Redaktion tachles
Tel Aviv (Weltexpresso) - Das Innenministerium hat dem höchsten israelischen Gericht nach jahrelangem Hin und Her Ende Juli sein Positionspapier zu bestimmten Konversionen geliefert, das die Anhänger des jüdischen Pluralismus weltweit erzürnen wird.
Wenn das Ministerium unter Arye Dery seinen Willen bekommen wird, werden künftig Gruppenkonversionen in sogenannten jüdischen «Schwellengemeinden» von Israel nicht mehr anerkannt. Dies bedeutet im Endeffekt, dass Menschen, die auf eigenen Wunsch jüdisch werden wollen und in diesen entlegenen Gemeinden konvertieren, nicht mehr nach Israel einwandern dürfen.
Entstanden ist dieses Positionspapier als Antwort auf eine Klage zweier Konvertiten vor bereits fünf Jahren. Sie entstammten einer entlegenen peruanischen Gemeinde und wurden aufgefordert, das Land zu verlassen, nachdem ihnen der Einwandererstatus nicht gewährt worden war. Das Gericht muss sein Urteil in diesem Fall nun noch fällen, aber die vom Ministerium eingereichte Position ist bereits jetzt dazu angetan, den Graben zwischen Israel und der Diaspora bezüglich Anerkennung von Konversionen durch Rabbiner ausserhalb der Reichweite des israelischen, staatlich abgesegneten Oberrabbinats noch weiter zu vertiefen.
Mit dem Vorsitzenden der Shas-Partei Arye Dery als Innenminister erstaunt dies allerdings nicht wirklich. Yizhar Hess, Geschäftsführer der konservativen Masorti-Bewegung, meinte dazu, Dery habe einmal mehr bewiesen, dass er keine Ahnung habe, wie die jüdische Nation ausserhalb seiner eigenen Ultraorthodoxie funktioniere, und unter ihm tue das Innenministerium alles ihm nur Mögliche, um Juden, deren Konversion oder Lebensstil sich nicht mit seinen orthodox-charedischen Glaubensgrundsätzen decke, zu beschämen.
Ähnlich scharfe Kritik kam von Rabbi Gilad Kariv, dem Vorsitzenden der Reformbewegung in Israel. Die «neuen» jüdischen Gemeinden umfassen ein breites Spektrum, einschliesslich der Nachkommen der sogenannten «verlorenen Stämme» und der «Bnei Anusim», deren Vorfahren während der spanischen und portugiesischen Inquisition zwangskonvertiert worden waren. Dazu kommen zahlreiche Gemeinden in Südamerika und anderen Winkeln der Welt, die den Judaismus für sich entdeckt haben und leben und von denen einige jüdische Wurzeln dokumentieren konnten. Gemäss Wissenschaftlern, die sich damit beschäftigen, geht die Zahl der Mitglieder in die Millionen. Einige der Gemeinden haben bereits die Anerkennung der konservativen und Reformbewegung und leben unter deren Fittichen. Die grösste davon ist die 2000 Köpfe starke Abayudaya-Gemeinde in Uganda, deren Mitglieder bereits seit 100 Jahren den Judaismus praktizieren und von der Jewish Agency unter dem Recht auf Rückkehr als nach Israel einwanderungsfähig eingestuft werden. Nichtsdestoweniger lehnte das Innenministerium letztes Jahr das erste je von einem Abayudaya-Mitglied gestellte Gesuch auf Alija ab. Bis jetzt wurde indessen durch das Ministerium noch nie eine offizielle Position abgegeben.
Foto:
© domradio.de
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 24. August 2020
Ähnlich scharfe Kritik kam von Rabbi Gilad Kariv, dem Vorsitzenden der Reformbewegung in Israel. Die «neuen» jüdischen Gemeinden umfassen ein breites Spektrum, einschliesslich der Nachkommen der sogenannten «verlorenen Stämme» und der «Bnei Anusim», deren Vorfahren während der spanischen und portugiesischen Inquisition zwangskonvertiert worden waren. Dazu kommen zahlreiche Gemeinden in Südamerika und anderen Winkeln der Welt, die den Judaismus für sich entdeckt haben und leben und von denen einige jüdische Wurzeln dokumentieren konnten. Gemäss Wissenschaftlern, die sich damit beschäftigen, geht die Zahl der Mitglieder in die Millionen. Einige der Gemeinden haben bereits die Anerkennung der konservativen und Reformbewegung und leben unter deren Fittichen. Die grösste davon ist die 2000 Köpfe starke Abayudaya-Gemeinde in Uganda, deren Mitglieder bereits seit 100 Jahren den Judaismus praktizieren und von der Jewish Agency unter dem Recht auf Rückkehr als nach Israel einwanderungsfähig eingestuft werden. Nichtsdestoweniger lehnte das Innenministerium letztes Jahr das erste je von einem Abayudaya-Mitglied gestellte Gesuch auf Alija ab. Bis jetzt wurde indessen durch das Ministerium noch nie eine offizielle Position abgegeben.
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 24. August 2020