Manfred Schröder
Mainz (Weltexpresso) - In großen Schlachtbetrieben traten in letzter Zeit sehr gehäuft Coronafälle auf. Die Kritik macht sich auch an den dortigen Arbeitsbedingungen fest, und es gibt die Forderung nach schärferen Gesetzen für die Fleischindustrie. Auch mit der Konsequenz, dass Fleisch für die Verbraucher dann teurer wird, unterstützt dies eine überragende Mehrheit von 92 Prozent der Befragten.
Nur 7 Prozent sprechen sich hier gegen eine Gesetzesverschärfung aus (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils "weiß nicht"). Dass die meisten Menschen bei uns bereit wären, dann auch mehr Geld für Fleisch und Wurst auszugeben, glauben 55 Prozent, 42 Prozent bezweifeln das.
In den Kreisen Gütersloh und Warendorf wurde nach den Corona-Infektionen beim Fleischverarbeiter Tönnies das öffentliche Leben jetzt wieder massiv eingeschränkt. 89 Prozent und Mehrheiten in allen Parteianhängergruppen befürworten diesen regionalen "Lockdown" (nicht richtig: 9 Prozent). Für Deutschland generell halten weiterhin die meisten Befragten (56 Prozent) die jetzt geltenden Lockerungen bei den Coronamaßnahmen für gerade richtig, 32 Prozent gehen diese Lockerungen zu weit und nur 10 Prozent nicht weit genug.
Corona-Warn-App: Mehrheit sieht keinen großen Nutzen
Seit letzter Woche gibt es eine App für Smartphones, die Hinweise gibt, ob man sich in der Nähe einer mit Corona infizierten Person aufgehalten hat. 38 Prozent gehen davon aus, dass diese App einen großen Beitrag zur Begrenzung der Pandemie in Deutschland leisten wird. Eine Mehrheit von 56 Prozent aber bezweifelt das, vor allem die Anhänger der Grünen (62 Prozent), der FDP (70 Prozent) und der AfD (90 Prozent) sehen das kritisch.
Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Positive Erwartungen
Am 1. Juli übernimmt Deutschland für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. In diesen Zeitraum fallen wichtige Entscheidungen, unter anderem zum geplanten Finanzpaket: Die EU-Kommission will besonders betroffene Mitgliedsstaaten in der Coronakrise mit 750 Milliarden Euro unterstützen, davon ein Drittel als Kredite und zwei Drittel als Finanzhilfen. Ein solches Paket befürworten 63 Prozent, 31 Prozent lehnen es ab, darunter fast drei Viertel der AfD-Anhänger.
Dem Finanzpaket müssen alle EU-Länder zustimmen, und die meisten Befragten (62 Prozent) glauben, dass es unter dem Vorsitz Deutschlands gelingen wird, einen Kompromiss zu finden, der das sicherstellt. Knapp ein Drittel (32 Prozent) rechnet nicht damit. Auch hier sind die Anhänger der AfD als einzige mehrheitlich skeptisch (54 Prozent).
Projektion Bundestagswahl
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, gäbe es im Vergleich zu Anfang Juni wenig Veränderungen: Die Union könnte sich auf 40 Prozent (plus 1) verbessern, die SPD bliebe bei 15 Prozent, die AfD käme weiterhin auf 9 Prozent, und die FDP könnte zulegen auf 5 Prozent (plus 1). Die Linke erhielte unverändert 7 Prozent, und die Grünen erreichten noch 19 Prozent (minus 1). Die anderen Parteien zusammen lägen bei 5 Prozent (minus 1). Damit hätte eine Koalition aus CDU/CSU und Grünen ebenso eine Mehrheit wie eine Koalition aus CDU/CSU und SPD.
Top Ten: Merkel weiter mit Abstand vorne
Bei der Beurteilung nach Sympathie und Leistung der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker ("Was halten Sie von?"), liegt Angela Merkel weiterhin mit deutlichem Abstand auf Platz eins. Auf der Skala von +5 bis -5 erreicht sie einen Durchschnittswert von 2,6 (Jun. I: 2,5). Es folgen Markus Söder mit 1,9 (Jun. I: 1,9) und Olaf Scholz mit 1,8 (Jun. I: 1,8). Hubertus Heil kommt auf 1,4 (Jun. I:1,3), Jens Spahn auf 1,3 (Jun. I: 1,3) und Peter Altmaier auf 1,2 (Jun. I: 1,1). Robert Habeck bleibt bei 1,0 (Jun. I: 1,0), Horst Seehofer verbessert sich auf 0,8 (Jun. I: 0,6) und tauscht damit den Platz mit Armin Laschet, der jetzt mit 0,5 (Jun. I: 0,6) eingestuft wird. Am Ende der Liste steht erneut Christian Lindner, mit minus 0,4 (Jun. I: minus 0,3) wird er als Einziger negativ bewertet.
Gewalt gegen Polizisten: Mehrheit in großer Sorge
Quer durch alle Parteianhängergruppen äußert eine Mehrheit (83 Prozent) große Sorgen über die in letzter Zeit häufiger aufgetretenen Angriffe gegen Polizisten. 17 Prozent macht diese Entwicklung keine großen Sorgen. Die Polizei in Deutschland hat generell viel Rückhalt in der Bevölkerung: 86 Prozent sagen, sie haben großes Vertrauen in die Polizei, nur bei 13 Prozent ist das nicht der Fall.
Lufthansa: Unterstützung für staatliche Beteiligung
Zur Rettung der Lufthansa, die stark von der Coronakrise betroffen ist, will sich der Staat am Unternehmen beteiligen. 59 Prozent sind für eine solche Beteiligung, 36 Prozent dagegen. 58 Prozent sind der Meinung, wenn der Staat bei der Lufthansa einsteigt, soll er auch Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen, gut ein Drittel (35 Prozent) sieht das nicht so.
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 23. bis zum 25. Juni 2020 bei 1.227 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei werden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 45 Prozent, SPD: 16 Prozent, AfD: 5 Prozent, FDP: 4 Prozent, Linke: 7 Prozent, Grüne: 20 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 10. Juli 2020.
Foto:
Schärfere Gesetze, auch wenn Fleisch teurer wird? / Wären die meisten bereit, für Fleisch mehr auszugeben?
© ZDF/Forschungsgruppe Wahlen
Info:
Quelle: ZDF
Weitere Informationen zur Methodik der Umfrage und zu den genauen Frageformulierungen finden Sie auch auf https://forschungsgruppe.de.
Quelle: ZDF
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