtigkeit der Sitzung vom Sonntag lässt sich unter anderem auch daran ablesen, dass die Verhandlung live vom Fernsehen übertragen worden ist.

Foto:
Die Präsidentin des Obersten israelischen Gerichtshofs, Esther Hayut.

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 4. Mai 2020