WELT Corona-Update
Hamburg (Weltexpresso) - Zum ersten Mal seit der Finanzkrise 2009 sinken die Steuereinnahmen in Deutschland – und zwar gewaltig. Bund, Länder und Kommunen müssen mit 98,6 Milliarden Euro weniger auskommen als geplant. Diese düstere Steuerschätzung hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Nachmittag in Berlin vorgelegt. Doch am Coronavirus kleben noch mehr Preisschilder.
Die Kosten der Corona-Hilfspakete summieren sich laut Finanzministerium bereits auf 453,4 Milliarden Euro. „Wir haben die Bazooka rausgeholt, um Wirtschaft und soziales Leben zu stabilisieren“, verkündet Scholz vollmundig. 156 Milliarden Euro neue Schulden stehen dafür bereits im Bundeshaushalt.
Und im Juni will Scholz ein üppiges Konjunkturpaket vorlegen, das der Wirtschaft wieder auf die Füße helfen soll – aber auch mit vielen zusätzlichen Milliarden auf der Rechnung stehen dürfte. Geld soll für Unternehmen, für finanziell gebeutelte Kommunen, aber auch für den Klimaschutz und die Digitalisierung locker gemacht werden. Nur eins soll es nicht geben: Kürzungen.
Was sonst noch in Europa und der Welt passiert ist, haben wir wieder für Sie zusammengefasst.
Die Lage in Deutschland
Weniger Geld kommt rein, aber mehr Geld geht raus. Der Bundestag hat heute die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes beschlossen. Die Große Koalition hatte vereinbart, dass das Kurzarbeitergeld ab dem vierten Monat auf 70 Prozent und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent erhöht wird, für Eltern auf 77 beziehungsweise 87 Prozent. Bislang beträgt das Kurzarbeitergeld 60 beziehungsweise für Eltern 67 Prozent des Nettoeinkommens.
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat einem Eilantrag gegen die Coronavirus-Eindämmungsverordnung der Hansestadt stattgegeben. Ein Hamburger, der aus Schweden zurückgekehrt sei, hatte sich geweigert, 14 Tage in Quarantäne zu gehen – und nun vorläufig Recht bekommen.
In Berlin und Brandenburg öffnen Cafés und Restaurants ab Freitag wieder – und zwar im Innen- und im Außenbereich. Es gilt allerdings ein Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen den Tischen. Voraussetzung ist auch, dass die Gastronomen selbst zubereitete Speisen anbieten. Die Öffnungszeiten sind von 6 Uhr bis 22 Uhr beschränkt. Kneipen bleiben dicht.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steigt in die Diskussion um Verschwörungstheorien ein – mit einem Rat. Er sei selbst medizinischer Laie. „Trotzdem traue ich mich zu behaupten, dass unter den Gesichtspunkten des Virusschutzes der vielleicht manchmal unbequeme und lästige Mundschutz empfehlenswerter ist als der Aluhut.“
Die Lage in Europa
Die Suche nach einem Impfstoff gegen Covid-19 ist für einige ein globales Wettrennen. Paul Hudson, der Brite an der Spitze des französischen Pharmakonzerns Sanofi, kündigte in einem Interview an, die US-Regierung bevorzugt zu beliefern. Die US-Gesundheitsbehörde Barda hatte im Februar Geld in ein Forschungsprogramm des Konzerns gesteckt.
Frankreich ist empört. „Ein Impfstoff gegen Covid-19 ist ein globales öffentliches Gut. Der gleiche Zugang für alle zum Impfstoff ist nicht verhandelbar“, sagte Premier Édouard Philippe. Sanofi, immerhin Europas größtes Pharmaunternehmen, ruderte zurück. „Der Impfstoff gegen Covid-19 wird allen Bürgern zur Verfügung gestellt, egal welcher Nationalität“, kündigte das Unternehmen auf Twitter an.
In Spanien haben sich einer Studie zufolge bisher wahrscheinlich fünf Prozent der Bevölkerung oder 2,3 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Damit wären zehnmal so viele Menschen infiziert wie bekannt. Dies ergab die erste Runde einer Ende April gestarteten Testreihe auf Antikörper in 36.000 Haushalten mit rund 90.000 Bewohnern, wie das Gesundheitsministerium in Madrid mitteilte. Die Tests sollen helfen, das wahre Ausmaß des Corona-Ausbruchs im Land einzuschätzen.
Die Lage in der Welt
In vielen deutschen Firmen gilt Kurzarbeit, in den USA gilt „Hire and Fire“. Das führt zum stärksten je dagewesenen Anstieg der US-Arbeitslosenzahlen. In der vergangenen Woche haben weitere drei Millionen entlassene Arbeitnehmer Arbeitslosenhilfe beantragt, teilte das US-Arbeitsministerium heute mit. Seit Beginn der Massenentlassungen im März haben dort nun etwa 36 Millionen Menschen Unterstützung beantragt.
US-Präsident Donald Trump will „im Augenblick“ nicht mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping sprechen. Das sagte der US-Präsident dem Sender Fox Business. Der Grund: Pekings Umgang mit der Coronavirus-Pandemie. Auf eine Frage nach möglichen Vergeltungsmaßnahmen der USA gegen China nannte Trump keine konkreten Schritte, drohte aber: „Es gibt viele Dinge, die wir tun könnten. Wir könnten alle Beziehungen abbrechen.“
Die Lage an den Börsen
Die Aussagen des US-Präsidenten drücken auch auf die Börsen. Mit 10.160 Punkten näherte sich der deutsche Leitindex DAX am Nachmittag erstmals seit Anfang April wieder den 10.000 Punkten, schüttelte dann aber einen kleineren Teil seiner Verluste wieder ab. Letztlich blieb ein Kursrutsch um 1,95 Prozent auf 10.337,02 Punkte auf der Kurstafel stehen. Der Index der mittleren Werte MDAX fiel um 2,34 Prozent auf 22.994,51 Punkte.
Und was Hoffnung macht ...
Das deutsche Biotechnologieunternehmen CureVac hat erste Daten zu seinem Corona-Impfstoffprojekt veröffentlicht. Der Impfstoff habe bei niedriger Dosierung positive präklinische Ergebnisse erzielt, teilte die Tübinger Firma mit. Die Daten zeigten eine „ausgewogene Immunantwort“, verbunden mit der Bildung „einer hohen Anzahl“ von T-Zellen zur Immunabwehr. Im Juni will CureVac erste klinische Studien mit gesunden Freiwilligen starten.
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