Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Vonovia ist ein deutscher Immobilienkonzern mit Sitz in Bochum. Dem Unternehmen gehören über 400.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich. Seine Geschichte geht zurück auf die Deutsche Annington, die sich 2001 erfolgreich um den Erwerb der Eisenbahnerwohnungen bewarb. (Wikipedia.de)
Was sich in Hanau begab und begibt, ist nurmehr durchweg typisch für das Versagen und die Flucht vor der Verantwortung durch kommunale Politik, so auch im nahegelegenen Frankfurter am Main, weil auch hier die Politik die überkommenen post-materialistischen bürgerlichen Milieus (aus CDU und Grünen) bedient und sich damit den globalen Playern andient. In Frankfurt begab es sich ähnlich degressiv mit dem alten, vordem sozialen Wohnungsbestand, mit der Folge, dass die hochgeschraubten Mieten, die Vonovia einfordert, schon oft mindestens die halbe schmale Rente auffressen. Manchmal muss einer sich fragen: wo bleiben eigentlich die Erhebungen gegen so etwas.
Es handelt sich um stark vereinzelte Interessenlagen im Groß-Frankfurt, wo die Leidensgenossinnen und -genossen sich untereinander nicht leicht finden, um gemeinsam zu kämpfen. Im ehemaligen Häuserkampf war es ‚nur‘ das Westend, aber doch ein Stadtteil. Jedes Einzelne ist nur eines von vielen Segmentlagen auf dem molochartigen Frankfurter Wohnungsmarkt, der die menschliche Basis „um ihr Leben betrügt“ (wie anderswo auch). Die Erkenntnis „die Menschen haben ihr Leben verloren“ geht auf ein Zitat der sehr weitsichtigen Kritischen Theorie der Frankfurter Schule in Gestalt Max Horkheimers aus dem Jahr 1970 zurück. Heute verlieren die Menschen ihr authentisches Leben im digitalen Kapitalismus.
Der interviewte Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef gesteht, dass politisch 20 Jahre versäumt wurden. Jetzt bestimmen Private, wo´s langgeht. Das teure neue Europaviertel drängt ins Wohngebiet Gallus. Es geht immer mehr nur noch um Profit, so wird verlautet.
Belegmanipulationen flächendeckend
Über die wohnungspolitische Wucherung Vonovia, der die politische Klasse einen Bärendienst erwiesen hat, indem sie traditionsbehaftete Eisenbahnerwohnungen einem aktiengetriebenen Unternehmen ausgeliefert hat, wird in der HR-Studie geäußert: „Vonovia ist gigantisch“. Bei Black Rock sind auch Anteile von Vonovia aufgelegt. Ebenso von Deutsche Wohnen. Der Problembezirk, den HR-defacto in der Siedlung Gallus, bestehend aus ehemaligen Eisenbahnerwohnungen, ausmacht, liegt aktuell an der Humser Straße. Hier organisiert Daniel Schultz eine Mietergewerkschaft.
Der Konflikt dreht sich zunächst um die berüchtigten Betriebskostenabrechnungen, die von Vonovia fehlerhaft und fälschend erstellt werden. Um den Gewinn exzessiv zu steigern wird künstlich eine versteckte Miete generiert. Mit Excel-Tabellen, die keine Beleggrundlagen haben, sondern luftbuchungstechnisch errichtet wurden, wie seitens Knut Unger von der Plattform ‚Kritische Aktionäre‘ belegt werden konnte. Die Mieterinnen und Mieter können ihre Abrechnungen nicht nachvollziehen. So stieg die Wartung der Gasgeräte übers Jahr von 45 auf 90 Euro.
"Verrechnungen innerhalb des Vermietungskonzerns"
Ungereimtheiten wie diese scheinen System zu haben. Knut Unger stellt fest, dass ein simultaner Räumtrupp in vier verschiedenen Siedlungen Schnee geräumt hat „und dies zur selben Uhrzeit“. Haben diese Trupps sich genau auf die Minute mit Handy abgestimmt? Er sagt: Das kommt aus dem IT-System, es hat mit tatsächlichen Arbeiten so gut wie überhaupt nichts zu tun. Aus 5 Einsätzen werden so 30. Auch hat Knut Unger festgestellt, dass Vonovia einen geschätzten Preis festsetzt, „so nach Marktbedingungen – und macht aus einem Einsatz vielleicht 30 Einsätze“. Es erfände „ständig neue Strukturen“- und „die Politik und die Rechtsprechung laufen hinterher“. Auch so hat Vonovia 2019 1,2 Mrd. Euro Gewinn gemacht, 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender, gibt seine tatsächliche Vergütung preis: „‘em 4,7 Millionen“. Was die fälschlichen Belege angeht, so hat das Unternehmen lediglich Versehen zugegeben.
Gewaltige Objektgesellschaften samt Dienstleistungstöchtern
Vonovia ist ein Dax-Konzern, der sich aus hunderten Firmen in Schachtelbauweise, zusammensetzt, die selbst Rechnungen erstellen. Auch die Modernisierungen laufen über eine eigene Gesellschaft. Diese Praxis hat einen eigenen Namen: die Value-Add-Strategie. Die jeweiligen Objektgesellschaften werden beauftragt und bezahlen auch selbst. Die so eingeschalteten Firmen erhöhen stückchenweise die Marge. Alleine mit dieser Strategie konnte der Konzern den Gewinn zwischen 2018 und 2019 um 26 Mill. Euro steigern. Zwischen 2015 und 2019 stieg der Gewinn von 37,6 auf 143,3 Millionen.
Doch tatsächlich kann Daniel Schultz von der Mietergewerkschaft unvermittelt verkünden, dass eine Mieterin vorerst vor Gericht gewonnen hat, „wegen überhöhter Miete“.
Wie überreichlich gescheffeltes Geld den Mietwohnungsmarkt übernimmt
Die Kommune hatte die alten Bauten verkommen lassen. Vonovia hat vor drei Jahren die gesamte Siedlung modernisiert. Seitdem sind die Mieten bei vielen Mietern stark gestiegen. Es darf vermutet werden: in die überhöhte Miete ist erstens der Anteil der Erhaltungsinvestitionen eingegangen, die schon in früheren Jahren durch die Vorgängergesellschaft hätten vorgehalten und eingesetzt werden müssen und zweitens ist im Fall der Erweiterungsinvestitionen, wie z.B. der Wärmedämmung, die Skala dann nach oben völlig offen. Hier greift keine Bremse mehr, außer vielleicht der Mietspiegel, der aber sein Papier nicht wert ist. Dies wie das hat die Gesetzgebung zu verantworten. Für die Älteren gehen da leicht mal 40 Prozent für die Miete drauf, wenn nicht mehr. Der Modernisierungsanteil wird auch nicht zurückgenommen, wenn die eingesetzten Mittel samt Zinsen abgetragen sind.
Insbesondere alleinstehende Witwen wissen nicht wie sie noch klarkommen sollen. Zweidrittel Miete sind für sie einfach zu viel. Hinzu kommen Strom, Gas, Wasser und Versicherungen. Notgroschen für die Beerdigung werden bereits einkalkuliert, sofern alle Stricke reißen sollten. „Für Vonovia aber läuft das Geschäft gut“. Einem Unternehmen wie Vonovia geht es nicht um ehrbares kaufmännisches Rechnen, sondern um Profit.
Das Hessische Innen- oder Justizministerium kümmern die Sorgen und die Vonovia-Fehler nicht, wie der HR-Beitrag zeigen konnte. Für steigende Gewinne zahlen die Mieterinnen und Mieter die Zeche. Am Schluss lautet die deprimierende Klage der Mitglieder der Mietergewerkschaft: „Dass Hilfe aus der Politik kommt daran glaubt hier niemand mehr“. – Aber sie wollen sich wehren und planen Aktionen. Die Politik hat die Siedlungen nimmersatten Unternehmen in den Rachen geworfen. Eine solche Politik hat bei Betroffen wie bei allseits ums Landeswohl Besorgten keinen Kredit mehr, auf keinem Sektor der Politik.
Foto © HR
Die Teile der Serie in WELTEXPRESSO
1. Kapitalismus außer Kontrolle mit Geldwäsche
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20052-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-geldwaesche
2. Kapitalismus außer Kontrolle mit falscher Versprechung
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20053-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-falscher-versprechung
3. Kapitalismus außer Kontrolle per Konzession der Politik
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20068-kapitalismus-ausser-kontrolle-per-konzession-der-politik
4. Wie Wien gegen den unkontrollierten Kapitalismus hält
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20069-wie-wien-gegen-den-unkontrollierten-kapitalismus-haelt
Wie überreichlich gescheffeltes Geld den Mietwohnungsmarkt übernimmt
Die Kommune hatte die alten Bauten verkommen lassen. Vonovia hat vor drei Jahren die gesamte Siedlung modernisiert. Seitdem sind die Mieten bei vielen Mietern stark gestiegen. Es darf vermutet werden: in die überhöhte Miete ist erstens der Anteil der Erhaltungsinvestitionen eingegangen, die schon in früheren Jahren durch die Vorgängergesellschaft hätten vorgehalten und eingesetzt werden müssen und zweitens ist im Fall der Erweiterungsinvestitionen, wie z.B. der Wärmedämmung, die Skala dann nach oben völlig offen. Hier greift keine Bremse mehr, außer vielleicht der Mietspiegel, der aber sein Papier nicht wert ist. Dies wie das hat die Gesetzgebung zu verantworten. Für die Älteren gehen da leicht mal 40 Prozent für die Miete drauf, wenn nicht mehr. Der Modernisierungsanteil wird auch nicht zurückgenommen, wenn die eingesetzten Mittel samt Zinsen abgetragen sind.
Insbesondere alleinstehende Witwen wissen nicht wie sie noch klarkommen sollen. Zweidrittel Miete sind für sie einfach zu viel. Hinzu kommen Strom, Gas, Wasser und Versicherungen. Notgroschen für die Beerdigung werden bereits einkalkuliert, sofern alle Stricke reißen sollten. „Für Vonovia aber läuft das Geschäft gut“. Einem Unternehmen wie Vonovia geht es nicht um ehrbares kaufmännisches Rechnen, sondern um Profit.
Das Hessische Innen- oder Justizministerium kümmern die Sorgen und die Vonovia-Fehler nicht, wie der HR-Beitrag zeigen konnte. Für steigende Gewinne zahlen die Mieterinnen und Mieter die Zeche. Am Schluss lautet die deprimierende Klage der Mitglieder der Mietergewerkschaft: „Dass Hilfe aus der Politik kommt daran glaubt hier niemand mehr“. – Aber sie wollen sich wehren und planen Aktionen. Die Politik hat die Siedlungen nimmersatten Unternehmen in den Rachen geworfen. Eine solche Politik hat bei Betroffen wie bei allseits ums Landeswohl Besorgten keinen Kredit mehr, auf keinem Sektor der Politik.
Foto © HR
Die Teile der Serie in WELTEXPRESSO
1. Kapitalismus außer Kontrolle mit Geldwäsche
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20052-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-geldwaesche
2. Kapitalismus außer Kontrolle mit falscher Versprechung
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20053-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-falscher-versprechung
3. Kapitalismus außer Kontrolle per Konzession der Politik
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20068-kapitalismus-ausser-kontrolle-per-konzession-der-politik
4. Wie Wien gegen den unkontrollierten Kapitalismus hält
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20069-wie-wien-gegen-den-unkontrollierten-kapitalismus-haelt