Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der letzte Teil betrifft das Verhältnis Frankfurt-Wien in Hinsicht des geförderten und sozialen Wohnungsbaus. Kann jemand erklären, warum Frankfurt nicht Wien einfach aufgreift und kopiert?
Bei konsequenter Anwendung der Kriterien der sozialen Gerechtigkeit und der gesellschaftlichen Fairness wäre das kein Problem. Aber dem stehen Schwarz und Grün entgegen. Und warum versetzt die vorbildliche Ära Ernst Mays (Frankfurt am Main) nicht heutige Kommunalpolitikerinnen und -politiker in Bewegung, da die Politik sich um die schweigende abgekoppelte Mehrheit Gedanken machen müsste, sofern sie ihre Legitimität nicht ganz verlieren will.
Die Politik hat ihre Legitimität längst eingebüßt. Die gesellschaftspolitische Kompetenz und sozialpolitische Potenz war ein zeitlich begrenztes Ding der Zeit der Rekonstruktion nach dem Grauen des Nationalsozialismus. Die Schwarzpartei ist von Lobbyisten und Spätadoleszenten durchsetzt, die SPD hat sich von den Unkenrufen der neoliberalen Illusion auf den Leim führen lassen, die Grünen sind eine neo-materialistisch gewendete Mittelstandspartei mit grünem Anstrich. So schleppt sich eine bunt gemischte Körperschaft des Ego-Parlamentarismus über die Zeiten.
Wie die Immobilienspekulation die Stadt Frankfurt vor sich hertreibt
Die Stadt Frankfurt am Main wurde wohnungspolitisch zur Manövriermasse der Spekulation. Daher landen im Briefkasten Angebote, um zum Immobilienberater für die besten Lagen der Stadt werden zu können, bei Verlockung von bis zu 45 Prozent Provision. In einem Gebiet ehemals günstiger Wohnungen, die immer mehr zum Objekt des Markts der hereindrängenden global Berufstätigen geworden sind, wobei die Möblierung die Miete ins Grenzenlose zu steigern imstande ist, wie in der Wohnung nebenan der Fall. Was war schiefgegangen?
In der Frankfurter Knorrstraße gab es mal hundert Wohneinheiten die zum sozialen und geförderten Bestand gehörten. Nachdem die Mietbindung nach 20 Jahren ausgelaufen war, wurden diese Wohnungen zum Kalkulationsobjekt des sog. freien Marktes. Bis 1989 gab es das Wohngemeinnützigkeitsgesetz, das auf dem Grundsatz beruhte, dass nur die anfallenden Kosten in die Berechnung der zu entrichtenden Miete eingehen durften. Theo Waigel hat es abgeschafft. Über die Folgen hat er sich keine Sorgen gemacht. Eine Anschlussregelung blieb aus. Damit hat er auf mittlere Sicht die Besitzanspruch erhebende Klientel bedient und den börsengetriebenen Unternehmen den Weg gebahnt.
Die Politik hat ihre Legitimität längst eingebüßt. Die gesellschaftspolitische Kompetenz und sozialpolitische Potenz war ein zeitlich begrenztes Ding der Zeit der Rekonstruktion nach dem Grauen des Nationalsozialismus. Die Schwarzpartei ist von Lobbyisten und Spätadoleszenten durchsetzt, die SPD hat sich von den Unkenrufen der neoliberalen Illusion auf den Leim führen lassen, die Grünen sind eine neo-materialistisch gewendete Mittelstandspartei mit grünem Anstrich. So schleppt sich eine bunt gemischte Körperschaft des Ego-Parlamentarismus über die Zeiten.
Wie die Immobilienspekulation die Stadt Frankfurt vor sich hertreibt
Die Stadt Frankfurt am Main wurde wohnungspolitisch zur Manövriermasse der Spekulation. Daher landen im Briefkasten Angebote, um zum Immobilienberater für die besten Lagen der Stadt werden zu können, bei Verlockung von bis zu 45 Prozent Provision. In einem Gebiet ehemals günstiger Wohnungen, die immer mehr zum Objekt des Markts der hereindrängenden global Berufstätigen geworden sind, wobei die Möblierung die Miete ins Grenzenlose zu steigern imstande ist, wie in der Wohnung nebenan der Fall. Was war schiefgegangen?
In der Frankfurter Knorrstraße gab es mal hundert Wohneinheiten die zum sozialen und geförderten Bestand gehörten. Nachdem die Mietbindung nach 20 Jahren ausgelaufen war, wurden diese Wohnungen zum Kalkulationsobjekt des sog. freien Marktes. Bis 1989 gab es das Wohngemeinnützigkeitsgesetz, das auf dem Grundsatz beruhte, dass nur die anfallenden Kosten in die Berechnung der zu entrichtenden Miete eingehen durften. Theo Waigel hat es abgeschafft. Über die Folgen hat er sich keine Sorgen gemacht. Eine Anschlussregelung blieb aus. Damit hat er auf mittlere Sicht die Besitzanspruch erhebende Klientel bedient und den börsengetriebenen Unternehmen den Weg gebahnt.
Inzwischen hat eine Hydra der Immobilienkonzerne die Macht übernommen und nimmt Mieter*innen aus. Auch Schäuble und Söder haben vor wenigen Jahren öffentlich geförderte Wohnungen an TAG und Patrizia vertickt, Söder, um die unnötigen Verluste der Bayern LB auszugleichen und Schäuble aus Unterwürfigkeit vor dem ihm in Kumpanei verbundenen Männerpatriarchat der Wirtschaft. Diese beiden Verkäufe waren eine Schande. Das Wohngemeinützigkeitsgesetz hätte neu aufgelegt werden müssen, um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum gerade in heutigen Zeiten zu begegnen.
Die besagte Kapitalismusstudie des HR bezieht sich ab Minute 17:14 auf die Wiener Verhältnisse, die auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Eine eingeblendete Tafel vermittelt die Kenntnis, dass die Wohnanlage in den Jahren 1852-1854 errichtet wurde. Die Lage in Wien ist eine ganz andere als hierzulande. Der Wiener Soziale Wohnungsbau ist gepflegt und bezahlbar. „Knapp Zweidrittel der Wienerinnen und Wiener leben in städtisch gefördertem Wohnraum“. Er reicht eine hundertjährige Tradition lang zurück. „Wien hat seine Wohnungen und Grundstücke nicht verkauft, so wie Frankfurt und viele andere Städte in Deutschland“. Und Stadträtin Kathrin Gahl erläutert was besonders heraussticht: „In Wien gilt Wohnen als Grundrecht. Nicht als Ware“. Sie rät deutschen Städten sich ans Wiener Modell anzulehnen, das keine Verluste macht, obwohl die Wohnungen günstig sind. 50 qm sind für 337 Euro zu haben.
Berühmt ist der Wiener Karl-Marx-Hof
Zugang zum Wiener ‚Gemeinbau‘ haben alle EU-Bürger, die schon zwei Jahre in Wien leben, sofern sie unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegen. Die Durchmischung ist vorzüglich, an der Adresse erkennt niemand, welcher sozialen Struktur und welcher Verdienstgruppe eine*r angehört. Zwar ist die Nachfrage hoch, doch wird der Markt nicht privaten Investoren überlassen, die Stadt baut „lieber selbst“. Der neue Stadtteil Seestadt-Aspern ist für 20 000 Menschen geplant. Investoren sind zwar durchaus willkommen, „aber die nimmt die Wiener Bauordnung direkt an die Leine“.
Es wurde festgelegt, dass Zweidrittel öffentlich geförderte Wohnungen von Privatinvestoren zu bauen sind, damit auch weiterhin finanziell leistbare Wohnungen für das Gros der lohnabhängigen Gesellschaft zur Verfügung stehen. Doch auch im gehobenen Anteil mit Schwimmbecken auf der Dachterrasse kostet der Quadratmeter „gerade mal“ 11 Euro, wie die Stadträtin leutselig einflicht. Das Modell Wien ist darauf angelegt, Spekulation zu unterbinden und günstigen Wohnraum zu schaffen.Ganz anders schaut es in Deutschland aus. Hier ermöglichen die geltenden Gesetze, dass im Immobilien-Geschäft riesige Gewinne durch Investoren generiert werden können. Wie mit den beschriebenen, sozial finanzierten und geförderten Altbauten, die in Konzernhände übergegangen ist.
Nicht besser läuft es in anderer Hinsicht mit heiklen Anlagegeschäften, die mit privaten kleinen Anlegern abgeschlossen werden, die kompetente Anwalt-und-Berater-Begleitung erfordern oder wenn unternehmerische Bauherren unkundige Familien mit Bausünden und falschen Versprechungen über den Tisch zu ziehen sich nicht scheuen.
Wie der Weg zur Wohnung zum Alptraum wird
In der neuesten Ausgabe von 37º des ZDF wurde soeben gemeldet: "Seit 2014 ist die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland um 90 Prozent gestiegen. Bundesweit sind es 680 000, allein in Berlin fast ein Viertel Familien mit Kindern'". Die Wohnungslosigkeit hat den Mittelstand erreicht. Die explodierenden Mieten in Städten machten es schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden, es fehle an zwei Millionen Sozialwohnungen. Gerade für Familien mit Kindern sei kein Platz, mit dem Argument, weil sie toben und lärmen. Gute ererbte Möbel mussten aufgegeben werden, weil ihre Zwischenlagerung nicht mehr bezahlbar war. Der Sender begleitete die Familien über eine längere Zeit. Vergl. 'Zuhause gesucht', ZDF 37º, 06.10.2020
Foto 1 © de.wikipedia.org
Fotos 2-3 © HR
Die Teile der Serie in WELTEXPRESSO
1. Kapitalismus außer Kontrolle mit Geldwäsche
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20052-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-geldwaesche
2. Kapitalismus außer Kontrolle mit falscher Versprechung
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20053-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-falscher-versprechung
3. Kapitalismus außer Kontrolle per Konzession der Politik
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20068-kapitalismus-ausser-kontrolle-per-konzession-der-politik
4. Wie Wien gegen den unkontrollierten Kapitalismus hält
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20069-wie-wien-gegen-den-unkontrollierten-kapitalismus-haelt
Die besagte Kapitalismusstudie des HR bezieht sich ab Minute 17:14 auf die Wiener Verhältnisse, die auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Eine eingeblendete Tafel vermittelt die Kenntnis, dass die Wohnanlage in den Jahren 1852-1854 errichtet wurde. Die Lage in Wien ist eine ganz andere als hierzulande. Der Wiener Soziale Wohnungsbau ist gepflegt und bezahlbar. „Knapp Zweidrittel der Wienerinnen und Wiener leben in städtisch gefördertem Wohnraum“. Er reicht eine hundertjährige Tradition lang zurück. „Wien hat seine Wohnungen und Grundstücke nicht verkauft, so wie Frankfurt und viele andere Städte in Deutschland“. Und Stadträtin Kathrin Gahl erläutert was besonders heraussticht: „In Wien gilt Wohnen als Grundrecht. Nicht als Ware“. Sie rät deutschen Städten sich ans Wiener Modell anzulehnen, das keine Verluste macht, obwohl die Wohnungen günstig sind. 50 qm sind für 337 Euro zu haben.
Berühmt ist der Wiener Karl-Marx-Hof
Zugang zum Wiener ‚Gemeinbau‘ haben alle EU-Bürger, die schon zwei Jahre in Wien leben, sofern sie unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegen. Die Durchmischung ist vorzüglich, an der Adresse erkennt niemand, welcher sozialen Struktur und welcher Verdienstgruppe eine*r angehört. Zwar ist die Nachfrage hoch, doch wird der Markt nicht privaten Investoren überlassen, die Stadt baut „lieber selbst“. Der neue Stadtteil Seestadt-Aspern ist für 20 000 Menschen geplant. Investoren sind zwar durchaus willkommen, „aber die nimmt die Wiener Bauordnung direkt an die Leine“.
Es wurde festgelegt, dass Zweidrittel öffentlich geförderte Wohnungen von Privatinvestoren zu bauen sind, damit auch weiterhin finanziell leistbare Wohnungen für das Gros der lohnabhängigen Gesellschaft zur Verfügung stehen. Doch auch im gehobenen Anteil mit Schwimmbecken auf der Dachterrasse kostet der Quadratmeter „gerade mal“ 11 Euro, wie die Stadträtin leutselig einflicht. Das Modell Wien ist darauf angelegt, Spekulation zu unterbinden und günstigen Wohnraum zu schaffen.Ganz anders schaut es in Deutschland aus. Hier ermöglichen die geltenden Gesetze, dass im Immobilien-Geschäft riesige Gewinne durch Investoren generiert werden können. Wie mit den beschriebenen, sozial finanzierten und geförderten Altbauten, die in Konzernhände übergegangen ist.
Nicht besser läuft es in anderer Hinsicht mit heiklen Anlagegeschäften, die mit privaten kleinen Anlegern abgeschlossen werden, die kompetente Anwalt-und-Berater-Begleitung erfordern oder wenn unternehmerische Bauherren unkundige Familien mit Bausünden und falschen Versprechungen über den Tisch zu ziehen sich nicht scheuen.
Wie der Weg zur Wohnung zum Alptraum wird
In der neuesten Ausgabe von 37º des ZDF wurde soeben gemeldet: "Seit 2014 ist die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland um 90 Prozent gestiegen. Bundesweit sind es 680 000, allein in Berlin fast ein Viertel Familien mit Kindern'". Die Wohnungslosigkeit hat den Mittelstand erreicht. Die explodierenden Mieten in Städten machten es schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden, es fehle an zwei Millionen Sozialwohnungen. Gerade für Familien mit Kindern sei kein Platz, mit dem Argument, weil sie toben und lärmen. Gute ererbte Möbel mussten aufgegeben werden, weil ihre Zwischenlagerung nicht mehr bezahlbar war. Der Sender begleitete die Familien über eine längere Zeit. Vergl. 'Zuhause gesucht', ZDF 37º, 06.10.2020
Foto 1 © de.wikipedia.org
Fotos 2-3 © HR
Die Teile der Serie in WELTEXPRESSO
1. Kapitalismus außer Kontrolle mit Geldwäsche
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20052-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-geldwaesche
2. Kapitalismus außer Kontrolle mit falscher Versprechung
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20053-kapitalismus-ausser-kontrolle-mit-falscher-versprechung
3. Kapitalismus außer Kontrolle per Konzession der Politik
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20068-kapitalismus-ausser-kontrolle-per-konzession-der-politik
4. Wie Wien gegen den unkontrollierten Kapitalismus hält
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/20069-wie-wien-gegen-den-unkontrollierten-kapitalismus-haelt