Die Wiederwahl von Präsident Duda ist ein Freibrief für den Rechtskurs der PiS

kpm Polen unter PiS.jpgKlaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Recht und Gerechtigkeit (polnisch: Prawo i Sprawiedliwość) verspricht die Partei gleichen Namens (abgekürzt PiS) der polnischen Bevölkerung.

Doch hinter diesen positiven Schlagworten verbergen sich klerikaler Katholizismus plus Nationalismus mit ihren typischen Forderungen und Verleumdungen. Schließlich hat der alte und neue Präsident Andrzej Duda während des Wahlkampfes betont, dass von diesen Dogmen kein Jota fallen wird. Die Regenbogenbewegung der Homosexuellen diskreditierte er als Neobolschewisten, weil sie angeblich Kinder und Familie bedrohten. Womit die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften auch in Zukunft ausgeschlossen bleibt. Und er ließ keinen Zweifel daran, dass eine Legalisierung der Sterbehilfe und der Abtreibung keine Erfolgsaussichten besitzt. PiS wird an der Umwandlung der Justiz zum Instrument der Exekutive festhalten, ebenso an dem so genannten Monopolgesetz, mit dem ein Einfluss ausländischer Medien durch einen verordneten Eigentümerwechsel ausgeschlossen werden soll. Und Präsident Duda wird gegen solche Gesetze kein Veto einlegen.

Hingegen werden nationalistische Träume in den Himmel wachsen, beispielsweise die Verschärfung der Strafgesetze. Ebenso ist der Wunsch nach einer Einführung der Todesstrafe nicht vom Tisch. Damit würde das zunehmend EU-kritische Land der Europäischen Union endgültig den Fehdehandschuh hinwerfen. Einen Akt, den es sich wirtschaftlich überhaupt nicht erlauben kann. Denn ohne die Zahlungen aus Brüssel werden die sozialen Geschenke der Regierung an die Landbevölkerung nicht mehr zu finanzieren sein.

Ungeachtet Dudas Lippenbekenntnissen vom späten Wahlabend, die einen Hauch von Versöhnungsbereitschaft verströmten, machte Präsidentenberater Andrzej Zybertowicz am nächsten Morgen klar, wohin auch künftig der Weg gehen wird. „Für mich war es ein kleiner Schock, dass die Hälfte meiner Mitbürger für einen Kandidaten gestimmt hat [nämlich für den Warschauer Oberbürgermeister Trzaskowski], bei dessen Wahlkampfkundgebungen keine polnischen Flaggen aufgehängt wurden." Damit bezog er sich auf das Hissen der Europa-Flagge – allerdings neben der polnischen. Das zeige, Trzaskowski wolle nicht Teil Polens sein und für ein besseres Polen kämpfen. "Sondern für eine andere Realität, die das 1000-jährige Erbe unserer Nation vergessen macht. Ich bin beunruhigt, und meine erste Reaktion auf die Wahlergebnisse war, wir müssen beginnen aufzuhören, uns als Verräter zu beschimpfen und Wunden zu heilen."

Und im beschworenen Kampf des 1000-jährigen Polens bestünde die nächste Hürde in der Schleifung der „territorialen Großfürstentümer der Liberalen“, wie ein Vizeminister im Rausch des Wahlsiegs kundtat. Gemeint sind die mehrheitlich liberal regierten größeren Städte, die unter die Kontrolle der Zentralregierung genommen werden sollen.

Demokratische Gewaltenteilung, freie Justiz, Frauenrechte, Gleichstellung der Homosexuellen, freie Medien, faire Partnerschaft mit der EU, keine Unterwerfung unter die geopolitischen Ziele Donald Trumps, der US-Truppen von Deutschland nach Polen verlegen will – das waren zentrale Forderungen Trzaskowskis. Sie werden einstweilen nicht umgesetzt werden können. Denn die PiS wird alles daran setzen, ihre klerikal-faschistische Politik durchzusetzen.

Dabei zeigt sich im Umgang mit der Corona-Pandemie, wie chaotisch die PiS-Regierung verfährt. Die Kohlezechen in Schlesien zählen zu den Corona-Hotspots in Europa. Die Bergleute arbeiten (ähnlich den Lohnsklaven der Fa. Tönnies) unter Tage dicht beieinander. Die Belüftung lässt einen Luftaustausch nicht zu. Die mit Viren angereicherte Luft wird lediglich umgewälzt. Abhilfen sind nicht geplant. Stattdessen herrscht überall im Land ein Kontrollzwang, während die Bevölkerung nur unzureichend informiert wird und eine echte Prävention gegen das Virus nach wie vor fehlt.

Der im Land bekannte Kultsänger Kazik kritisiert in einem Protestlied offen Jaroslaw Kaczynski, den Vorsitzenden der PiS, der das gesamte politische Leben in Polen dirigiert. Kaczynski und seine Entourage hatten am 10. April den wegen COVID-19 geschlossenen Friedhof Powazki in Warschau betreten, um das Grab seines Bruders zu besuchen, der vor zehn Jahren bei der Flugzeugkatastrophe bei Smolensk ums Leben gekommen war. Alle anderen Angehörigen mussten draußen bleiben. Das löste einen Aufruhr in den oppositionellen Medien aus. Der Vorgang wurde als Paradebeispiel für Willkür und Vetternwirtschaft der Klicke um Kaczynski empfunden. Während Kazik bislang keine Nachteile durch seinen Song hatte, musste sich der Journalist verantworten, der es gewagt hatte, das Lied im öffentlich-rechtlichen Radio gespielt zu haben.

„Noch ist Polen nicht verloren“ heißt es in der ersten Strophe der polnischen Nationalhymne. Doch es steht zu befürchten, dass dieses Land nicht von äußeren Feinden bedroht und bezwungen wird, sondern von seinen inneren, die sich längst wie Krebsgeschwüre in seinen Institutionen festgesetzt haben.

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Polen unter PiS. Eine Montage von Nationalflagge und PiS-Logo

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