baua.deAus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 28

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Sogar Bayern, dessen Landes-Chef sich bisher wahrlich nicht durch übermäßige Lockerungswut hervorgetan hatte, legt jetzt einen Plan zur schrittweisen Aufhebung der Corona-Restriktionen vor. So dürfen am 18. Mai die Biergärten wieder aufmachen – früher, als beispielsweise Dritt- und Viertklässler wieder in die Schulen gelassen werden.

Ein Blick in manche andere Gegend Europas macht Mut, dass Lockerungen der richtige Weg sind – so hat sich in Österreich nach dem schrittweisen Einkassieren der Beschränkungen die Infektionslage nicht merklich verschlimmert. In Frankreich dagegen wirft ein einziger positiver Test plötzlich Fragen auf, deren Antworten die Reiseroute des Virus von China in die Welt neu schreiben könnte.

Nicht alle europäischen Länder haben den schlimmsten Teil der ersten Welle schon überstanden – aber nach bangen Wochen, in denen der frühe Verlauf der Pandemie so unklar war, fällt nun erstmals etwas Gewicht von den Schultern.

Was sonst noch in Europa und der Welt passiert ist, haben wir wieder für sie zusammengefasst. Bleiben Sie gesund!


Die Lage in Deutschland

Gestern noch zeigte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein „bisschen unglücklich“ darüber, dass einzelne Bundesländer bei den Lockerungen der Corona-Restriktionen vorpreschten. Einen Tag später kündigt er nun an, sein Bundesland wolle die Biergärten wieder aufmachen. Ab dem 18. Mai soll dort unter Auflagen wieder ausgeschenkt werden dürfen – eine Woche früher als in Restaurants. Auch andere Bereiche dürfen bald wieder öffnen: die Schulen schrittweise sogar schon ab dem 11. Mai, ebenso wie der Handel. Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätzen soll ab Pfingsten am 30. Mai der eingeschränkte Betrieb erlaubt sein.

Damit reiht Bayern sich ein in die wachsende Liste derjenigen Bundesländer, die einen Fahrplan für die Lockerung ihrer Corona-Beschränkungen aufgestellt haben – nachdem am Montag Niedersachsen und Sachsen-Anhalt den Anfang gemacht hatten, zogen seitdem unter anderem Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg nach. Und jetzt eben auch Bayern. Söder verteidigte das Vorangehen kurz vor den für Mittwoch angesetzten neuen Beratungen von Bund und Ländern. „Wir machen keine plumpe Öffnung. Das was wir machen, ist ja ein Modell“, sagte der CSU-Chef. Es handle sich um einen in sich geschlossenen, vorsichtigen Plan, der auch Blaupause für andere sein könne. Das Vorgehen sei mit Kanzlerin Angela Merkel abgestimmt.

Bei manchem löst die schrittweise Aufweichung der Einschränkungen nicht nur Freude aus. RKI-Präsident Lothar Wieler zeigte sich besorgt über demnächst womöglich wieder steigende Infektionszahlen. „Das ist eine Pandemie“, sagte Wieler am Dienstag in Berlin. „Und bei einer Pandemie wird dieses Virus so lange Krankheiten hervorrufen, bis 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung infiziert sind.“ Es werde „mit großer Sicherheit“ eine zweite Welle geben, dessen sei sich die Mehrheit der Wissenschaftler sicher. Viele gingen auch von einer dritten Welle aus.

Und auch Kanzlerin Angela Merkel scheint mit Lockerungsplänen weiterhin nicht vollständig warm zu werden. Sie will sich nach Informationen der „Bild“-Zeitung für eine Obergrenze bei Neu-Infektionen einsetzen. Das Bundeskanzleramt will demnach die anstehenden Lockerungsbeschlüsse mit dem Vorbehalt verbinden, dass Öffnungen regional zurückgenommen werden müssen, sollte eine Obergrenze von Neu-Infektionen überschritten werden.

Die Lage in Europa

In Frankreich ist ein Mann positiv auf Covid-19 getestet worden. Eigentlich nichts Besonderes – wäre der entsprechende Test nicht schon am 27. Dezember abgenommen worden. Bisher hieß es, die ersten Corona-Fälle in Frankreich seien am 24. Januar aufgetreten – bei Menschen, die einen Bezug zu China hatten. Wo sich der 43-jährige Pariser angesteckt hat, dessen Test nun bei einer nachträglichen Überprüfung positiv ausfiel, ist unklar. Möglicherweise hat die Frau des Mannes das Virus mit nach Hause gebracht – sie arbeitet in einem Supermarkt in der Nähe eines Flughafens.

Nach Bekanntwerden des Falles rief die Weltgesundheitsorganisation WHO auch andere Staaten dazu auf, ähnliche Krankheitsfälle von Ende 2019 nachträglich auf eine Coronavirus-Infektion hin zu überprüfen. Es sei möglich, dass sich noch mehr Lungenentzündungs-Patienten als frühe Corona-Fälle entpuppen, sagte WHO-Sprecher Christian Lindmeier am Dienstag in Genf. Diese Fälle zu entdecken würde dazu beitragen, dass die Welt sich ein „neues und klareres Bild“ des Ausbruchs machen könnte.

Die Lage in der Welt

Nachdem US-Außenminister Mike Pompeo am Wochenende behauptet hatte, ihm lägen geheimdienstliche Beweise dafür vor, dass das Coronavirus aus einem Labor in Wuhan entwischt sei, melden sich jetzt andere westliche Geheimdienste zu Wort – und dementieren die Vorwürfe aus den USA.

Der US-Nachrichtensender CNN zitierte am Dienstag drei Quellen, die die Theorie von einem Laborunfall als „höchst unwahrscheinlich“ bezeichneten. Das sollen Erkenntnisse der „Five Eyes“ genannten Geheimdienstallianz der USA mit Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland nahelegen.

In den USA selbst warnen wichtige Behörden unterdessen vor einer drastischen Verschärfung der Pandemie. Die US-Gesundheitsbehörde CDC geht Medienberichten zufolge in einer internen Projektion davon aus, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen bis Anfang Juni um das etwa Achtfache steigen könnte – auf 200.000. Die Zahl der täglich verzeichneten Todesfälle könnte demnach deutlich auf etwa 3000 anwachsen. Ihre düstere Prognose begründet die Gesundheitsbehörde den Berichten zufolge damit, dass einige Bundesstaaten und Bezirke nicht aggressiv genug gegen die Ausbreitung des Virus vorgegangen seien oder bei der Lockerung von Restriktionen zu rasch voranschreiten würden.

Während sich Geheimdienste über den Ursprung des Virus streiten, ziehen in Afrika durch die Pandemie ganz konkrete Probleme auf. Die Ausbreitung des Virus droht nach UN-Angaben die Hungerkrise in Westafrika erheblich zu verschärfen. Ohne Hilfe von außen könnte sich die Zahl der Hungernden in der Region in den nächsten sechs Monaten auf 43 Millionen Menschen verdoppeln, warnte eine Sprecherin des Welternährungsprogramms WFP am Dienstag in Genf. Dies träfe auch Millionen Kinder unter fünf Jahren.

Die Lage an den Börsen

Der Dax hat sich am Dienstag etwas von seinen jüngsten Verlusten erholt. Der deutsche Leitindex stieg nach einem zweitägigen deutlichen Kursrutsch um 2,51 Prozent auf 10.729,46 Punkte, wobei Marktteilnehmer allerdings angesichts relativ geringer Handelsvolumina vorsichtig blieben. Für den MDax ging es um 3,06 Prozent auf 23.117,73 Punkte nach oben.Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über milliardenschwere Käufe von Wertpapieren durch die Europäische Zentralbank (EZB) hatte nur kurz für Nervosität und zeitweilige Gewinnmitnahmen gesorgt. Auftrieb kam aus den USA, wo die Wall Street nach einem freundlichen Wochenauftakt weiter zulegte.

Das Bundesverfassungsgericht hatte mehreren Klagen gegen die umfangreichen Staatsanleihekäufe der EZB seit 2015 überwiegend stattgegeben. Die Beschlüsse der Notenbank seien kompetenzwidrig ergangen. Bundesregierung und Bundestag hätten durch ihr tatenloses Zusehen Grundrechte verletzt.

Und was Hoffnung macht ...

In Österreich gibt es nach der ersten schrittweisen Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen laut Regierung keinen merklichen Anstieg der Infektionszahlen. „Die erste Phase der Öffnung haben wir gut bewältigt“, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Dienstag.

Nachdem es anfangs tägliche Steigerungsraten der Neuinfektionen von über 40 Prozent gegeben habe, lägen diese nun bei lediglich 0,2 Prozent. Zugleich appellierte der Grünen-Politiker an die Bevölkerung, vorsichtig zu bleiben.
Der Monat Mai werde ein „Entscheidungsmonat“, sagte Anschober. „Wenn die Situation nach den weiteren Öffnungsschritten so stabil bleibt, dann hätten wir gewonnen, dann scheint es so zu sein, als ob wir Phase zwei schaffen. Aber so weit sind wir noch nicht.“ Erste Ergebnisse für die zweite Öffnungsphase werde es in zehn bis zwölf Tagen geben.

Ein paar tausend Kilometer weiter östlich hat Südkorea unterdessen die Zahl der Neuinfektionen auf einen einstelligen Wert gedrückt. Am Dienstag vermeldete das Zentrum für Seuchenkontrolle drei neue Ansteckungen. Anfang März hatte die Zahl der täglichen Neuinfektionen noch bei rund 500 gelegen.

Foto:
©